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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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ihnen gelassene Ruhe dem Leben gegenüber. Nichts konnte solche Menschen erschüttern. Jack hatte auch Freude in diesen Augen gesehen, als Kate und er ihre Verlobung ankündigten; öfter jedoch hatte er Traurigkeit darin entdeckt. Und nun bemerkte Jack dicht unter der Oberfläche zwei Dinge, die er noch nie zuvor in Luther Whitneys Augen gesehen hatte. Er sah Angst. Und er sah Hass. Was ihn mehr beunruhigte, konnte er nicht sagen.
    »Luther, steckst du in Schwierigkeiten?«
    Luther holte seine Brieftasche hervor und bezahlte trotz Jacks Einwänden das Essen.
    »Lass uns einen Spaziergang machen.«
    Sie fuhren mit einem Taxi zur Mall und schlenderten schweigend zu einer Bank gegenüber dem Smithsonian Castle. Frostige Nachtluft senkte sich über die beiden. Jack schlug den Mantelkragen hoch. Er saß auf der Bank, während Luther stehen geblieben war und eine Zigarette rauchte.
    »Das ist neu.« Jack betrachtete den Rauch, der sich träge in die klare Nachtluft kräuselte.
    »Was soll’s, in meinem Alter?« Luther schnippte das Streichholz zu Boden und begrub es mit dem Fuß im Dreck. Er setzte sich hin.
    »Jack, ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
    »Okay.«
    »Du kennst den Gefallen noch nicht.« Plötzlich stand Luther auf. »Stört es dich, wenn wir weitergehen? Meine Gelenke werden steif.«
    Sie ließen das Washington Monument hinter sich und spazierten auf das Kapitol zu, als Luther das Schweigen brach.
    »Ich sitze irgendwie in der Patsche, Jack. Noch ist es nicht allzu tragisch, aber ich habe das Gefühl, es könnte eher früher als später schlimmer werden.« Luther sah ihn nicht an. Er schien nach vorne auf die imposante Kuppel des Kapitels zu starren, ohne sie jedoch wahrzunehmen.
    »Ich weiß im Augenblick noch nicht, wie sich die Dinge weisen werden, aber wenn sich alles so entwickelt, wie ich befürchte, dann brauche ich einen Anwalt, und ich will dich, Jack. Ich will keinen Klugscheißer, und ich will keinen grünen Neuling. Du bist der beste Strafverteidiger, den ich kenne, und ich habe viele gesehen, ganz persönlich, aus nächster Nähe.«
    »So etwas mache ich nicht mehr, Luther. Ich wälze jetzt Papier, wickle Geschäfte ab.« In dem Augenblick erkannte Jack, dass er eigentlich mehr Geschäftsmann als Anwalt war. Diese Einsicht war nicht besonders angenehm.
    Luther schien ihn nicht gehört zu haben. »Du sollst es nicht umsonst tun. Ich bezahle dich. Aber ich will jemanden, dem ich vertrauen kann. Und du bist der einzige, dem ich vertraue, Jack.« Luther hielt inne und drehte sich dem jüngeren Mann zu. Er wartete auf eine Antwort.
    »Luther, willst du mir nicht erzählen, was los ist?«
    Vehement schüttelte er den Kopf. »Nicht, bevor es sein muss. Das wäre weder gut für dich noch für irgendjemand sonst.« Eindringlich musterte er Jack, bis es dem Jüngeren unbehaglich wurde.
    »Jack, falls du mein Anwalt in der Sache wirst, muss ich dir sagen, dass es eine kitzlige Angelegenheit wird.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ich meine, dass dabei Menschen verletzt werden könnten, Jack. Auf die Art, wie sie nicht mehr im Krankenhaus behandelt wird.«
    Jack hielt an. »Wenn dir solche Typen auf den Fersen sind, solltest du besser sofort einen Handel herausschinden, dir Immunität verschaffen und in irgendeinem Zeugenschutzprogramm untertauchen. Viele machen das. Ist nichts Außergewöhnliches.«
    Luther lachte lauthals auf. Er lachte, bis er husten musste und sich schließlich krümmte und das Wenige erbrach, das er im Magen hatte. Jack half ihm wieder auf die Beine. Er spürte, wie die Knie des alten Mannes zitterten. Was er nicht erkannte, war, dass er vor Zorn bebte. Der Ausbruch widersprach so ganz und gar dem Wesen des Mannes, dass Jack ein kalter Schauer über den Rücken lief. Ihm fiel auf, dass er schwitzte, obwohl sein Atem kleine Wölkchen im nächtlichen Frost bildete.
    Luther bekam sich wieder in den Griff. Er atmete tief durch und wirkte beinahe beschämt.
    »Danke für den Rat, schick mir die Rechnung. Ich muss gehen.«
    »Gehen? Wohin, zur Hölle, willst du gehen? Ich will wissen, was los ist, Luther.«
    »Sollte mir etwas zustoßen, dann –«
    »Verdammt noch mal, Luther, ich habe langsam den Kanal voll von diesem geheimnisvollen Getue.«
    Luthers Augen verengten sich zu Schlitzen. Urplötzlich kehrte die Selbstsicherheit zurück, verbunden mit einem Hauch von Wut. »Ich tue nichts ohne Grund, Jack. Wenn ich dir jetzt nicht die ganze Geschichte erzähle, dann habe ich auch

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