Der Preis des Ruhms
war, als würde man ohne Kommunikation leben”, hatte Fee einmal gesagt. “Die aufregendsten Themen waren der Farmbetrieb oder die Reparaturkosten für das Dach. Irgendein Teil des Daches war nämlich immer kaputt. Dein Vater ist zwar ein sehr anständiger Mensch, aber nicht besonders intellektuell.” Trotzdem war er lange Zeit ihr Gefangener gewesen.
Nach dem Abendessen dirigierte Fee sie alle zum Kaffeetrinken ins Wohnzimmer. Sie war sehr gern unter Menschen und konnte offenbar keine Stille vertragen. Von Tag zu Tag wurde Francesca deutlicher bewusst, wie unterschiedlich ihre Mutter und sie waren. Als einziges Kind hatte sie sich immer allein beschäftigen müssen und daher viel gelesen oder das weitläufige Anwesen ihres Vaters erkundet.
Wie alle de Lyles war sie ein echtes Landkind. Und ihre Liebe zum Landleben beschränkte sich nicht auf die grünen Weiden Englands. Für sie war Kimbara, die Heimat ihrer Mutter, der schönste Platz auf Erden – die fast beängstigende Einsamkeit, die wilde Schönheit und vor allem die vielen intensiven Farben der Landschaft, die mit dem strahlend blauen Himmel kontrastierten.
Sie war zehn Jahre alt gewesen, als Fee sie das erste Mal mit nach Australien genommen hatte, dem Land, in dem sich die alte Heimstätte, Fees Geburtsort, befand. Die Heimstätte war nicht weniger imposant als das Herrenhaus ihres Vaters, Ormond House, und hatte einen ganz eigenen Charakter. Sie wusste nur, dass sie Kimbara liebte. Sie konnte sich sogar vorstellen, dort zu leben.
Eine englische Schönheit, zart wie eine Rose, in der Wüste?
Grant Camerons spöttische Worte klangen ihr noch in den Ohren.
Hatte Grant denn vergessen, dass es Siedler von den Britischen Inseln gewesen waren, die Australien erschlossen hatten? In den Geschichtsbüchern wurde über viele englische, schottische oder irische Schönheiten berichtet – starke, furchtlose Frauen, die ihre eigenen Vorstellungen von Zivilisation verwirklicht hatten. Die Kinross und die Camerons stammten aus Schottland. In den Familien hatte es viele starke Frauen gegeben. Daran musste sie Grant erinnern, wenn sie ihn wiedersah. Dadurch, dass sie sich in einen Mann aus dem Outback verliebt hatte, hatte sie sich das Leben wirklich schwer gemacht.
“Kommt, meine Lieben!” Fee führte sie mit ausgestreckten Armen von der Eingangshalle in das luxuriös ausgestattete Wohnzimmer, wo über dem stilvollen Kamin ein wunderschönes Porträt von ihr hing, entstanden in ihren besten Jahren.
Großartig, dachte David. Der Künstler hatte ihr Wesen genau getroffen. Fee war leidenschaftlich, theatralisch, eigensinnig und hatte eine schier unerschöpfliche Energie, der sie auch ihren beruflichen Erfolg verdankte. Sie trug ein exquisites Ballkleid aus smaragdgrüner Seide und saß auf einem kleinen, mit Seide bezogenen Sofa im Goldenen Salon seines Bruders. Ihre Haltung erinnerte an die Porträts des englischen Malers Singer Sargent. David erinnerte sich genau an das Kleid, obwohl er normalerweise kein Auge für solche Dinge hatte.
Francesca hatte weder ihr Äußeres noch ihr extravagantes Wesen geerbt. Sie war eine echte de Lyle. Diejenige, die Fiona Kinross am meisten ähnelte, war ihre Nichte Alison. Beide waren stark und verletzlich zugleich. Alison war auch dabei, sich als Schauspielerin einen Namen zu machen, wie Fee beim Abendessen stolz erzählt hatte. Man hatte Alison die Hauptrolle in einem Thriller angeboten. Wenn dieser erfolgreich war, würde sie vermutlich nach Hollywood gehen und nicht mehr zurückkehren. Den Frauen in der Familie Kinross schien die Karriere wichtiger zu sein als die Ehe.
Zum Glück arbeitete Fee inzwischen nicht mehr, obwohl sie nach wie vor ständig Rollenangebote erhielt. Ende des Jahres würde ihre Autobiografie erscheinen, die Brods Frau Rebecca geschrieben hatte. Unwillkürlich fragte sich David, wie viel Fee darin enthüllen würde. Was immer ihre Fehler auch sein mochten, sie würde nie jemandem bewusst wehtun. Er dachte an Lyle, der wieder geheiratet hatte und inzwischen auf seine Art glücklich war. Wie waren Fee und sein Cousin zusammengekommen? Die beiden hätten nicht verschiedener sein können. Jedenfalls hatte Fee ihn nicht geheiratet, um gesellschaftliches Ansehen zu erlangen, denn in Australien war sie ein Star, und außerdem hatte sie ein beträchtliches Vermögen mit in die Ehe gebracht. Plötzlich wurde David klar, dass er sie nicht wieder aus seinem Leben gehen lassen wollte. Für ihn war sie wie ein
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