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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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lang gezogen und niedrig, und überall standen Regale. Die Eindringlinge waren irgendwo in der Nähe, hasteten zwischen Reihen vermodernden Wissens hin und her und kreisten ihn von allen Seiten ein.
    Waren sie wegen der Gnosis gekommen? Wissen war stets ein Objekt der Habgier, und vielleicht war kein Wissen im Gebiet der Drei Meere so wertvoll wie die Gnosis. Aber inmitten des Heiligen Kriegs einen Ordensmann der Mandati zu entführen? Man sollte meinen, die Scharlachspitzen hätten weit dringendere Sorgen – die Cishaurim zum Beispiel.
    Das sollte man meinen. Aber was war mit den Hautkundschaftern? Und mit den Rathgebern?
    Sie wussten, dass er Gerüchten über gnostische Texte bestimmt nachgehen und sich in einer Bibliothek am sichersten fühlen würde. Wer würde solche Schätze aufs Spiel setzen? Seine Ordensbrüder sicher nicht – egal, welche Böswilligkeiten sie im Sinn haben mochten.
    Er begriff, dass das Ganze eine äußerst raffinierte Falle war, in die auch Xinemus einbezogen war. Wie ließe sich ein stets misstrauischer Ordensmann der Mandati auch besser einlullen als dadurch, dass der beste Freund den Köder auslegte?
    Xinemus? Nein, das war unmöglich.
    Gütiger Sejenus…
    Achamian schnappte den Rucksack, hetzte durch die Finsternis, krachte gegen ein schweres Regal mit Schriftrollen, spürte Papyrus unter seinen Fingern zerbröseln, warf den Rucksack in das Durcheinander und stolperte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
    Sie waren näher gerückt. Auf Höhe der Regale, die ihm gegenüberstanden, glitten Lichter über die Decke.
    Er wich in die kleine Nische zurück, in der er eingeschlafen war, und begann, eine Reihe kurzer Abwehrformeln zu sprechen. Licht blitzte von seinen Lippen und spürte durch das Dunkel vor ihm wie grelles Sonnenlicht, das durch Nebel dringt.
    Aus den schwankenden Bücherreihen drang ein dunkles Murmeln: lauernde und doch einschmeichelnde Worte, die wie Ungeziefer an den Mauern der Welt nagten.
    Dann grelles Licht, das die Regale vor ihm für den Bruchteil einer Sekunde in einen morgendämmernden Horizont verwandelte… Der Explosion folgte eine Fontäne aus Asche und Feuer.
    Die Druckwelle sog ihm die Luft aus den Lungen, und die Hitze ließ das Mauerwerk ringsum Risse bekommen, doch Achamians Abwehrzauber hielt.
    Er blinzelte. Es war wieder fast dunkel.
    »Ergib dich, Drusas Achamian! Wir sind in der Überzahl!«
    »Eleäzaras?«, rief er. »Wie oft habt ihr Narren versucht, uns die Gnosis zu entringen? Ihr seid noch jedes Mal gescheitert!«
    Er atmete flach, und sein Herz hämmerte.
    »Eleäzaras?«
    »Du bist verdammt, Achamian! Willst du auch die Schätze um dich herum mit in den Untergang reißen?«
    »Lass das, Eleäzaras!«, rief er mit brechender Stimme.
    »Zu spät, Hexenmeister…«
    Aber Achamian hatte in Richtung des ersten Angreifers einen geheimen Zauberspruch geflüstert. Die fünf Zeilen glitten über die in Trümmern liegenden Regale, durch den Rauch und die zu Boden schwebenden Papiere. Als sie ihr Ziel erreichten, schien die Luft Risse zu bekommen. Sein unsichtbarer Feind schrie erstaunt auf. So war es immer, wenn einer mit der Gnosis in Berührung kam. Achamian murmelte weiter alte Zaubersprüche und Formeln, um die Abwehr des Gegners ständig zu bedrängen, ihn aus der Fassung zu bringen und seine Konzentration zu beeinträchtigen.
    Blendende Geometrien schossen durch den Rauch; Strahlen und Parabeln aus messerscharfem Licht brachen durch Holz und Papyrus und schnitten durchs Mauerwerk. Der Ordensmann der Scharlachspitzen schrie und wollte fliehen, doch die Energie, die Achamian auf ihn gerichtet hatte, ließ ihn buchstäblich bei lebendigem Leibe kochen.
    Von hier und dort glimmenden Feuern abgesehen, war es in den Trümmern der Bibliothek finster. Achamian hörte die anderen Ordensmänner erschrockene und aufgeregte Worte wechseln und spürte, wie sie zwischen den Regalresten herumkletterten, um sich hastig zu versammeln.
    »Denk noch mal nach, Eleäzaras! Wie viele willst du opfern?«
    Flammen fauchten, und Regale stürzten krachend ein. Feuer überschwemmte seinen Abwehrzauber wie schäumende Gischt. Ein Blitz, dem ein lauter Donner folgte, erhellte den Raum von einer Ecke zur anderen. Achamian kam stolpernd auf die Knie und hatte alle Mühe, seinen Abwehrzauber aufrechtzuerhalten.
    Er schlug mit Ableitungen und Abstraktionen zurück. Er war Ordensmann der Mandati, hochrangiger Hexenmeister der Gnosis und Meister der Kriegsführung qua

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