Der Prinz der Hölle
Aufstand gegen den Zauberer am frühen Morgen geplant war – ein Sturm auf den Palast. Die ersten paar Minuten würden entscheidend sein, denn wenn die Legionen von Du-jums Wächtern überwältigt werden konnten, würden die unterdrückten Bürger sich vielleicht ein Herz fassen und mit Omerons Leuten gegen den Hexer kämpfen.
Aber Sadhur fehlte, und als die letzten der Männer eintrafen, meldete einer bedrückt: »Lord Omeron, wir haben ihn noch gesehen. Er und ein junger Bursche wurden in einem Kampf gegen Du-jums Soldaten überwältigt.«
»Gefangen genommen?« Omerons Stimme zitterte. Er hatte sich kurz ausruhen können, aber sein Gesicht verriet seine immer noch große Müdigkeit.
»Ja, mein Lord.«
Omeron schwieg eine lange Weile. »Dann ist er tot«, sagte er düster.
»Das wissen wir nicht mit Sicherheit«, gab Sonja zu bedenken.
»Nein!« Der Fürst von Thesrad schlug mit der Faust auf die Tischplatte. »Aber es ist anzunehmen, dass er tot ist. Und es ist ebenfalls anzunehmen, dass Du-jum versuchte, alles, was er über uns wusste, aus ihm herauszufoltern. Und wir müssen annehmen, dass es ihm gelang. Aber wir werden mit unserem Plan fortfahren und dabei wachsam auf jegliches Anzeichen von Verrat achten!«
Alle nickten.
Als. es hell genug wurde, um Einzelheiten zu erkennen, ließ Omeron alle den Eid leisten, auf Leben und Tod zu kämpfen, um die Stadt zurückzuerobern.
Auch Sonja leistete diesen Eid. Bald würde sie ihr Bestes geben müssen. Bisher hatte sie noch wenig hier getan, doch das würde sich nun ändern. Wie oft hatte das Schicksal sie schon gezwungen, gegen Zauberei zu kämpfen! Sie war die Rote Sonja, und sie leistete den Eid, nicht nur Omeron in seinem Kampf zu helfen, sondern wie schon so oft zuvor, sie selbst zu bleiben: die Rote Sonja, die hyrkanische Ausgestoßene, die Kriegerin, die ihr Schwert gegen die Mächte der Finsternis führte …
»Euer ist ein ungewöhnliches Los, Rote Sonja von Hyrkanien.«
Aus ihren Gedanken gerissen, wurde Sonja bewusst, dass es der Magier Elath war, der zu ihr sprach. Das Glühen seiner gelben Augen war im Kerzenschein und dem Grau des jungen Tages kaum zu bemerken, und so wirkte er menschlicher.
»Ja, und es überrascht mich nicht, dass Ihr etwas über das Los anderer wisst, Zauberer. Ihr seid ein noch ziemlich junger Mann, nicht älter als fünfundzwanzig, würde ich schätzen. Was veranlasste Euch, Eure Seele der Hölle zu verschreiben?«
Elath seufzte. »Ich bin sicher, Ihr wisst es besser! Zauberei als solche ist nicht böse. Sie kann so gut oder so böse sein, wie der, der sich ihrer bedient. Nur ein höherer Einblick als der, den Zauberei ermöglicht, kann das Böse vom Guten unterscheiden, Das ist der Grund, weshalb viele Zauberer Böses tun. Aber tun nicht auch die meisten Menschen mehr Böses als Gutes, je nach der Macht, über die sie verfügen?«
»Mir scheint Wahrheit aus Euren Worten zu klingen. Doch Zauberei ist voll Täuschung.«
»Eure Voreingenommenheit sitzt tief, Sonja, doch spüre ich nicht weniger starke Zweifel. Auch fühle ich, dass Ihr zumindest einmal in Eurem Leben einem Zauberer begegnet seid, der Gutes für die Welt tat und viel Böses vernichtete. Habe ich nicht recht?«
Leicht gereizt runzelte Sonja die Stirn, doch dann gab sie zu: »Ja … Saureb.«
»Seid nicht so verärgert. Ich lese Eure Gedanken nicht … nur Eure Stimmung. Und Ihr selbst benutzt Zauber, Sonja – auch das spüre ich. Nie begegnete ich jemandem, der besser zu fechten versteht als Ihr; vielleicht gibt es auf der ganzen Welt niemanden, der Euch auch nur ebenbürtig wäre. Aber Eure Geschicklichkeit mit der Klinge entstand nicht auf die gewöhnliche Art und Weise durch Übung; ursprünglich, meine ich. Nehmt Ihr es mir übel, wenn ich frage, wie Ihr sie erlangt habt?«
»Ich … mir wurde Gewalt angetan, und meine Eltern und Brüder wurden vor meinen Augen getötet. Durch schurkische Krieger. Einer verfolgte mich zu einem Heiligtum im Wald. Da erschien mir eine Gottheit – eine Wesenheit – etwas – und verlieh mir Kraft. Ich tötete meinen Peiniger mit dem Schwert meines toten Vaters. Seither begegnete ich niemandem, der mich mit der Klinge hätte schlagen können.«
Elath blickte sie ehrfurchtsvoll an. »Ich bin stolz, Euch kennen gelernt zu haben. Rote Sonja. Gewiss muss Eure eigene Erfahrung Euch doch sagen, dass der Einfluss übernatürlicher Kräfte nicht immer böse ist.«
»Ich … ich weiß es nicht. Aber ich muss, wenn auch
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