Der Prinz der Hölle
trutzige Herausforderungen gekritzelt, wie: »Tod dem Hexer Du-jum!« »Die Rache der Götter auf Du-jum!« Und häufiger als alles andere: »Omero dafu!« – »Omeron lebt!«
Er kam an vier oder fünf Wächtern an einer Straßenecke vorbei, die um eine junge Frau herumstanden und auf sie einredeten. Einer strich ihr über das Haar, und sie wimmerte. Sadhur sah stumm zu, während er vorüberging, aber, er musste heftig dagegen ankämpfen, nicht das Schwert zu ziehen und den Männern eine Lehre zu erteilen. Das Mädchen schrie auf, als ein Soldat sie in die Knie zwang. Dann trat ein anderer heran und schlug ihr die Hand ins Gesicht.
Sadhur nutzte die Gelegenheit. Dermaßen abgelenkt, sahen die Soldaten nicht, wie er in eine Gasse einbog. Erst als er sich in ihrer Dunkelheit unbemerkt fühlte, blieb er kurz stehen und schaute sich um, so gut es ging. Dann eilte er fast lautlos weiter. Er kam an einer niedrigen Tür vorbei und kurz danach zu einem vergitterten, aber offenen Fenster. Licht fiel aus ihm auf die Gasse und erhellte bis zur Hälfte die gegenüberliegende Hauswand. Als Sadhur näher kam, quiekten Ratten in einem Abfallhaufen und huschten hastig fort. Außerhalb des Lichtscheins blieb er stehen und blickte den schattenhaft zu sehenden Nagern nach.
Aus dem offenen Fenster hörte er Gesprächsfetzen.
»… wenn wir wirklich glaubten, dass du eine Verschwörung gegen Du-jum planst, Kiros?«
Sadhur horchte auf.
Die hörbar nervöse Stimme eines jungen Mannes antwortete: »Ich weiß nicht … Aber Sirt, es ist ja ohnehin Unsinn, da wir doch nur den Fall setzen …«
Nun sprach eine barsch klingende Stimme in tiefem Basston: »Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
Die erste Stimme, die des mit Sirt angesprochenen Mannes, sagte unter spöttischem Gelächter: »Aber man spricht über dich.«
»Was?« Kiros Stimme kam nun einem Quieken nahe.
Die beiden anderen lachten laut. Sadhur zitterte förmlich vor Aufregung, während er überlegte, ob er hier auf einen Widerstandskämpfer gestoßen war, der von zwei Soldaten Du-jums in die Enge getrieben wurde, oder ob es lediglich eine keinesfalls ernst gemeinte Unterhaltung nicht mehr ganz nüchterner Saufkumpane war. Alle drei Stimmen sprachen die Mündart der Thesrader.
»Was erzählt man sich über mich?«
»Die kleine, blonde Sklavin aus dem Palast trifft sich heimlich mit dir.«
»Ein hübsches Ding«, bemerkte die barsche Stimme. »Sie scheint auch sonst einige Qualitäten zu haben.«
Der junge›Kiros zwang sich zu einem Lachen. »Ich verstehe. Ihr glaubt, ich benutze sie, um etwas über Du-jum zu erfahren!«
»Ist es nicht so?«
»Und wenn es so wäre? Was würdet ihr unternehmen? Du-jum hat nichts für uns getan. Wir sind jetzt schlimmer dran als zuvor.«
»Frauen – Essen – ein Dach über dem Kopf.«
»Als Omerons Untertan hatte ich das auch zuvor – und ohne Zwang!«
»Der Junge hat da gar nicht so unrecht«, sagte die barsche Stimme zu Sirt.
»Dann wärst du also bereit, dich gegen Du-jum zu wenden?«
»Warum nicht. Wir sind nur Diener, keine Helden. Ich versuche herauszuholen, was ich kann. Und aus Du-jum lässt sich nicht mehr herausholen, fürchte ich.«
»Dann willst du versuchen, Omeron zu finden?« fragte Sirt.
Bassstimme antwortete nicht.
»Na?«
»Ich war in dieser Stadt, als Omeron herrschte. Es ließ sich gut leben hier. Was meinst du, du junger Spund?«
»Ich bin kein Soldat«, antwortete Kiros, »was immer ihr zwei auch glauben mögt. Aber ich wäre bereit, für Omeron zu kämpfen.«
Sadhur vibrierte innerlich vor Erregung. Der Aufstand entwickelte sich von selbst! Doch noch musste er abwarten.
Schritte waren zu hören. »Gehen wir zu deinen Freunden, Kiros. Sie sind schon ungeduldig, nicht wahr?«
»Das stimmt. Aber seid ihr wirklich bereit, uns zu helfen?«
Ehe Sadhur damit rechnete, schwang die Haustür auf. Ein kräftiger Mann trat auf die Gasse, wandte sich in seine Richtung – und sah ihn.
Einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. Dann sagte Bassstimme: »Was suchst du hier? Wer zum …«
Sadhur legte die Hand um den Schwertgriff.
Der zweite Mann, Sirt, kam aus dem Haus, dann der junge Mann, Kiros. Alle drei blickten Sadhur unsicher an.
»Ist euch ernst mit dem, was ihr gesagt habt?« fragte Sadhur. Seine Mundart verriet ohne Zweifel, dass er Thesrader war.
»Ernst womit?«
Bassstimme, der kräftige Mann, schob Kiros zur Seite und stellte sich vor Sadhur. »Dass wir uns gegen Du-jum wenden
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