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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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geflogen, und seine Limousine hatte Jack soeben abgesetzt. Er trottete in die Küche. Im Kühlschrank stand nur saure Milch. Das ukrainische Essen war gut, aber außergewöhnlich schwer gewesen. Nach den ersten paar Tagen hatte er nur noch darin herumgestochert. Und es hatte viel zu viel Alkohol gegeben, ohne den sich anscheinend kein Geschäft abschließen ließ. Dagegen muteten die in den Staaten üblichen zwei Martini zum Mittagessen geradezu asketisch an.
    Jack rieb sich über das Gesicht. Der massive Schlafentzug machte ihm schwer zu schaffen. Tatsächlich war er zu müde, um zu schlafen. Aber er war hungrig. Er sah auf die Uhr. Seine innere Uhr meinte, es wäre bald acht Uhr morgens. Die Armbanduhr beharrte darauf, es sei erst nach Mitternacht. Zwar war die Bundeshauptstadt nicht New York, wo jeder Appetit und jedes Interesse rund um die Uhr befriedigt werden konnten, doch Jack kannte ein paar Plätze, wo es an einem Werktag trotz der späten Stunde noch etwas zu essen gab.
    Als er sich in den Mantel mühte, läutete das Telefon. Jack war schon auf dem Weg nach draußen, dann zögerte er. Er lauschte der kurzen Mitteilung, auf die ein Piepton folgte.
    »Jack?«
    Eine Stimme aus der Vergangenheit stieg in ihm auf, bis sie schließlich ins Bewusstsein blitzte wie ein unter Wasser gehaltener Ball, den man plötzlich loslässt. Er riss den Hörer von der Gabel.
    »Luther?«
    Das Restaurant war ein besseres Loch in der Wand und somit eines von Jacks bevorzugten Lokalen. Hier konnte man jederzeit, Tag und Nacht, irgendetwas Essbares bekommen. Es gehörte zu den Gaststätten, in die Jennifer nie auch nur einen Fuß gesetzt hätte und in denen Kate und er häufig zu essen pflegten. Noch vor kurzer Zeit hätte ihn das Ergebnis dieses Vergleichs beunruhigt. Doch inzwischen hatte er einen Entschluss gefasst, den zu überdenken er nicht beabsichtigte. Das Leben war nun mal nicht vollkommen. Man konnte sein Dasein damit fristen, auf diese Vollkommenheit zu warten, er jedoch wollte das nicht tun.
    Jack verschlang Rühreier, Schinken und vier Scheiben Toast. Heiß rann der frisch gebrühte Kaffee seine Kehle hinunter. Nach fünf Tagen Instantkaffee und Mineralwasser schmeckte er köstlich.
    Er betrachtete den Mann gegenüber, der an seinem Kaffee nippte; bald schaute er durch die schmutzige Spiegelglasscheibe hinaus auf die dunkle Straße, bald ließ er den Blick durch das kleine, schmuddelige Lokal schweifen.
    Jack stellte die Tasse ab. »Du siehst müde aus.«
    »Du auch, Jack.«
    »Ich war im Ausland.«
    »Ich auch.«
    Das erklärte den Zustand des Hinterhofs und der Post. Eine unnötige Sorge. Jack schob den Teller weg und winkte nach mehr Kaffee.
    »Ich habe gestern bei dir vorbeigeschaut.«
    »Wieso das?«
    Diese Frage hatte Jack erwartet. Luther Whitney hatte nie etwas anderes als das direkte Gespräch gesucht. Doch etwas im Voraus zu wissen und eine Antwort parat zu haben, waren zwei Paar Schuhe. Jack zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich wollte dich einfach mal besuchen. Ist schon eine Weile her.«
    Luther nickte zustimmend.
    »Triffst du dich wieder mit Kate?«
    Jack schluckte einen Mund voll Kaffee, bevor er antwortete. Die Schläfen begannen zu pochen.
    »Nein. Warum?«
    »Ich dachte, ich hätte euch beide vor kurzem zusammen gesehen.«
    »Wir sind uns bloß irgendwie über den Weg gelaufen. Das ist alles.«
    Jack war nicht sicher, doch Luther schien betrübt über die Antwort. Der alte Mann bemerkte, dass Jack ihn aufmerksam musterte, und lächelte.
    »Früher warst du für mich die einzige Möglichkeit herauszufinden, ob es meinem kleinen Mädchen gut geht. Du warst mein Nachrichtendienst, Jack.«
    »Hast du je daran gedacht, mit ihr persönlich zu sprechen, Luther? Weißt du, es könnte einen Versuch wert sein. Die Jahre vergehen.«
    Luther winkte ab und starrte wieder aus dem Fenster.
    Jack studierte ihn eingehend. Das Gesicht war schmäler als üblich, die Augen geschwollen. An der Stirn und rings um die Augen befanden sich mehr Falten, als Jack in Erinnerung hatte. Aber schließlich war es vier Jahre her. Luther war mittlerweile in ein Alter gekommen, in denen der Alterungsprozess rasch voranschritt und der Verfall jeden Tag deutlicher wurde.
    Er ertappte sich dabei, dass er in Luthers Augen starrte. Diese Augen hatten Jack schon immer fasziniert. Sie waren tiefgrün und groß, wie die Augen einer Frau, und sie strahlten unglaubliches Selbstvertrauen aus. Wie bei Piloten sprach aus

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