Der Preis des Ruhms
reichte ihr den Umschlag. “Siehst du etwas unter dem Klebeband?”
Plötzlich war ihr nicht mehr übel. “Wenn ich mich nicht irre, ist das ein dünnes Haar – zum Beispiel vom Handgelenk eines Mannes.”
“Genau.” Er nahm ihr den Umschlag wieder ab. “Den gebe ich gleich morgen früh der Polizei. Vielleicht rufe ich sogar Detective Mead an.”
“Wegen eines Gentests, meinst du?”
Rafe nickte. “Das bringt uns bestimmt weiter.”
“Wunderbar!” Janet strahlte übers ganze Gesicht. “So, und jetzt müsst ihr beide etwas essen. Bleibst du zum Abendessen, Rafe?”
“Wenn du mir keine Erdnussbuttersandwiches servierst.” Er spielte auf die Zeit an, in der sie genau das getan hatte. “Oder sollen wir essen gehen?”, fügte er an Ally gewandt hinzu, als er ihren nachdenklichen Gesichtsausdruck bemerkte.
“Das ist eine tolle Idee”, meinte Janet begeistert, “aber ich komme nicht mit. Im Fernsehen läuft ein alter Film mit Robert Mitchum, den ich sehen möchte. Vornehme Restaurants sind etwas für junge und schicke Leute.”
“Dann sollte ich mich wohl umziehen”, erklärte er.
Ally schüttelte den Kopf. “Du siehst gut aus.”
“Weißt du was? Ich fahre jetzt ins Hotel und hole dich gegen halb acht ab. So hast du genug Zeit, um dich in der Badewanne zu entspannen.” Sofort sah er ihren wunderschönen Körper inmitten von glitzerndem Schaum vor sich. “Ich muss noch einige Anrufe erledigen. Ist dir das ‘Victoria’s’ recht?”
“Es wird schwer sein, da einen Tisch zu bekommen.”
“Ich schaffe das schon”, erwiderte er lässig.
Janet lachte, und ihre hellblauen Augen funkelten amüsiert. “Darauf wette ich.”
Ally befolgte Rafes Rat und nahm ein ausgedehntes Bad. Während sie im warmen Wasser lag, verspürte sie ein erregendes Prickeln.
Noch immer erinnerte sie sich an jeden Moment ihrer leidenschaftlichen Nacht an Brods und Rebeccas Hochzeitstag, an das ungezügelte Verlangen, das sie beide verzehrt hatte. Danach hatte sie einen tiefen inneren Frieden empfunden. Rafe hingegen hatte reglos dagelegen, die Hände hinter dem Kopf gefaltet. Deutlicher hätte er es ihr nicht zeigen können. Ihre Begierde beruhte auf Gegenseitigkeit. Was in ihm vorging, entfremdete sie einander.
Warum hat Lainie ihm bloß von dem Rollenangebot erzählt, das man mir gemacht hat, fragte Ally sich gequält. Sie hatte noch nicht einmal das Drehbuch gelesen, aber Lainie hatte es so dargestellt, dass sie im Begriff war, das Angebot anzunehmen. Dass ihr Ruhm ihr wichtiger wäre als die Liebe. Selbst Fee war davon überzeugt, dass sie die Rolle annehmen würde. Alle in der Branche waren der Meinung, dass sie bald ein Filmstar sein würde.
“Du hast das ideale Gesicht dafür”, sagte Bart immer. Er wusste jedoch nicht, dass ihre sogenannte Karriere sie nicht ausfüllte. Bei Fee war das Gegenteil der Fall gewesen. Sie hatte sogar ihre Familie für ihre Karriere geopfert.
Obwohl sie, Ally, Francescas Vater, Lord de Lyle, nur zweimal begegnet war, hatte sie gemerkt, dass er ganz anders war als Fee, sogar anders als sein Cousin David. Aber er hatte sich sehr bemüht, Francesca ein guter Vater zu sein.
Niemand konnte einem Kind die Mutter ersetzen. Brod und sie, Ally, hatten mit diesem Verlust leben müssen. Fee hatte Glück gehabt, denn sie hatte die Gelegenheit bekommen, ihre Tochter neu kennenzulernen. Alle Leute betonten, wie sehr Fee und sie sich ähnelten. Daher war es wohl kein Wunder, dass Rafe glaubte, es würde mit ihnen nicht gut gehen.
Um halb acht kehrte Rafe mit einer Schachtel Pralinen für Janet zurück, und sie verabschiedeten sich von Janet, die es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte.
Rafe hatte sich umgezogen und trug nun einen perfekt sitzenden dunkelgrauen Anzug mit einem weißen Hemd und einer weinroten Krawatte. Wenn man bedachte, dass er sonst fast immer Reitsachen trug, hatte er einen ausgezeichneten Geschmack. Und er sah einfach umwerfend aus. Ally war erleichtert, dass sie sich auch schick gemacht hatte. Sie hatte sich für ein neues Kleid aus schwarzem Seidenjersey entschieden, das elegant und sexy war. Und an diesem Abend würde sie auf ihren Sex-Appeal bauen müssen, wenn sie Rafe davon überzeugen wollte, dass er sie brauchte.
Eine halbe Stunde später führte der Maître d’hôtel sie zu ihrem Tisch, dem besten im ganzen Restaurant. Die anderen Gäste betrachteten sie neugierig und fragten sich offenbar, wer der Mann an ihrer Seite war. Er sah aus wie ein
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