Der Prinz von Astrilandis
er losgezogen, ein Mädchen zu suchen. Sie wünschte sich, dass dieser Junge nicht nach Mita sondern nach ihr gesucht hätte. Ihre prüfenden Blicke entgingen Hero nicht. Ihr Misstrauen war berechtigt, da er nicht wie ein künftiger Herrscher aussah, ohne Kleidung und ohne Schuhe. Er konnte es ihr nicht übel nehmen, dass sie ihm keinen Glauben schenkte.
Als sie endlich die Anhöhe erklommen hatten, bot sich ihnen ein unglaublicher Ausblick. Sie sahen eine neue höhere Bergkette, die den Horizont abschloss wie eine schwarze Wand. Diese Berge waren noch schroffer und abweisender als, die, auf denen sie jetzt mit ihren Pferden standen. Davor auf einem einzelnen Bergkegel thronte die Felsenburg Windurs: Scaramatos. Jetzt aus der Nähe war sie noch imposanter. Die vielen eckigen Türme, die hoch in den Himmel ragten und die massigen Gebäude und umgebende Ringmauer, die den ganzen Berggipfel einschloss, wirkte uneinnehmbar. Einzelne Terrassen aus schwarzem Gestein, die sich wie Bänder um den Felsenblock legten, sorgten dafür, dass man mit Pferden bis zur Burgfestung hinauf reiten konnte. Ganz oben jedoch verhinderte der schroff abfallende Fels, auf dem die einzelnen Türme und Häuser standen, ein Weiterkommen. Nur ein schmaler Pfad führte hinauf zu einer eisernen Türe, die höher war als zwei Pferde übereinander und die dem Ankömmling den Weg verschloss.
Hero holte tief Luft, als er sah, dass sie nun einen weiteren Abstieg vor sich hatten, der noch steiler war als der Aufstieg und dann galt es noch, die Felsterrassen bis zur Burg Scaramatos zu überwinden. Trotzdem war er froh, dass sie es soweit geschafft hatten und ihr Ziel nun direkt vor ihnen lag. Er hoffte, dass dort Mita auf ihn wartete und ohne den Freunden eine Verschnaufpause zu gönnen, trieb er Volcano an, den Weg ins Tal anzutreten.
Je näher sie der Burg kamen, desto geringer war ihre Aufmerksamkeit gegenüber ihrer Umgebung. Hero sah Mita schon vor sich, wie sie ihm entgegen lief und mit ihm den Rückweg antrat. Er glaubte fest daran, endlich am Ziel seiner Wünsche zu sein. Dass sie seit längerer Zeit von einer Horde Männer und Dorots verfolgt wurden, hatte keiner der Freunde bemerkt. Erst als Melia von einem Pfeil getroffen vom Pferd sank, erkannte Hero, dass sie viel zu unvorsichtig dahin geritten waren. Bevor er ihr zu Hilfe eilen konnte, griffen ihn drei Vassonier an, die Kanto und Ipmeos bereits vom Pferd gestoßen hatten. Hero hatte schnell sein Schwert in der Hand und wehrte sich nach Leibeskräften. Doch drei waren zuviel für ihn. Auch hatte er das Gefühl, dass sein Schwert nicht mehr die Leichtigkeit besaß, wie am Anfang. Als der erste Vassonier getroffen das Weite suchte, kam von hinten Kanto und hieb mit seiner Waffe auf die anderen beiden ein. Ipmeos wurde von zwei Dorots angegriffen, die mit kurzen Dolchen und fürchterlichem Geschrei auf ihn einschlugen. Sein Pferd ging in die Knie und Ipmeos sprang geistesgegenwärtig herunter und stach den ersten Dorot mitten in die Brust. Noch nie hatte er ein so hässliches Geschöpf gesehen. Es glotzte ihn aus blutunterlaufenen Augen an und das klebrige Haar, das den ganzen Oberkörper bedeckte stank nach Abfall und Kot. Es hatte Hände aus dreizehigen Klauen mit langen schwarzen Nägeln, die an einen Greifvogel erinnerten. Langsam fiel der Dorot nach hinten über und streckte seine dreckverkrusteten Hufe in die Luft. Die lange wabbelige Nase, die über den Mund herabhing und das ganze Gesicht beherrschte, hatte sich nach oben gestülpt und entblößte spitze Zähne, die dem Gebiss eines Wolfes nicht unähnlich waren. Der andere Dorot war Ipmeos auf den Rücken gesprungen und versuchte, ihm mit dem Dolch die Kehle durchzuschneiden. Doch Hero eilte ihm im letzten Moment zu Hilfe. Einer seiner Giftpfeile traf den Dorot in den Rücken, der sofort den Dolch fallen ließ und schreiend umstürzte. Hero hatte zusammen mit Kanto die Vassonier getötet, und war wie durch ein Wunder selbst unverletzt geblieben. Als sie auch den letzten Verfolger in die Flucht geschlagen hatten, eilten sie zu Melia, die leblos neben Ipmeos Pferd lag. Hero bückte sich, um zu fühlen, ob sie noch am Leben war. Sie hatte die Augen geschlossen und ihr Mund stand offen. Ein schmales Rinnsal Blut lief heraus. Hero sagte tonlos zu seinen Freunden: „Sie ist tot.“ Melias Bruder kauerte neben seiner Schwester. Er gab keinen Laut von sich. Seine Augen waren weit aufgerissen und er rang nach Luft. Verständnislos blickte er
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