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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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nicht, dass wir vorher alles überprüfen. Wir hatten keine Möglichkeit, das Zimmer zu durchsuchen.« Er blickte sie an. »Schließlich ist er der Präsident, Ma’am«, fügte er sicherheitshalber hinzu, als rechtfertigte die Tatsache alles und jedes. Und für Russell traf dies meist auch zu, ein Umstand, dessen sich Burton voll bewusst war.
    Russell sah sich im Zimmer um, prägte sich alles genau ein. Sie war ordentliche Professorin für Politikwissenschaften an der Stanford-Universität gewesen, als die Anfrage von Alan Richmond gekommen war, der damals seinen Stab zusammenstellte. Er war der Mann der Stunde gewesen, jung, erfolgreich, dynamisch; jeder hatte auf seinen Zug aufspringen wollen. Da hatte sie ihre Chance genutzt.
    Seit drei Jahren war sie nun Stabschefin des Weißen Hauses, mit vielversprechenden Aussichten auf den Posten des Außenministers, wenn Richmond wiedergewählt wurde, wobei man allgemein erwartete, dass ihm das mit Leichtigkeit gelingen sollte. Wer konnte schon vorhersagen, wie sich alles entwickelte? Vielleicht war sogar ein gemeinsames Team Richmond-Russell im Entstehen begriffen. Sie ergänzten einander hervorragend. Russell war die Strategin; er war unübertroffen, was die Öffentlichkeitsarbeit anging. Ihre Zukunft schien mit jedem Tag strahlender zu werden. Und jetzt? Jetzt hatte sie eine Leiche und einen betrunkenen Präsidenten in einem Haus, das eigentlich leer stehen sollte.
    Im Geiste sah sie den Expresszug ihrer Karriere stoppen. Doch dann schaltete ihr Verstand um. Nicht wegen dieser kleinen Nutte, dieses Haufens menschlichen Abfalls. Niemals!
    Burton meldete sich zu Wort. »Soll ich jetzt die Polizei anrufen, Ma’am?« Russell glotzte ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    »Burton, darf ich Sie daran erinnern, dass es Ihr Job ist, die Interessen des Präsidenten immer und überall zu schützen, und dass nichts, aber rein gar nichts, Vorrang vor dieser Aufgabe hat. Ist das klar?«
    »Ma’am, die junge Dame ist tot. Ich glaube, wir –«
    »Richtig. Sie und Collin haben die Frau erschossen, und jetzt ist sie tot.« Die Worte hingen in der Luft. Collin rieb sich die Hände, instinktiv wanderte eine Hand zu der Waffe im Schulterhalfter. Er blickte zu der verstorbenen Mrs. Sullivan, als könnte er sie durch bloße Willenskraft wieder zum Leben erwecken.
    Burton spannte die mächtigen Schultern und trat einen Schritt näher an sie heran, so dass der Größenunterschied voll zum Tragen kam.
    »Hätten wir nicht geschossen, wäre der Präsident jetzt tot. Das ist unsere Aufgabe. Für seine Sicherheit und Gesundheit zu sorgen.«
    »Wieder richtig, Burton. Und nun, da Sie seinen Tod verhindert haben, wie wollen Sie der Polizei, der Frau des Präsidenten, Ihren Vorgesetzten, den Anwälten, den Medien, dem Kongress, den Finanzmärkten, dem Land und dem Rest der ganzen verfluchten Welt erklären, warum der Präsident hier war? Und was er hier wollte? Und die Umstände, die dazu geführt haben, dass Sie und Agent Collin die Frau eines Mannes erschossen haben, der zu den wohlhabendsten und einflussreichsten Männern der Vereinigten Staaten zählt? Denn wenn Sie die Polizei anrufen, wenn Sie überhaupt irgendjemanden anrufen, dann werden Sie genau das tun müssen. Wenn Sie also bereit sind, die volle Verantwortung für alles zu übernehmen, dann gehen Sie zum Telefon und rufen Sie an.«
    Burtons Gesicht wechselte die Farbe. Er wich einen Schritt zurück. Die körperliche Überlegenheit nützte ihm nichts mehr. Collin beobachtete versteinert den stummen Zweikampf der beiden. Noch nie hatte er erlebt, dass jemand so mit Bill Burton gesprochen hatte. Der große Kerl hätte Russells Genick mit einer einzigen Handbewegung brechen können. Doch diese besondere Eigenschaft war hier und jetzt völlig wertlos für ihn.
    Abermals schaute Burton auf die Leiche hinab. Wie konnte man das so erklären, dass sie alle heil aus der Sache herauskamen? Die Antwort war einfach: gar nicht.
    Aufmerksam musterte Russell sein Gesicht. Burton blickte wieder auf, doch seine Augen flackerten merklich; sie sahen nicht mehr direkt in ihre. Sie hatte gewonnen. Zufrieden lächelnd nickte sie. Von nun an hatte sie das Ruder in der Hand.
    »Gehen Sie jetzt und machen Sie Kaffee, eine ganze Kanne«, befahl sie Burton, wobei sie den Wechsel der traditionellen Machtverhältnisse in vollen Zügen genoss. »Dann beziehen Sie an der Eingangstür Posten, nur für den Fall, dass wir nächtliche Besucher bekommen.
    Collin,

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