Der Prinz von Atrithau
ihrem Posten. Mochten ihre Reihen auch gelichtet sein, so kämpften sie doch entschlossener denn je.
Und sie stimmten ihr altes Siegeslied wieder an, das ihnen nun eher wie eine Prophezeiung erschien:
Zum Kriegführen sind wir gekommen,
Und ein Gemetzel werden wir anrichten.
Und am Abend werden die Götter
Aus unseren Augen schauen!
Im Laufe des Nachmittags fielen erneut zahlreiche Kämpfer. Graf Wanhail von Kurigald wurde bei einem Gegenangriff vom Pferd geschleudert und brach sich das Genick. Prinz Narradha, der jüngste Bruder von Skaiyelt, bekam einen Pfeil ins Auge. Die Hitze hatte einige Überlebende so erschöpft, dass sie zusammenbrachen. Einige verloren vor Kummer den Verstand, verfielen in Raserei und mussten zu den Priestern ins Lager geschafft werden. Die anderen aber konnte nichts erschüttern. Die Fußsoldaten hatten ihr Lied wieder angestimmt, und dieses Lied hatte ihre Leidenschaft aufs Neue entfacht. Das Trommeln der Fanim wurde leiser und letztlich übertönt. Tausende sangen ein Lied, das schon ein paar tausend Jahre alt war.
Und am Abend werden die Götter
Aus unseren Augen schauen!
Je näher der Sonnenuntergang rückte, desto stärker wichen die Fanim vor der Linie der Inrithi zurück und desto verzagter wurden ihre Angriffe, denn sie sahen Dämonen aus den Augen ihrer götzendienerischen Feinde schauen.
Skauras hatte schon zum Rückzug geblasen, als Proyas und seine silbern maskierten Männer aus Conriya über die westlichen Hänge gesprengt kamen. Ohne ein Signal abzuwarten, preschten die Galeoth, Tydonni und Thunyeri aufs Schlachtfeld. Die erschöpften und verzagten Fanim gerieten in Panik, und ihr Rückzug glich einer Flucht. Die Ritter aus Conriya sprengten zwischen sie, und das große Heer des Skauras von Nalajan, des Sapatishah-Gouverneurs von Shigek, wurde niedergemetzelt. Unterdessen fielen die Grafen und Lehnsmänner des Mittleren Nordens mit ihren verbliebenen Pferden über das riesige Lager der Fanim her, vergewaltigten die Frauen, ermordeten die Sklaven und plünderten die luxuriösen Zelte der Granden.
Bei Sonnenuntergang war der Gemeine Heilige Krieg gerächt.
Im Laufe der nächsten Wochen fanden die Männer des Stoßzahns auf dem Weg nach Hinnereth tausende aufgedunsener Pferde. Sie waren zu Tode geritten worden – so wild waren die Heiden gewesen, dem Heiligen Krieg zu entkommen.
Im Sattel vorgebeugt beobachtete Saubon, wie Reihen von müden Männern und Frauen durchs mondbeschienene Gras trotteten, um Proyas und seine Ritter endlich einzuholen. Der Prinz von Conriya musste gefährlich schnell vorgeprescht sein, um seinen Tross so weit hinter sich gelassen zu haben. Saubon brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, wie er aussah. Die entsetzten Mienen derer, die aus der Dunkelheit traten, waren Spiegelbild genug. Blut tränkte seinen zerrissenen Umhang und verklebte die Glieder seines Kettenhemds.
Er wartete, bis der Hexenmeister fast direkt vor ihm war. Dann rief er: »Dein Freund – wo ist der?«
Achamian schrak vor der zu Pferde sitzenden Gestalt zurück und umklammerte seine Frau. Kein Wunder, da Saubon aus dem Dunkel aufragte wie ein blutiges Gespenst.
»Sprecht Ihr von Kellhus?«, fragte der Ordensmann.
Saubon zog ein finsteres Gesicht. »Nicht unverschämt werden, du Hund. Er ist ein Prinz.«
»Sprecht Ihr also von Prinz Kellhus?«
Saubon empfand diese Nachfrage aus unerfindlichen Gründen als eine Art Züchtigung, hielt inne und fuhr sich mit der Zunge über die geschwollenen Lippen. »Ja.«
Der Hexenmeister zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Proyas hat uns wie Vieh hierher treiben lassen, damit wir zu Euch aufschließen. Alles geht drunter und drüber. Außerdem lungern Prinzen nach einer Schlacht nicht mit unsereinem herum.«
Saubon blickte den Kerl, der da vor ihm stand und sich so seltsam gewunden ausdrückte, zornig an und überlegte, ob er ihn für seine Unverschämtheit schlagen sollte. Aber die Erinnerung daran, sich als Leiche auf der Walstatt gesehen zu haben, ließ ihn innehalten. Ihn schauderte, und er umfasste seine Ellbogen. Das war nicht ich!
»Vielleicht kannst ja du mir dann helfen.«
Der Hexenmeister runzelte überrascht die Stirn, was Saubon unverschämt fand, und sagte: »Ich stehe zu Eurer Verfügung, mein Prinz.«
»Die Gegend hier – was hat es mit dieser Gegend auf sich?«
Achamian zuckte erneut die Achseln. »Auf diesem Schlachtfeld ist der Nicht-Gott gestorben.«
»Ich kenne die
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