Der Prinz der Hölle
fiel und die Homer sie aufspießten.
Ilura, nunmehr in ihrer menschlichen Gestalt, blickte in hilflosem Ärger hinunter. Die tote Prinzessin hing schlaff von den Hörnern, und ihr Blut tropfte auf den Balkon darunter. Die Hexe, die nicht fliegen konnte, hatte sich als menschlich erwiesen – aus Fleisch und Blut wie andere Sterbliche.
Ilura drehte sich wütend um – und sah plötzlich auf dem düsteren Gang einen schlanken jungen Mann in dunklem Umhang, der sie mit gelben Augen beobachtete, die fast so glühten wie ihre eigenen.
»Ich bin Elath, ein Zauberer«, sagte der Mann, als sie näher kam. »Ich habe alles gesehen und gehört. Habt keine Angst …«
»Angst?« Ilura blickte ihn hochaufgerichtet an. »Ich könnte Euch zerschmettern, wo Ihr steht, ob Zauberer oder nicht!«
»Das bezweifle ich nicht, denn ich bin noch Schüler der höheren Künste. Doch habe ich die Gabe des Zweiten Gesichts, so weiß ich, dass Ihr gekommen seid, jenen zu helfen, mit denen ich mich verbündet habe. Ich spürte Euch, als Ihr den Palast betratet, und machte mich sofort auf die Suche nach Euch, statt am Kampf teilzunehmen, bei dem ich mit meinen geringen Fähigkeiten von wenig Nutzen gewesen wäre.«
»Wenn Ihr alles gehört habt, müsst Ihr auch wissen, dass ich das Zepter Ixcatls suche, das Du-jum aus Sithras Tempel stahl.«
»Es ist in seinem Gemach, in einem kleinen Kasten hinter dem Bücherregal beim Fenster. Er zeigte es meinen Brüdern und mir einmal. Doch kann ich Euch nur raten, nicht zu versuchen dort einzudringen, denn in seiner Abwesenheit werden seine Gemächer von Dämonen geschützt, derengleichen sogar Ihr scheuen würdet.«
»Sogar ich? So wisst Ihr, wer ich bin?« fragte Ilura.
Unwillkürlich schluckte Elath. »Ich hörte, wie Ihr zu der Frau sagtet, die aus dem Fenster sprang, dass Ihr Ilura seid. Doch weiß ich auch, was Ihr seid – und ich fühle mich hochgeehrt, denn nie hätte ich mir auch nur träumen lassen, je einer der Schlangenfrauen zu begegnen, selbst einer halbmenschlichen. Und schon gar nicht, wenn Ihr gestattet, dass ich das sage, einer so bezaubernd schönen.«
»Ihr bewundert also meine Kunst?« Abfällig warf Ilura den Kopf zurück. »Wenn Ihr so viel wisst, müsst Ihr auch wissen, dass diese Form genauso Täuschung ist wie meine Schlangengestalt, obwohl die jetzige aufrechtzuerhalten weniger Kraft kostet. Kein Mensch hat mich je gesehen, wie ich wirklich bin, und nie wird es einer.«
»Ich fürchte, das können wir Menschen von uns ebenfalls sagen. Aber wir vergeuden Zeit. Omerons Männer kämpfen gegen eine Übermacht im Thronsaal. Ich spüre, dass Ihr allein gekommen seid …«
»Diesmal trügen Eure Sinne Euch, Mann mit dem Zweiten Gesicht. Ich habe eine mächtige Armee mitgebracht. Sie ist gerade dabei, Du-jums Truppen in der Stadt zu töten.«
»Eine Armee?«
»Meiner eigenen Diener.«
»Ah!« Elath verstand nun. »Doch nun müsst Ihr Euch beeilen, Ilura, wenn Ihr Omeron helfen und Euren Feind finden wollt.«
Ilura eilte bereits den Gang entlang zu der Treppe, die ins Erdgeschoß und zum Thronsaal führte, in dem sich Du-jum befand.
Im Lager am Berghang ‚saßen die Soldaten im Schein des Mondes und der Sterne um ihre Feuer, und ihre Ungeduld wuchs.
»Sie sind schon zu lange fort«, sagte Omerons stellvertretender Befehlshaber. »Wir müssen nach Ribeth um Verstärkung schicken, wie Lord Omeron uns beauftragte.«
Drei Männer wurden ausgewählt: zwei junge kräftige und ein dritter, der sich in den Bergen auskannte.
»Wenn ihr in zwei Tagen nicht zurück seid«, sagte der Offizier, »reiten wir allein in die Stadt.«
»Es ist besser, ihr seid hier, wenn wir wiederkommen. Wir werden es in weniger als zwei Tagen schaffen«, versicherte ihm der mit den Bergen vertraute Soldat.
So ritten die drei in die Nacht hinaus und den Gefahren entgegen, die die nächtlichen Hänge bargen. Trotzdem bedrängte sie fast etwas wie ein Schuldgefühl, als ließen sie ihren Fürsten im Stich.
9
Wütend schrie Sonja auf, als ein Messer ihren Arm streifte. Mit der Behändigkeit einer Löwin wirbelte sie herum und stach ihr Schwert dem Angreifer mit einer Flinkheit in die Brust, mit der er nicht hatte rechnen können. Er taumelte rückwärts gegen zwei Kameraden, die dadurch ins Stolpern kamen, was das Durcheinander noch größer machte.
Omerons Soldaten, gemeinsam mit den befreiten Gefangenen, den Edlen und ihren Dienern, bedrängten Du-jums völlig entmutigte Männer mit der
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