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Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition)

Titel: Der potemkinsche Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Simon
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ein Veilchen geschlagen. Er setzte sich vorsichtig, der Schmerz, den er erwartete, folgte sogleich, neben die beiden. »Hast ja Glück, dass du keine Feuerbestattung hattest«, sagte Marina, »sonst sähest du jetzt anders aus.« Sie lächelte. Dann schnitt sie ein Rädchen Wurst ab, hielt es ihm hin, und bis die Ältere aus dem Bad kam, fütterte sie sie abwechselnd, Čelobaka und Anatol. »Er trocknet jetzt«, sagte die Alte, zeigte hinter sich, meinte den Anzug, holte ein paar kleine Gläser und eine Flasche: »Jetzt trinken wir, auf Geburtstag.« »Nein, Mamočka«, widersprach Marina, »auf Todestag müssen wir trinken.« »Unsinn, er lebt ja. Da darf man nicht auf Tod trinken, sonst kommt er noch einmal. Nur auf Auferstehung«, stellte die Mutter klar. »Gut, dann auf die Auferstehung. Wie heißt du?« Marina deutete mit ihrem vollen Glas auf Anatol, während die Mutter ihm einschenkte. »Anatol«, antwortete er und sie hob das Glas: »Anatol voskres.« Und die Mamočka antwortete: »Voistinu voskres.« Anatol war tatsächlich auferstanden. Der Hund kläffte.
    Wie wenige Minuten erschien Anatol die übrige Nacht, die er neben Marina und dem Hund auf dem Diwan verbrachte, bis ihm, als es zu dämmern begann, die Mutter seinen halb trockenen Anzug über den Arm legte, sie standen schon an der Schwelle. »Was du anhast, behalt«, sagte sie, er bedankte sich und blickte sich noch nach dem Hund um. Sie lachte wieder, zeigte mit dem Finger nach oben und zuckte mit den Schultern. Doch Anatol Grigorjevič konnte nur das blasse Leuchten einiger Satelliten erkennen.

II
    Бери свою метлу, полетели на шабаш,
Возьми с собой апокалипсис - символ наш:
Сегодня настает Вальпургиева ночь.
    Сектор Газа
    Wie enttäuscht war Irina Sergejevna Muravenko gewesen, als ihr Experiment, das weniger ein Versuch für sie war denn eine todernste Notwendigkeit, missglückte. Sie wusste, dass bislang alles noch zu theoretisch geblieben war. Irina würde ernst genommen werden, das war, was sie von ihrer Forschung erhofft hatte, sie würde ernst genommen werden, nochmals würden sich ihre Lehrer nicht mit ihrer Arbeit schmücken, so wie zuletzt, da sie sich mit ihrer Maschine für die Zeitung hatten fotografieren lassen, an jenem Tag, als Irina frei hatte. Denn diese magischen Formeln, die sie dafür benötigte, hatte sie im Geheimen erdacht. Sie hatte alles bis zum notwendigen Ende berechnet, um es bis zum notwendigen Ende durchexerzieren zu können, doch nur das Notwendigste. Auch Sputnik sei noch nicht so weit gewesen damals. Sie könne ihren Tolik nicht sterben lassen, dachte sie, denn so wenig die beiden einander kannten, so wünschte sie sich doch häufig, dass es noch zu einer besonderen Nähe zwischen ihnen kommen würde. Wenn sie ihr großes Projekt abgeschlossen hätte, dann, dachte sie, müsste er wohl aufmerksam werden, sobald er ihr Bild in der Zeitung sah. Sie hatte sich genau ausgemalt, wie er mit der Zeitung in der Hand seine Wohnung verließe, die wenigen Schritte über den Innenhof zu ihrer Tür ginge und läutete, um ihr zu gratulieren, wie sie ihn hereinbat, das alles hatte sie mitberechnet, nicht ahnend, dass Tolik selbst zu ihrem Projekt werden würde. Sie musste sich sputen, war aber zutiefst überzeugt von ihren Formeln, und schon wenige Stunden nachdem Irina Sergejevna vom Ableben Anatol Grigorjevičs erfahren hatte, hatte sie einen Kleinlaster mit Tank besorgt, in dem sie aufs Hurtigste die Lösung zusammenmischte. Ein gelber Tank, auf dem in großen roten Buchstaben »Kvas« stand und der diesen Sommer zufällig nicht benötigt wurde, obwohl es ein heißer Sommer war und in allen Straßen der Stadt aus ähnlichen Tanks Kvas verkauft wurde. Energisch, fast wütend, warf sie alles oben durch die Klappe in den Tank. Ein wenig hiervon, ein wenig davon, ein wenig für den Kreislauf, ein wenig für die Konsistenz des Blutes und mit dem großen Schöpflöffel kräftig verrührt. Sie braute das Gemisch im Hof, in dem ihrer beider Wohnungen lagen, die Kinder vom hintersten Haus waren gekommen, um ihr zuzusehen, und sie ließ sie in dem Glauben, dass sie Kvas zubereitete.
    Irina Sergejevna war mit allem, was sie zu benötigen glaubte, spätnachts zum Friedhof gefahren. Sie hatte den Tank unmittelbar an dem Grab platziert, es war Glück gewesen, dass noch keine Erde über den Sarg gehäuft war, die Friedhofsarbeiter hatten es wohl,

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