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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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brennt.«
    Esmenet konnte nur blinzeln.
    »Die Scharlachspitzen haben sie zerstört.«
    Sie drehte sich zur Seite, doch Achamian lag nicht neben ihr.
     
     
    Etwas in Xinemus’ Miene traf Proyas ins Mark. Er sah weg, strich gedankenverloren mit dem Daumen über den Rand seines goldenen Weinkelchs, der leer vor ihm auf dem Tisch stand, und betrachtete die schimmernden Adler, die ins Metall getrieben waren.
    »Und was soll ich deiner Meinung nach tun, Xin?«
    Der Marschall sah ihn so ungläubig wie ungeduldig an. »Alles, was in Eurer Macht steht!«
    Er hatte Proyas zwei Tage zuvor über die Entführung Achamians informiert. Nie hatte der Prinz von Conriya ihn so außer sich vor Sorge erlebt. Auf sein Geheiß hin wurde Befehl gegeben, Therishut zu verhaften – einen Baron von der Südgrenze, an den er sich kaum erinnern konnte. Dann war Proyas nach Iothiah geritten und hatte eine Audienz bei Eleäzaras verlangt und erhalten. Der Hochmeister war entgegenkommend gewesen, hatte die Anschuldigungen des Marschalls aber kategorisch abgestritten und behauptet, seine Leute seien bei der Inspektion der Sareotischen Bibliothek auf eine verborgene Zelle von Cishaurim gestoßen. »Auch wir betrauern den Tod zweier unserer Ordensmänner«, sagte er ernst.
    Als Proyas mit gebührender Höflichkeit fragte, ob er einen Blick auf die sterblichen Überreste der Cishaurim werfen dürfe, antwortete Eleäzaras: »Ihr könnt sie gern mitnehmen… Habt Ihr einen Sack dabei?«
    Sieh doch endlich ein, wie vergeblich deine Bemühungen sind, stand dabei in seinen Augen zu lesen.
    Doch Proyas hatte die Vergeblichkeit des Unterfangens von Anfang an gesehen – unabhängig davon, ob sie Therishut würden aufspüren können. Bald würde der Heilige Krieg den Sempis überschreiten und Skauras auf dem Südufer angreifen. Die Männer des Stoßzahns brauchten die Scharlachspitzen, und zwar unbedingt, wenn die Aussagen des Scylvendi zutreffend waren. Was war schon das Leben eines Einzelnen – noch dazu eines Gotteslästerers – angesichts dieser Notwendigkeit? Gott verlangte Opfer.
    Proyas sah die Vergeblichkeit – er sah kaum etwas anderes! Schwierig war nur, auch Xinemus klar zu machen, wie vergeblich seine Bemühungen waren.
    »Alles, was in meiner Macht steht?«, wiederholte der Prinz. »Und was soll das sein, Xin? Welche Macht hat ein Prinz von Conriya über die Scharlachspitzen?«
    Er bedauerte, unduldsam zu klingen, aber der Marschall ließ ihm keine Wahl.
    Xinemus stand weiter so angespannt da, als wäre er auf dem Exerzierplatz. »Ihr könntet einen Rat einberufen…«
    »Das könnte ich, aber welchem Zweck sollte das dienen?«
    »Welchem Zweck?«, wiederholte Xinemus entsetzt. »Welchem Zweck das dienen würde?«
    »Ja. Die Frage mag schlimm sein, ist aber ehrlich.«
    »Versteht Ihr denn nicht?«, rief Xinemus. »Achamian ist nicht tot und vergangen! Ich verlange nicht, dass Ihr ihn rächt! Sie haben ihn entführt und halten ihn irgendwo in Iothiah gefangen. Sie verhören ihn mit Methoden, die wir uns nicht vorstellen können. Die Scharlachspitzen haben Achamian!«
    Für die Bewohner von Ainon waren die Scharlachspitzen der Schrecken schlechthin. Proyas atmete tief durch. Gott hatte seine Prioritäten gesetzt.
    Glaube macht stark.
    »Xin, ich weiß, wie sehr dich das quält. Ich weiß, dass du dich verantwortlich fühlst, aber…«
    Der Marschall stützte sich auf die Ecken des Tischs und beugte sich über das Bündel Pergament, das darauf lag. »Habt Ihr so wenig von ihm gelernt? Oder war Euer Herz schon in Kindertagen aus Stein? Es geht um Achamian, Proyas – um den Mann, der Euch abgöttisch liebte, zärtlich umsorgte und zu dem gemacht hat, der Ihr seid!«
    »Obacht, Marschall! Ich werde nicht tolerieren, dass…«
    »Ihr werdet mich bis zu Ende anhören!«, polterte Xinemus und schlug mit der Faust auf den Tisch. Der goldene Kelch kippte um und rollte über die Kante.
    »Unnachgiebig wie Ihr seid«, knirschte der Marschall, »wisst Ihr, wie diese Dinge laufen. Erinnert Ihr Euch, was Ihr auf den Andiamin-Höhen gesagt habt? ›Das Spiel ist ohne Anfang und Ende.‹ Ich verlange nicht von Euch, das Lager von Eleäzaras zu stürmen, Proyas – ich bitte Euch nur darum, das Spiel zu spielen! Erweckt den Eindruck, Ihr würdet vor nichts Halt machen, um Akka in Sicherheit zu sehen, und Ihr wäret gewillt, ihnen den Krieg zu erklären, falls er getötet wird. Wenn sie glauben, Ihr würdet alles – selbst das heilige Shimeh – aufgeben,

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