Der Prinz von Astrilandis
Augenblick würden sie ihre Worte nicht mehr erreichen. Enttäuscht wandte Myadne sich ab und verließ die Gemächer ihrer Mutter, um sich in die Kleiderkammer zu begeben und dort nach ihren neuen Gewändern für das Sanivalafest zu sehen.
Wie jedes Jahr zur Feier dieses Festes bereiteten die Bürger von Subsidonos eine Prozession entlang der Küste vor, da dort an verschiedenen Altären mit Musik und Tanz dieses Fest begangen werden sollte. In den vergangen Jahren war Laonira und Myadne bei diesem Festzug jeweils auf einem Thron, der von vier Dienern mit Stangen auf den Schultern gehalten wurde, von Altar zu Altar getragen worden. Körbe von Blüten in allen Farben, die Bauersfrauen und Kinder gesammelt hatten, wurden am Vorabend auf der ganzen Insel verteilt. Sie sollten während des Umzuges über die Herrschenden gestreut werden. Für die Altäre waren neue Decken gewebt und Statuen aufgestellt worden, die mit Blütenkränzen auf die Ankunft der Königin warteten. Händler der umliegenden Inseln hatten allerlei Tand nach Miatris gebracht, denn die Bevölkerung feierte das Sanivalafest nicht nur einen Tag und eine Nacht wie die Königin, sondern acht Tage mit großen Trinkgelagen und ausgelassenen Tänzen, für die mancherlei Schmuck gebraucht wurde. Es wurden viele Lämmer geschlachtet und Hühner geköpft, Fische ausgenommen, Früchte und Gemüse geerntet, bis das Festessen zubereitet war. Die Rauchschwaden der Herdfeuer zogen bis in den Palast und überall roch es nach gebratenem Fleisch und Fisch.
So kurz vor dem Fest wurde Laonira klar, dass sie den Ältestenrat noch einmal um sich versammeln musste, um ihm die künftige Rolle Krotos zu erklären. Vidanus war der einzige der Getreuen, der Laoniras Entscheidung, mit Krotos den Thron von Miatris zu teilen, einverstanden war. Eine schwierige Aussprache stand ihr bevor. Einen goldenen Thron, der neben ihr durch die Lande getragen werden sollte, hatte sie schon anfertigen lassen. Alle Menschen sollten sehen, dass die Herrscherin der Insel nicht mehr allein war.
Am Abend vor dem Sanivalafest trafen sich alle Männer des Ältestenrates auf Einberufung ihrer Herrin im Goldenen Saal des Palastes von Subsidonos. Dieser Saal war der größte und prächtigste auf der ganzen Insel. Er war großen Feierlichkeiten vorbehalten und wurde höchstens einmal im Jahr von der Königin für die Bewirtung der Fürsten aus den umliegenden Inseln benutzt. In diesem Saal wollte sie Krotos Ernennung zum Königsgemahl vornehmen. Die Ältesten hatten sich um den großen runden Tisch versammelt, als Laonira den Saal zusammen mit ihren Zofen betrat. Sie stieg umständlich auf das Podest und setzte sich auf die Marmorbank, die seitlich von zwei Seeschlangen begrenzt war.
Ihre Wangen waren gerötet, als sie zu sprechen begann: „Verehrter Ältestenrat“, sagte sie und sah dabei prüfend in die Runde, „das was ich Euch heute verkünden werde, bedeutet mir sehr viel und ich hoffe, dass Ihr meine Entscheidung gut heißt und mit dem Herrscherhaus zusammen weiter die Macht für dieses Inselreich bewahrt.“ Die Anwesenden sahen Laonira gespannt an, denn die Herrscherin sprach selten so förmlich, wenn es um Entscheidungen für die Inseln ging. Leonora fuhr fort. „Es ist inzwischen bekannt, dass ich einen Mann erwählt habe, der künftig zusammen mit mir auf dem Thron von Miatris regieren soll. Um ihren Worten noch mehr Nachdruck zu verleihen, stand sie auf und sagte: „Krotos wird neben mir der neue Herrscher von Miatris, die Heirat wird während des Sanivalafestes stattfinden, wo er die Krone und das Szepter der Insel erhalten wird.“
Die anwesenden Ratsherren sahen sich untereinander erbost an. Unwilliges Murren ging durch die Versammlung. Einer der Ältesten stand auf und sagte: „Unser König kann kein Astrilandier sein, wir akzeptieren nur einen Salsivaria!“ Laoniras Röte im Gesicht vertiefte sich. Mit ihrem Regierungsstab zeigte sie auf den Ältesten und rief: „Wer, alter Mann, gibt Dir das Recht, so mit Deiner Königin zu sprechen?“ Der Älteste verbeugte sich leicht und antwortete: „Herrin, ich spreche nicht nur für mich“, dabei sah er in die Runde, „auch die hier anwesenden Räte sind meiner Meinung. Wer sagt uns denn, dass dieser Astrilandier nicht Miatris dem Reich seines ehemaligen Herrschers einverleiben wird? Sein Ruf als Kriegsheer und Vertrauter Pantheers ist uns nicht verborgen geblieben.“ Die Mitglieder des Ältestenrates klopften mit ihren Stäben
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