Der Preis der Ungleichheit: Wie die Spaltung der Gesellschaft unsere Zukunft bedroht (German Edition)
untergräbt
Allmorgendlich schwören Schüler in ganz Amerika Treue auf die Fahne der Vereinigten Staaten und »die Republik, für die sie steht, eine Nation unter Gott, mit Freiheit und Gerechtigkeit für jeden«. Dieses unbedingte Versprechen, Freiheit und Gerechtigkeit für jeden, erfasst einen der zentralen Werte, der für das amerikanische Identitätsbewusstsein konstitutiv ist. Nach diesem Idealbild sind wir ein Land, in dem Recht und Gesetz herrschen, in dem jeder so lange als unschuldig gilt, bis seine Schuld bewiesen ist, und wo alle vor dem Gesetz gleich sind. Diese Werte sind auch für unser Verständnis von Amerikas Stellung in der Welt von zentraler Bedeutung. Wir sind gegenüber anderen Ländern dafür eingetreten. Doch über die wahre Bedeutung dieses Treuegelöbnisses wird nur selten gesprochen. Auch eine weitergehende Frage wird nicht diskutiert: Hat Amerika seine Versprechen wirklich gehalten?
In diesem Kapitel erkunden wir ein weiteres der drei entscheidenden Schlachtfelder, auf denen der Kampf um die Verteilungsgerechtigkeit in unserer Gesellschaft ausgefochten wird: jenes der Gesetze und Verordnungen, die den Ordnungsrahmen unserer Wirtschaft bilden, und der Art und Weise, wie diese durchgesetzt werden. Das nächste Kapitel ist der Schlacht um den Staatshaushalt gewidmet, und Kapitel 9 befasst sich mit der geldpolitischen Praxis und der Makroökonomik.
Das Kapitel beginnt mit einer Reihe eher abstrakter, aber entscheidender Fragen: Was ist der Zweck der Gesetze und Regulierungen, die von zentraler Bedeutung für die Funktionstüchtigkeit unserer Wirtschaft sind? Weshalb brauchen wir Rechtsstaatlichkeit? Gibt es mehr als eine mögliche rechtsstaatliche Ordnung, und, wenn ja, welche Folgen haben die verschiedenen Alternativen? Die zentrale Botschaft greift jene aus vorangegangenen Kapiteln auf: Es gibt alternative rechtliche Ordnungsrahmen. Der falsche kann Ungerechtigkeiten bewahren und verstärken.
Während ein richtig verstandener »Rechtsstaat« die Schwachen vor den Starken schützen soll, werden wir sehen, dass die rechtlichen Ordnungsrahmen manchmal das genaue Gegenteil bewirkt haben. Und dies führte zu einem massiven Vermögenstransfer von unten nach oben. 1 Während die Befürworter dieser rechtlichen Ordnungsrahmen sie mit dem Argument vorantrieben, sie förderten die ökonomische Effizienz, haben sie in Wirklichkeit oft ökonomische Verzerrungen hervorgerufen.
Die SEC und Wertpapierbetrug
Ich habe geschildert, wie die Banken versuchten, den kleinen Eigenheimbesitzer am Hypothekenmarkt zu übervorteilen. Sie trachteten indes auch danach, diejenigen über den Tisch zu ziehen, die sich in finanziellen Angelegenheiten besser auskannten. Die SEC (die Securities and Exchange Commission, die für den Vollzug von Bundeswertpapiergesetzen zuständig ist) hat wiederholt wegen Betrugs zivilrechtliche Vollstreckungsprozesse gegen die Citibank und andere Großbanken angestrengt.
Was dann geschieht, folgt im Allgemeinem immer dem gleichen Drehbuch: Die Banken drohen mit einer endlosen gerichtlichen Auseinandersetzung.
Es kommt zu einem Vergleich: Die Banken zahlen ein hohes Bußgeld, ohne ihre Schuld anzuerkennen oder abzustreiten. Zudem versprechen sie, es nie mehr wieder zu tun. Doch kaum haben sie dieses Versprechen gegeben, verfallen sie wieder in ein ganz ähnliches Verhalten. Sie werden abermals getadelt und bekommen eine Geldbuße, die sie aus der Portokasse zahlen.
Es ist eine bequeme Lösung: Dem Staat stehen nur begrenzte Ressourcen für die Strafverfolgung zur Verfügung, und Betrugsfälle gibt es viele. Haben die Strafverfolger einen Vergleich geschlossen, können sie sich den nächsten Fall vorknöpfen. Das System kommt auch den Banken zupass: Die Kosten sind im Vergleich zu ihren Gewinnen aus betrügerischen Verhaltensweisen niedrig, und wenn sie sich schuldig bekannt hätten, hätte dies in einem zivilen Schadensersatzprozess, der von denjenigen angestrengt würde, die durch den Betrug geschädigt wurden, als Beweis gegen sie verwendet werden können. Die Banken wissen, dass ihre Opfer zumeist nicht über die Mittel verfügen, die es ihnen erlaubt hätten, ohne die Hilfe des Staates gegen sie vorzugehen. Niemand kann behaupten, dass in diesem System wirklich der Gerechtigkeit Genüge getan würde. Ein Wirtschaftssystem, in dem solche Rechtsverstöße Methode haben, kann nicht gut funktionieren: Betrug verzerrt die Wirtschaft und untergräbt Vertrauen.
Ein Gericht muss die
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