Der Preis des Ruhms
Entschluss. “Wenn du mir deinen Geländewagen leihst, fahre ich ihr entgegen, Ted. Sie müsste eigentlich schon unterwegs sein, weil es gleich dunkel wird.”
“Und das mit nur einem gesunden Arm”, bemerkte Ted.
“Die Schlüssel, Ted.” Rafe streckte die Hand aus.
Keiner von ihnen wollte daran denken, dass Ally vielleicht einen Unfall gehabt hatte.
“Ich hole dir etwas zu essen, falls es länger dauert”, rief Cheryl. “Bin gleich wieder da.”
“Gut.” Rafe wandte sich an Ted, der offenbar genauso besorgt war wie er. “Wenn sie mir nicht entgegenkommt, hatte sie vielleicht eine Panne. Jedenfalls werde ich sie finden. Wenn wir bei Anbruch der Dunkelheit noch nicht zurück sind, könntest du Grant benachrichtigen. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir eine Nacht im Busch verbringen würden. Du könntest uns im Morgengrauen entgegenkommen.”
“Worauf du dich verlassen kannst, Rafe. Ich habe Birdy gebeten, den Jeep zu warten, weil Ally immer damit unterwegs ist.” Ted wirkte sehr betroffen.
“Einen Reifen wird sie mit der eingegipsten Hand wohl kaum wechseln können”, erwiderte Rafe grimmig. “Keine Angst, Ted, es ist nicht deine Schuld. Ich weiß, wie stur Ally sein kann. Ich werde sie finden.” Ein wenig ungeduldig blickte er zum Haus, als Cheryl mit einem Picknickkorb herausgeeilt kam.
“Da ist etwas zu essen und zu trinken drin”, rief sie. “Vielleicht brauchst du es ja. Und wenn Ally auf dem Rückweg ist, kann es auch nicht schaden.”
Das wird sie sicher nicht sein, dachte Rafe.
Er war jetzt seit einer halben Stunde unterwegs und hatte weder Ally noch den Jeep gesehen. Nun verließ Rafe die Piste und fuhr durch das hohe Gras. Wahrscheinlich würden sie bei Tagesanbruch eine groß angelegte Suchaktion starten müssen.
Vielleicht war Ally das Wasser ausgegangen. Vielleicht hatte sie Durst und fuhr zu einem Fluss. Die Sonne versank bereits als roter Feuerball hinter dem Horizont. Gleich würde es dunkel werden, und dann würde man die Hand nicht vor den Augen sehen.
Plötzlich fielen ihm all die alten Horrorgeschichten ein. Dieses Land war gefährlich, wenn man es nicht kannte. Aber Ally kannte es. Das ließ ihn hoffen. Sie würde sich nicht im Busch verirren. Sie würde bei ihrem Wagen bleiben, selbst wenn ihr das Benzin oder das Wasser ausging oder sie eine Panne hatte.
Im Dämmerlicht erkannte Rafe die pyramidenförmige Silhouette des Moorak in der Ferne. Und wieder tauchten furchtbare Bilder vor seinem geistigen Auge auf. Ally lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Ally lag mit dem Kopf auf dem Lenkrad, weil sie in eine Erdspalte gefahren war. Sie war noch nicht kräftig genug, um allein in der Wildnis herumzufahren.
Rafe unterdrückte die aufsteigende Panik und begann zu hupen. Er würde langsamer fahren müssen, damit er nicht womöglich gegen einen Ast oder Stein fuhr. Wenigstens würde Ally nicht so verängstigt sein, wie es eine Frau aus der Stadt wäre. Er hatte schon erlebt, dass Touristen unter Schock gestanden hatten, wenn man sie aus der Wildnis gerettet hatte – und das aus gutem Grund.
Im Scheinwerferlicht wirkten die Büsche und knorrigen Äste der Bäume geradezu gespenstisch. Kurz darauf hörte er etwas.
“Ally!” Sofort hellte seine Miene sich auf. Das war die Hupe des Jeeps. “Hup weiter, Ally.” Er wagte zu hoffen, dass es Ally gut ging. “Und jetzt langsamer”, sagte er zu sich selbst, obwohl er am liebsten Vollgas gegeben hätte. Das hier war jedoch keine asphaltierte Straße, nicht einmal eine Piste voller Schlaglöcher. Das hier war die Wildnis. Ein abgestorbener Baum, der an eine Vogelscheuche erinnerte, ragte im Scheinwerferlicht auf.
Rafe fluchte leise und fuhr um den Baum herum. “Ich komme, Ally. Vertrau mir. Alles wird gut.”
Aber würde tatsächlich alles gut werden? Würde die Frau, die er über alles liebte, immer unerreichbar für ihn sein? In einem schwachen Moment hatte sie ihm gesagt, dass sie wieder in sein Leben zurückkehren wollte. Der Geländewagen holperte über die Mulga-Ebene, über dichtes Spinifex und heruntergefallene Äste und durch schmale Erdspalten und ausgetrocknete Wasserrinnen.
Schließlich entdeckte Rafe Ally im Scheinwerferlicht. Sie stand da und stützte den linken Arm mit der rechten Hand. Erschrocken fragte er sich, ob sie verletzt war. Mit dem Jeep schien alles in Ordnung zu sein.
“Ally?”, brüllte er, und seine Erleichterung und zärtlichen Gefühle wichen unbändigem Zorn, denn sie sah
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