Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)
Zwietracht säten.
In der Regierung Clinton machten wir kaum Fortschritte beim Subventionsabbau. Die hohen Zuschüsse für die Land- und die Energiewirtschaft blieben unangetastet. Das galt auch für die kleineren, aber höchst symbolträchtigen Subventionen für Firmenjets.
Während der Krise des Jahres 2008 erreichte die »Konzernwohlfahrt« dann neue Höchststände. In der Großen Rezession erhielt allein der Versicherungskonzern AIG mit über 150 Milliarden Dollar aus dem Rettungspaket mehr als das, was zwischen 1990 und 2006 insgesamt für die Sozialhilfe aufgewendet wurde. 68
Mit den wachsenden Defiziten wird auch der Haushalt immer genauer unter die Lupe genommen, und Subventionskürzungen liegen auf dem Tisch. Einige sind bereits erfolgt: Die Ethanol-Subvention lief Anfang 2012 nach dreißig Jahren aus. Aber ich vermute, dass die mächtigeren Industrien und Firmen in der Lage sein werden, sich auch für die Zukunft einen Großteil der Mittel, die ihnen in der Vergangenheit zuflossen, zu sichern.
Es gehört zu den Aufgaben des Staates, ein Sicherungsnetz aufzuspannen – allerdings eines, das Privatpersonen und Familien gegen wichtige Lebensrisiken absichert, insbesondere gegen solche, gegen die sie sich nicht (privat) versichern können, nicht aber eines, das Konzerne vor den Folgen unternehmerischer Fehlentscheidungen schützt oder ihnen dazu verhilft, sich die Taschen mit Subventionen zu füllen. Ohne einen gewissen Grad an Disziplin können Märkte nicht funktionieren – wenn etwa Firmen nur die Gewinne aus riskanten Geschäften einstreichen, während der Steuerzahler die Verluste trägt.
Der IWF: Der Kaiser ist nackt
In Die Schatten der Globalisierung schilderte ich die heftigen Auseinandersetzungen, die sich der IWF mit einigen Akteuren in Entwicklungs-und Schwellenländern in der Entwicklungspolitik, bei der politischen Gestaltung des Übergangs von der Plan- in eine Marktwirtschaft und beim Management der Asienkrise lieferte. Ich legte dar, dass der IWF Ländern in einer Rezession eine strenge Sparpolitik auferlegte, und erläuterte, dass seine »Strukturanpassungsprogramme« – die Privatisierung und Liberalisierung verlangten – oftmals nicht zu Wachstum, sondern zu Verelendung führten.
Damals galt der IWF, insbesondere im Westen, als die Autorität auf diesem Feld. Viele in den Entwicklungsländern dagegen waren skeptisch: Sie sahen, dass die vom IWF propagierten politischen Maßnahmen oft scheiterten. In ihrer Wahrnehmung förderte der IWF die Interessen des globalen Finanzsektors und die der Unternehmen aus den fortgeschrittenen Industriestaaten. Sie glaubten jedoch, ihnen bleibe nichts anderes übrig, als die IWF-Auflagen zu erfüllen. Schließlich brauchten sie sein Geld. Ich dagegen wollte zeigen, dass der Kaiser nackt war : dass die politischen Leitlinien des IWF wirtschaftswissenschaftlich auf tönernen Füßen standen, ja, dass viele der von ihm propagierten Lehren im Verlauf der letzten 25 Jahre durch neueste wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse gründlich diskreditiert worden waren.
Ich wollte auch einige der intellektuellen Inkonsistenzen und das Versagen der Steuerungs- und Kontrollmechanismen beim IWF aufdecken. In dieser Zeit rückte in zunehmendem Maße die sogenannte gute Regierungsführung in den Blickpunkt des IWF, dabei lag bei seinen eigenen Lenkungs- und Kontrollstrukturen vieles im Argen. Der Finanzsektor hatte zu viel Einfluss, die Entwicklungsländer hatten zu wenig. Dieses Ungleichgewicht erklärt, weshalb der IWF so großen Wert auf eine strikte Sparpolitik legte; oberste Priorität hatte für ihn die Rückzahlung der Kredite westlicher Gläubiger, und dies bedeutete, dass die Schuldnerländer ihre Ausgaben zurückfahren mussten, damit mehr Geld für die Schuldentilgung übrigblieb. Es erklärt auch, weshalb sich der IWF so energisch für die Liberalisierung der Kapitalmärkte einsetzte, die Beseitigung von Regeln, die den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr (insbesondere kurzfristige, spekulative Kapitalströme) behinderten.
Während kaum etwas dafür sprach, dass die Kapitalmarktliberalisierung zu höherem Wachstum führt, sprach sehr viel dafür, dass sie zur Destabilisierung beiträgt. Aber aus Sicht der Industrienationen war sie trotzdem wünschenswert, weil sie westlichen Finanzinstituten mehr Spielraum gab, in Entwicklungsländern geschäftlich aktiv zu werden – und dort weitere Gewinne zu erwirtschaften. Ganz offensichtlich wurde das
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