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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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auf ein elegantes, aber begrenztes Bewegungsrepertoire, was sein Gegenüber dazu verführte, seinerseits mit standardisierten oder reflexartigen Bewegungen zu antworten.
    »Was willst du?«, rief er.
    Dann improvisierte er.
    Fast aus der Hocke trat er auf die linke Stange, warf aber zugleich den linken Arm in die Höhe und drückte mit dem rechten. Sarcellus’ rechte Hand knallte auf den Boden, und er bog sich vor, wurde dann aber nach hinten geschleudert. Einen Moment lang schien er wie an einen fallenden Felsblock gebunden.
    Das Wesen schlug auf den Boden auf und versuchte, mit einem Salto wieder auf die Beine zu kommen. Kellhus zog die Stangen mit einem Ruck zurück und hoffte, das Wesen würde bäuchlings hinschlagen. Doch irgendwie konnte es das linke Bein – Knie an der Brust – noch rechtzeitig vorschieben, während der rechte Fuß ins Feuer trat.
    Eine Wolke aus Funken und Asche stieg in die Luft. Kellhus war sofort klar, dass ihn diese Wolke nicht blenden, sondern den Zuschauern die Sicht versperren sollte.
    Das Wesen zog ruckartig die Arme nach hinten und nach außen, warf sich zwischen die Stangen und trat zu. Kellhus wehrte die Tritte erst mit dem Schienbein, dann mit dem Knöchel ab.
    Es will mich töten, begriff er dann. Und das wird aussehen wie ein bedauerlicher Unfall bei einem barbarischen Spiel der Galeoth.
    Kellhus riss die Arme so stark nach innen, dass die Stangen über Kreuz kamen, und der dritte Tritt des Wesens landete am Stangenkreuz. Einen Herzschlag lang war er nun im Vorteil, was das Gleichgewicht anging. Also stieß er das Wesen nach hinten, hob es nackt in die goldenen Flammen…
    Ich könnte es verletzen – vielleicht ist das der Mittelweg.
    … und zog es dann mit einem Ruck wieder nach vorn.
    Das war ein Fehler. Sarcellus landete unverletzt am Boden und stürmte sofort mit unmenschlicher Kraft auf Kellhus ein, trieb ihn zurück und stieß ihn in die dicht gedrängte Menge. Dabei stürzten einige Männer, und andere mussten sich freistrampeln. Zweimal wäre Kellhus fast zu Boden gegangen. Dann knallte er mit dem Rücken gegen etwas Hartes, gegen eine Zeltstange. Die brach mit einem Knacks zusammen, und das Zelt stürzte ein. Das Wesen schob ihn einfach weiter, und schon standen sie jenseits der Einfriedung im Dunkeln. Kellhus war klar, dass Sarcellus ihn dort töten wollte.
    Das muss aufhören!
    Er fasste wieder Tritt, stemmte die Beine in den Boden, packte die Stangen, tauchte ab, warf die Arme dann aufwärts und hob Sarcellus mit kreisförmiger Bewegung in den Nachthimmel. Das Wesen war nur einen Herzschlag lang erstaunt und schaffte es dann, eine der Stangen entzweizutreten. Daraufhin schleuderte Kellhus es mit voller Wucht auf den Boden.
    Was eben noch ein Ort gewesen war, verwandelte sich wieder in einen Menschen, der schweißüberströmt nach Luft rang.
    Die ersten Galeoth kamen über das eingestürzte Zelt gelaufen, riefen nach Fackeln und stolperten im plötzlichen Dunkel. Sie sahen Sarcellus zu Kellhus’ Füßen mühsam auf alle viere kommen. So erstaunt sie waren, riefen sie Kellhus doch zum Sieger des Wettkampfs aus.
    Was habe ich getan, Vater?
    Während sie seine Handgelenke losbanden, ihm auf die Schultern klopften und schworen, so etwas noch nie gesehen zu haben, hatte Kellhus nur Augen für Sarcellus, der langsam aufstand.
    Der Tempelritter hätte ein paar Knochenbrüche haben müssen. Aber Kellhus wusste ja jetzt, dass dieses Wesen keine Knochen besaß, sondern Knorpel.
    Wie ein Hai.
     
     
    Saubon sah zu, wie Athjeäri entsetzt die Knochen musterte, die überall auf dem Boden verteilt waren. Das Zelt war viel kleiner als die grellen Pavillons der anderen Hohen Herren. Unter der blauroten Zeltwand war gerade genug Platz für ein ramponiertes Feldbett und einen kleinen Klapptisch, an dem der Prinz von Galeoth schwer betrunken saß.
    Draußen johlten und lachten die Feiernden. Diese Dummköpfe!
    »Aber er ist gekommen, Onkel«, sagte der junge Graf von Gaenri. »Er wartet…«
    »Schick ihn weg!«, rief Saubon. Er mochte seinen Neffen sehr und konnte ihn nicht anschauen, ohne das schöne Gesicht seiner geliebten Schwester zu sehen. Sie hatte ihn vor dem Vater beschützt und war ihm bis zum Tod stets zugetan gewesen.
    Aber hatte sie ihn auch gekannt?
    Kussalt hat mich gekannt …
    »Aber Onkel, Ihr hattet mich doch gebeten…«
    »Das ist mir ganz egal!«
    »Das verstehe ich nicht… Was ist denn los mit Euch?«
    Von einem Mann gekannt und gehasst zu werden! Saubon

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