Der Prinz von Atrithau
lachten, wenn er sie grüßte. Einen Moment lang fürchtete er, ihm bliebe das Herz stehen. Wie hatte er nur einen solchen Narren aus sich machen können!
Trotz der Rauchgefäße begann es nach Kot zu stinken.
Innerhalb kürzester Zeit schienen aus Hunderten Tausende geworden, und je mehr sie wurden, desto unverschämter wurden sie. Entsetzt sah Xerius immer mehr ungewaschene Gesichter im Fackelschein auftauchen. Alle sahen ihn an – einige anklagend oder in stiller Verachtung, andere mit spöttischem Lächeln, und wieder andere brüllten in geiferndem Zorn. Die Prozession zog noch immer ungehindert weiter, hatte inzwischen aber ganz; und gar keinen festlichen Charakter mehr. Xerius schluckte. Kalter Schweiß rann ihm über die Haut, und er richtete den Blick wieder fest auf die steifen Nacken der Kavalleristen vor ihm.
Genau das will er, sagte er sich. Denk daran, die Disziplin zu wahren!
Offiziere brüllten Befehle. Die Kidruhil zogen ihre Knüppel.
Als die Prozession über den Rattenkanal kam, konnte Xerius kurz aufatmen. Er sah Vergnügungskähne im schwarzen Wasser vor Anker liegen und in von Fackeln erhellten Weihrauchschleiern treiben. Kaufleute und Konkubinen erhoben sich von ihren Kissen und hielten Lehmtafeln in die Luft, deren Segenssprüche ihm galten. Doch Xerius musste feststellen, dass ihre Blicke sich rasch von ihm abwandten und in Richtung des Mobs gingen.
Kaum hatte die Prozession die Brücke überquert, drängten die aufsässigen Bewohner der Hauptstadt erneut heran. Selbst Frauen, Alte, Kranke und sogar Kinder schwangen nun schreiend die Fäuste… Als Xerius zur Seite blickte, sah er einen pockennarbigen Mann einen verfaulten Zahn auf der Zunge rollen und gegen seinen Wagen spucken.
Sie verabscheuen mich wirklich, begriff er – sie hassen mich… Mich!
Doch das wird sich ändern, rief er sich in Erinnerung. Wenn alles vorbei ist und sich die Früchte meiner Arbeit zeigen, werden sie mir zujubeln wie noch nie einem Kaiser. Sie werden jubeln, wenn Massen heidnischer Sklaven Momemn Tribut zollen und geblendete Könige in Ketten zu meinen Füßen gezerrt werden. Mit abgeschirmten Augen werden sie mich ansehen und begreifen, dass ich tatsächlich der Aspektkaiser und aus den Ruinen von Kyranae und Cenei zurückgekehrt bin, um die Welt zu beherrschen und die Bewohner meines Reichs zu zwingen, sich vor mir zu verbeugen und mir das Knie zu küssen.
Ich werde es ihnen zeigen! Die werden schon sehen!
Sie kamen auf den riesigen Platz vor dem Cmiral, wo der Donner der Massen nochmals zunahm. Der Lärm und dessen Bedeutung raubte Xerius den Atem und betäubte ihn. Die vorderen Kidruhil hielten an, und sofort versuchten die unruhigen Pferde auszubrechen. Eins bäumte sich sogar auf. Die hinteren Kidruhil galoppierten nach vorn, um die Flanken zu sichern. Alle schwangen warnend die Knüppel und schlugen auf jeden ein, der ihnen zu nahe kam. Jenseits ihrer kleinen Insel aus glänzenden Rüstungen und Fackeln war die Welt wilder Tumult. Von den Tempeln links und rechts bis zu den großen Basaltpfeilern des Xothei am Kopfende war der Platz voller verarmter Menschen, die gegen ihre Lebensumstände aufbegehrten.
Xerius umklammerte die Brüstung seines Wagens, bis seine Fingerknöchel weiß waren und ihm die Hände schmerzten. Die Menge ringsum skandierte wieder und wieder diesen Namen…
Er hatte Angst, fühlte sich schwindlig und hatte das Gefühl, innerlich ins Leere zu stürzen.
Hat er sie gegen mich aufgestachelt? Soll das ein Anschlag auf mich sein?
Er beobachtete, wie seine Kidruhil mit ihren Knüppeln erst eine Gasse, dann einen Keil in die Menge trieben. Plötzlich grinste er und biss mit wildem Vergnügen die Zähne zusammen. Mit dem Blut von Sterblichen bestätigen die Götter ihre Göttlichkeit, dachte er grimmig. Die Menge drängte gegen die vorderen Kidruhil, und der Lärm schien sich zu verdoppeln. Mehrere Reiter in glitzernder Rüstung verschwanden von ihren Pferden, und andere Kidruhil füllten die Lücken, hoben die Knüppel und ließen sie auf die Menge niedersausen. Auch Schwerter wurden gezogen.
Der Wagenlenker hielt das Gespann ruhig und blickte den Kaiser nervös an.
Du schaust einem Kaiser in die Augen?
»Vorwärts!«, brüllte Xerius. »Mitten rein! Na los!«
Lachend beugte er sich vom Wagen und bespuckte sein Volk, das den Namen eines anderen rief, obwohl er, Ikurei Xerius III. doch gottgleich in seiner Mitte weilte. Könnte ich doch geschmolzenes Gold spucken!, dachte
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