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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Kellhus«, sagte er.
    Xinemus zog die Brauen hoch. »Er beunruhigt Euch?«
    Proyas rieb sich den Nacken und verzog das Gesicht. »Ehrlich gesagt habe ich nie einen Mann gekannt, der mich weniger beunruhigt hätte, Xin.«
    »Und genau das macht Euch zu schaffen.«
    Vieles machte ihm zu schaffen, nicht zuletzt das Desaster von Hinnereth. Conphas und der Kaiser hatten sie ausgetrickst. Das durfte nie wieder geschehen!
    Eigentlich hatte er keine Zeit und kaum Geduld für solche persönlichen Angelegenheiten.
    »Was hältst du von ihm, Xin?«
    »Er macht mir Angst«, sagte der Marschall geradeheraus.
    Proyas runzelte die Stirn. »Wieso?«
    Xinemus blickte ins Leere, als suchte er nach einem Text in seinem Inneren. »Ich habe so manchen Kelch mit ihm geleert«, meinte er zögernd. »Ich habe manches Brot mit ihm geteilt und kann, gar nicht aufzählen, was er mir alles gezeigt hat. Irgendwie macht seine Gegenwart mich… zu einem besseren Menschen.«
    Proyas schaute auf die in den Teppich gestickten Flügel zu seinen Füßen. »Das kenne ich.«
    Er spürte, dass sein alter Lehrer ihn mal wieder musterte, als sähe er durch die trügerischen Insignien des Mannesalters hindurch den schwächlichen kleinen Proyas, der nie den Übungsplatz verlassen hatte.
    »Er ist nur ein Mensch, mein Prinz. Das sagt er selbst. Außerdem sind wir…«
    »Wie geht es Achamian?«, fragte Proyas unvermittelt.
    Der stämmige Marschall machte ein finsteres Gesicht, vergrub zwei Finger zwischen den Zöpfen seines Barts und kratzte sich am Kinn. »Ich dachte, dieser Name sei tabu.«
    »Ich frag ja bloß.«
    Xinemus nickte argwöhnisch. »Gut. Sehr gut sogar. Er hat sich eine Frau genommen, seine alte Liebe aus Sumna.«
    »Ja – Esmenet, nicht wahr? Eine ehemalige Hure.«
    »Sie tut ihm gut«, sagte Xinemus verteidigend. »Ich hab ihn nie so zufrieden und glücklich gesehen.«
    »Aber du klingst besorgt.«
    Xinemus kniff kurz die Augen zusammen und seufzte dann tief. »Wahrscheinlich«, meinte er und sah an Proyas vorbei, »denn solange ich ihn kenne, ist er Ordensmann der Mandati gewesen. Aber inzwischen… Ich weiß nicht.« Er blickte auf und sah seinem Prinzen in die Augen. »Er redet fast gar nicht mehr von den Rathgebern und seinen Träumen. Ihr würdet das vermutlich gutheißen.«
    »Dann ist er verliebt«, sagte Proyas und schüttelte den Kopf. »Liebe!«, rief er ungläubig aus. »Bist du sicher?« Ein Grinsen überkam ihn.
    Xinemus kicherte regelrecht. »Er ist verliebt, ganz klar. Er denkt seit Wochen nur noch an das eine.«
    Proyas lachte und sah zu Boden. Akka verliebt! Das schien zugleich unmöglich und seltsam unvermeidlich.
    Männer wie er brauchen Liebe, dachte Proyas – Männer, die anders sind als ich.
    Es entstand eine unangenehme Stille. Proyas stieß einen tiefen Seufzer aus. Im Gespräch mit jedem anderen hätten sich diese Fragen ganz selbstverständlich ergeben, ohne Zweifel oder Vorbehalt. Wie konnte sein geliebter Xin nur so begriffsstutzig sein bei etwas, das anderen Männern förmlich ins Auge sprang?
    »Unterrichtet er Kellhus noch?«, fragte Proyas.
    »Jeden Tag.« Der Marschall lächelte matt. »Darum geht es hier doch eigentlich, oder? Ihr wollt unbedingt glauben, dass Kellhus mehr ist, aber…«
    »Was Saubon anlangt, hatte er Recht!«, rief Proyas. »Bis in die Einzelheiten, Xin. Bis in alle Einzelheiten!«
    »Und dennoch«, fuhr Xinemus fort und runzelte über die Unterbrechung die Stirn, »verkehrt er öffentlich mit Achamian. Mit einem Hexenmeister.«
    Xinemus hatte das Wort spöttisch so artikuliert, wie andere es taten: als handele es sich um etwas absolut Ekelhaftes.
    Proyas wandte sich zum Tisch und schenkte sich ein Glas Wein ein. Er schmeckte ihm seit einiger Zeit ausgezeichnet.
    »Was denkst du also?«, fragte er.
    »Ich denke, Kellhus sieht in Akka einfach das Gleiche wie ich – das, was auch Ihr einmal in ihm gesehen habt… Wisst Ihr, die Seele kann gut sein, auch wenn…«
    »Der Stoßzahn sagt: ›Verbrennt sie, denn sie sind unrein! ‹ Klarer kann man es nicht formulieren«, stieß Proyas hervor. »Kellhus verkehrt mit einem Scheusal. Genau wie du.«
    Xinemus schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht glauben.«
    Proyas musterte ihn durchdringend. Warum war ihm so kalt?
    »Dann kannst du dem Stoßzahn nicht glauben.«
    Der Marschall wurde blass, und zum ersten Mal sah der Prinz so etwas wie Angst auf dem Gesicht seines alten Fechtlehrers – Angst! Er wollte sich entschuldigen, das Gesagte

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