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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Zeter und Mordio und behaupten, andere stünden ihnen im Weg.«
    Irgendwie wussten die Rathgeber, dass er an der Enttarnung von Skeaös durch den Kaiser beteiligt gewesen war. Die Frage war nur, ob er seine Entdeckung zufällig gemacht hatte oder nicht. Wenn sie argwöhnten, dass er ihre Hautkundschafter irgendwie erkennen konnte, waren sie gezwungen, die unmittelbare Gefahr der Entlarvung gegen das Bedürfnis abzuwägen, zu erfahren, wie er sie zu erkennen vermochte. Ich muss mich zu einem Rätsel machen, das sie lösen müssen, dachte er.
    Einen kühnen Moment lang musterte Kellhus das Wesen namens Sarcellus. Als es einen finsteren Blick simulierte, sagte er: »Bitte verzeiht mir, aber etwas ist seltsam an Euch… an Eurem Gesicht.«
    »Habt Ihr mich deshalb im Amphitheater so angestarrt?«
    Einen Herzschlag lang öffnete sich Kellhus der Legion in seinem Innern. Er brauchte mehr Informationen, eine schwache Stelle, eine Verwundbarkeit…
    Dieser Sarcellus ist neu.
    »War ich dermaßen indiskret?«, fragte Kellhus. »Dann bitte ich um Entschuldigung. Ich dachte wohl nur an das, was Ihr mir in den Unaras-Bergen bei dem verfallenen Heiligtum gesagt habt… Damals habt Ihr mir großen Eindruck gemacht.«
    »Und was hab ich da gesagt?«
    Er gesteht seine Unwissenheit, wie es jeder täte, der nichts zu verbergen hat … Diese Wesen sind gut geschult.
    »Erinnert Ihr Euch etwa nicht daran?«
    Der Betrüger zuckte die Achseln. »Ich sage vieles.« Und mit einem hämischen Lächeln fügte er hinzu: »Ich habe eine sehr schöne Stimme…«
    Kellhus täuschte ein Stirnrunzeln vor. »Spielt Ihr mit mir?«
    Das gefälschte Gesicht warf ihm einen finsteren Blick zu. »Aber nein, ganz sicher nicht. Was hab ich denn gesagt?«
    »Dass etwas geschehen sei«, begann Kellhus ängstlich. »Dass der unstillbare… Hunger, habt Ihr, glaube ich, gesagt…«
    Ein Zucken – zu schwach, um von den Augen normaler Menschen wahrgenommen zu werden – flackerte über Sarcellus’ Gesicht.
    »Ja«, fuhr Kellhus fort, »der unstillbare Hunger…«
    »Was ist damit?«
    Die Stimmlage des Wesens hatte sich kaum wahrnehmbar erhöht, und sein Sprechen hatte sich minimal beschleunigt.
    »Ihr habt mir erzählt, Ihr seid nicht, der Ihr scheint. Ihr habt gesagt, Ihr seid kein Tempelritter.«
    Wieder ein Zucken – wie bei einer Spinne, die auf ein Zittern ihres Netzes reagiert.
    Diese Wesen sind dechiffrierbar.
    »Wollt Ihr das abstreiten?«, drängte Kellhus. »Wollt Ihr mir erzählen, Ihr erinnert Euch nicht daran?«
    Das Gesicht war mittlerweile reglos wie eine Palme. »Was hab ich noch gesagt?«
    Er ist verwirrt…Er weiß nicht, was er tun soll.
    »Dinge, die ich damals kaum glauben konnte. Ihr sagtet, Ihr wärt damit betraut, die Beobachtung des Ordensmanns der Mandati zu koordinieren, und hättet dafür seine Geliebte Esmenet verführt. Ihr sagtet, ich sei in großer Gefahr, weil Eure Vorgesetzten glauben, ich hätte bei einem Desaster am Kaiserhof die Hand im Spiel gehabt. Ihr sagtet, Ihr wärt bereit, mir zu helfen…«
    Die Falten und Runzeln in der Miene des Wesens verwandelten sich in ein Netz haarfeiner Risse.
    »Hab ich Euch erzählt, warum ich das alles zugegeben habe?«
    »Weil Ihr auch danach gehungert habt… Aber Ihr erinnert Euch wirklich nicht mehr daran, oder?«
    »Ich erinnere mich.«
    »Warum seid Ihr dann so… zurückhaltend geworden? Ihr wirkt verändert.«
    »Vielleicht hab ich es mir ja anders überlegt.«
    Genug jetzt. Innerhalb von Augenblicken sah Kellhus seine Vermutungen über die unmittelbaren Interessen der Rathgeber bestätigt, und er hatte die Grundlagen entdeckt, um diese Wesen lesen zu können. Das Wichtigste aber war, dass er die Möglichkeit des Verrats aufgebracht hatte. Sie würden sich fragen, wie Kellhus all das wissen konnte, ohne dass der erste Hautkundschafter namens Sarcellus es ihm erzählt hatte. Was immer sie im Sinn hatten: Die Rathgeber brauchten totale Verschwiegenheit. Ein kleines Versagen konnte alles zunichte machen. Sollten sie an der Zuverlässigkeit ihrer Agenten – der Hautkundschafter also – zweifeln, wären sie gezwungen, deren Autonomie zu beschränken und vorsichtiger vorzugehen.
    Sie wären mithin gezwungen, Kellhus das zu gewähren, was er mehr als alles andere benötigte: Zeit. Denn Zeit brauchte er, um den Heiligen Krieg zu dominieren und Anasûrimbor Moënghus zu finden.
    Er war ein Initiierter, ein Dûnyain, und er nahm den kürzesten Weg. Den Logos.
    Die Menge ringsum war wieder

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