Der Präsident
sobald Luther auf sie zuging. Dann überlegte sie, ob sie überhaupt die Möglichkeit haben würden, ein paar Worte zu wechseln? Was wollte sie überhaupt sagen? Hallo, Dad, du sitzt in der Falle? Sie rieb sich die Wangen und wartete. Punkt vier Uhr würde er kommen. Und es war zu spät, noch etwas zu ändern. Zu spät für alles. Doch sie tat das Richtige, obwohl sie sich schuldig fühlte, obwohl sie zusammengebrochen war, nachdem sie den Ermittler angerufen hatte. Wütend presste sie die Hände ineinander. Sie war im Begriff, ihren Vater der Polizei auszuliefern, und er verdiente es. Lange genug hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen. Nun wünschte sie nur noch, es möge bald vorbei sein.
McCarty gefiel die Sache nicht. Überhaupt nicht. Normalerweise beschattete er sein Ziel, oft wochenlang, bis der Mörder das Verhaltensmuster des Opfers besser kannte als das Opfer selbst. Das Töten wurde so um vieles einfacher. Die lange Beobachtung gab McCarty auch Zeit, die Flucht zu planen, selbst auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Bei diesem Auftrag war das nicht möglich gewesen. Sullivans Anweisung war kurz und bündig gewesen. Der Mann hatte ihm bereits eine enorme Summe an Taggeldern bezahlt, weitere zwei Millionen sollten nach Erledigung des Auftrages folgen. Aus welchem Blickwinkel man es auch betrachtete, McCarty war reichlich entlohnt worden; nun musste er etwas dafür liefern. Mit Ausnahme seines ersten Mordes vor vielen Jahren konnte er sich an keinen Auftrag erinnern, bei dem er so nervös gewesen war. Dass die Gegend nur so von Bullen wimmelte, trug nicht zu seiner Beruhigung bei.
Doch er sagte sich immer wieder vor, dass alles glatt gehen würde. Während der Wartezeit hatte er einen guten Plan ausgearbeitet. Nach Sullivans Anruf hatte er die Gegend ausgekundschaftet. Das Reihenhaus war ihm sofort ins Auge gesprungen. Tatsächlich war es der einzig logische Ort. Seit vier Uhr morgens saß er bereits hier. Die Hintertür des Hauses führte in eine Seitengasse. Sein Mietwagen parkte am Straßenrand. Vom Zeitpunkt des Schusses an brauchte er genau fünfzehn Sekunden, um die Waffe fallen zu lassen, die Treppe hinunterzulaufen und zur Tür hinaus in den Wagen zu springen. Bevor die Polizei überhaupt begriff, was los war, wäre er bereits zwei Meilen entfernt. In fünfundvierzig Minuten sollte von einem Privatrollfeld zehn Meilen nördlich von Washington ein Flugzeug in Richtung New York abheben. Nur ein einziger Passagier würde an Bord sein, und in kaum mehr als vier Stunden von jetzt an würde McCarty bereits bequem in der Concorde sitzen, auf dem Weg nach Paris.
Zum zehnten Mal überprüfte er Gewehr und Zielfernrohr, wobei er automatisch ein Staubkorn vom Lauf wischte. Ein Schalldämpfer wäre angenehm gewesen, doch McCarty hatte noch keinen gefunden, der auf ein Gewehr passte, noch dazu auf ein Gewehr, das – wie seine Waffe – mit Präzisionsgeschossen geladen war. McCarty musste sich auf das Überraschungsmoment verlassen, um den Schuss und die anschließende Flucht zu tarnen. Zuerst blickte er auf die Straße, dann auf die Uhr. Bald war es soweit.
War McCarty auch ein hervorragender Berufskiller, so konnte er doch unmöglich wissen, dass eine weitere Waffe auf den Kopf seines Opfers gerichtet sein würde. Und durch das Zielfernrohr dieser Waffe würde ein Auge blicken, das ebenso scharf war wie seines, vielleicht sogar noch schärfer.
Tim Collin hatte sich bei der Marine als Scharfschütze hervorgetan. Sein Ausbilder hatte in die Bewertung geschrieben, dass er noch nie einen besseren Schützen als Collin erlebt hatte. Der Träger dieser Auszeichnung warf soeben einen Blick durch das Zielfernrohr und entspannte sich. Collin sah sich in dem Kastenwagen um, in dem er sich befand. Das Auto parkte an der dem Café gegenüberliegenden Straßenseite; er hatte eine gerade Schusslinie auf sein Opfer. Abermals blickte er durch die Waffe. Kurz tauchte Kate Whitney im Fadenkreuz auf. Collin ließ das Seitenfenster des Wagens hinunter. Er stand im Schatten des hinter ihm befindlichen Gebäudes. Niemand konnte bemerken, was er tat. Außerdem verfügte er über den zusätzlichen Vorteil zu wissen, dass Seth Frank und ein paar Staatspolizisten rechter Hand des Cafés postiert waren, während sich weitere Polizisten in der Empfangshalle des Bürokomplexes aufhielten, zu dem das Café gehörte. Überall an der Straße parkten zivile Streifenwagen. Sollte Whitney zu fliehen versuchen, er würde nicht weit
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