Der Präsident
hielten. Überall im Raum stapelten sich unbenutzte Beweissätze, deren intakte orange Siegel einen krassen Gegensatz zu den abblätternden grauen Wänden bildeten. In einer anderen Ecke standen sorgfältig beschriftete Kartons übereinander. In wieder einem anderen Winkel befand sich ein kleiner Safe auf dem Boden, der die wenigen Beweisstücke beherbergte, für die zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich waren.
Der Fahnder betrachtete ihren schmalen Rücken, während sie sich am anderen Ende des Raumes über ein Mikroskop beugte.
»Du hast mich angerufen?« Frank lehnte sich vor. Auf dem Glasscheibchen befanden sich winzige Fragmente irgendeiner Substanz. Er konnte sich nicht vorstellen, die Tage damit zu verbringen, wer weiß welche mikroskopisch kleinen Teile zu begutachten, doch er war sich sehr wohl bewusst, dass Laura Simon durch ihre Tätigkeit entscheidend zur Überführung von Straftätern beitragen konnte.
»Sieh dir das mal an.« Simon deutete auf die Linse.
Frank nahm die Brille ab, die er noch auf der Nase hatte. Nach einem Blick durch das Mikroskop richtete er sich wieder auf.
»Laurie, du weißt, dass ich nie eine Ahnung habe, was ich da sehe. Also, was ist es?«
»Es ist eine Probe des Teppichs aus Sullivans Schlafzimmer. Wir hatten sie nicht bei der ersten Tatortuntersuchung mitgenommen, sondern erst später.«
»Und was ist so bedeutsam daran?« Frank hatte sich angewöhnt, der Technikerin überaus aufmerksam zuzuhören.
»Der Teppich im Schlafzimmer ist eines dieser superteuren Modelle, die pro Quadratmeter über zweitausend Dollar kosten. Allein für das eine Zimmer muss der Boden beinahe eine Viertelmillion gekostet haben.«
»Heiliges Kanonenrohr!« Frank stopfte noch einen Kaugummi in den Mund. Der Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, wirkte sich verheerend auf seine Zähne und seine Leibesmitte aus. »Zweihundertfünfzigtausend für etwas, worauf man herumläuft?«
»Er ist unglaublich widerstandsfähig, man könnte mit einem Panzer darüber rollen, und die Fasern würden sich problemlos wieder aufrichten. Er liegt dort erst seit etwa zwei Jahren. Damals wurde einiges renoviert.«
»Renoviert? Das Haus selbst ist doch erst ein paar Jahre alt.«
»Zu der Zeit hat die Verstorbene Walter Sullivan geehelicht.«
»Oh.«
»Frauen haben zu solchen Dingen ihre eigene Meinung. Tatsächlich hatte sie, was Teppiche anging, einen guten Geschmack.«
»Schön, und wohin bringt uns ihr guter Geschmack?«
»Sieh dir die Fasern noch einmal an.«
Frank seufzte, tat aber wie ihm geheißen.
»Siehst du die Spitzen? Schau dir mal den Querschnitt an. Sie wurden abgeschnitten. Vermutlich mit einer nicht allzu scharfen Schere. Obwohl die Fasern, wie erwähnt, ungemein widerstandsfähig sind, ist der Schnitt ziemlich ausgefranst.«
Er sah sie an. »Der Schnitt? Wozu sollte das jemand tun? Wo hast du die Fasern gefunden?«
»Diese Probe wurde an der Tagesdecke gefunden, die auf dem Bett lag. Wer auch immer die Fäden abgeschnitten hat, hat wahrscheinlich nicht bemerkt, dass ein paar Fasern an seiner Hand hängen geblieben sind. Dann hat er die Bettdecke angefasst, und voilà!«
»Hast du auf dem Boden das entsprechende Gegenstück gefunden?«
»Gleich unter der linken Bettseite, wenn man aus etwa zehn Zentimeter Entfernung in rechtem Winkel hinsieht. Die Stelle war geringfügig, aber nachweisbar ausgeschnitten.«
Frank richtete sich auf und setzte sich auf einen der Stühle neben Simon.
»Das ist noch nicht alles, Seth. Auf einem der Fragmente habe ich auch Spuren einer Lösung gefunden. Wie von einem Fleckentferner.«
»Das könnte von der Teppichreinigung vor kurzem stammen. Oder vielleicht haben die Dienstmädchen etwas verschüttet.«
Simon schüttelte den Kopf. »Nein. Die Reinigungsfirma arbeitet mit Dampfgeräten. Für die Entfernung einzelner Flecken verwenden die einen besonderen Reiniger auf organischer Grundlage. Ich hab’s überprüft. Das hier ist handelsübliches Putzmittel auf Petroleum-Basis. Und die Hausmädchen verwenden den vom Hersteller empfohlenen Reiniger. Auch organisch. Eine ganze Ladung von dem Zeug steht im Haus. Außerdem ist der Teppich chemisch imprägniert, damit sich keine Flecken einsaugen können. Mit einem Mittel auf Petroleum-Basis würde man wahrscheinlich alles nur noch schlimmer machen. Vermutlich haben sie deshalb ein Stück herausgeschnitten.«
»Wir können also davon ausgehen, dass der Täter die Fasern mitgenommen hat, weil sie etwas
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