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Der Prinzessinnenmörder

Der Prinzessinnenmörder

Titel: Der Prinzessinnenmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Föhr
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legte die Plakette auf den Tisch zurück.
    »Wo genau habt ihr die gefunden?«
    »In ihrem Mund«, sagte Tina. »Ich hatte sie bei der ersten Untersuchung am See übersehen. Sie war unter der Zunge.«
    »Na gut. Mal sehen, was die KTU dazu sagt.« Wallner betrachtete die Ziffer, die ihm aber nicht verriet, warum sie existierte. Wallner wusste, dass es bei Serienmördern oft Rituale gab, Symbole oder Inszenierungen, die mit den traumatischen Ereignissen zu tun hatten, die dem Täter in seiner Kindheit widerfahren waren, in denen ersatzweise Rache an den Opfern geübt wurde. Rache, die meist der eigenen Mutter galt. Wallner war kein Profiler. Er war nur Landpolizist bei der Kripo. Aber er hatte in fast zwanzig Jahren bei der Polizei Instinkt entwickelt. Der sagte ihm, dass sich bei diesem Mord etliches vollkommen anders verhielt als bei allem, was ihm bisher in seinem Polizistenleben begegnet war. Die Inszenierung hatte gewiss mit der Vita des Täters zu tun. Aber etwas sagte Wallner, dass der Adressat dieser Botschaften nicht die lieblose Mutter des Täters war, sondern jemand anderer: er. Wallner.
    Während Wallner seinen Gedanken nachhing, hatte Tina ein Gespräch auf ihrem Handy entgegengenommen, das sie jetzt beendete.
    »Aha … also nichts, was euch irgendwie bekannt vorkommt. Okay. Danke. Ich schick euch das Ding dann rüber.«
    Sie wandte sich wieder an Wallner.
    »Das Labor. Ich hatte ihnen schon mal Fotos von dem Teil geschickt. Ich dachte, vielleicht ist das ja irgendwas Gebräuchliches. Ausweisplakette, Abzeichen – keine Ahnung. Aber so was hat keiner von den Laborleuten je gesehen. Ich schick’s mal rüber. Ich denke, wir sollten vorläufig davon ausgehen, dass der Täter das selber gemacht hat.«
    Wallner nickte. »Hm … eins … Was heißt das? Opfer Nummer eins?«
    Tina zuckte mit den Schultern. »Warum hat er es ihr in den Mund gelegt?«
    »Hat vielleicht symbolische Bedeutung: Der Täter will uns mit der Plakette etwas sagen.«
    »Aber was will er uns sagen? Keine Vermutung?«
    »Na ja«, sagte Wallner und sah in den Januartag hinaus. Der Wind zerrte an den blattlosen Ästen der Bäume. »Ich hab in der Tat eine Theorie …«
    Tina sah ihn erwartungsvoll an. »Nämlich?«
    »Dass dies nur das erste Teil eines Puzzles ist. Und dass wir in nächster Zeit noch mehr Teile bekommen werden.«
     
    Sie näherten sich dem schmiedeeisernen Tor, das den Zugang zum Eltwangerschen Anwesen versperrte. Es waren jetzt knapp über null Grad. Ein föhniger Wind blies von Süden. Er brachte aber keine Sonne. Nur unruhige, graue Wolken. Das Tor wurde ohne Nachfrage von jemandem geöffnet, den sie nicht sehen konnten. Man hatte ihr Kommen angekündigt. Der Schnee auf der gekiesten Auffahrt zum Haus knirschte. Genauer gesagt machte er das Geräusch, das Schnee macht, wenn er schon weich wird, aber die Reifen noch einen sauberen Abdruck hinterlassen, der beim Weiterfahren in dünnen Platten herausgelöst wird. Das Haus war im oberbayerischen Landhausstil errichtet worden und sehr, sehr groß. Wallner war angespannt. Bisher hatte er nur von fern ein totes Mädchen gesehen. Jetzt würde er die Welt des Opfers betreten. In dieser Welt, so viel konnte man schon sagen, herrschte kein Mangel. Ein reiches Mädchen war ermordet worden. Vor dem Haus standen ein 6 er BMW und ein Audi Q 7 . Welche Schätze die großzügig dimensionierte Garage noch barg, war nur zu erahnen.
    »Geiles Teil, der Q 7 . Ich krieg ’n bloß net in meine Garage. Der is zu breit«, sagte Mike.
    »Ärgerlich, was? Da ist endlich mal ’n geiler Wagen auf dem Markt, und dann passt er nicht in die Garage von deiner Sozialwohnung.«
    »Is natürlich auch a Faktor. Die Nachbarn, die würden des gar net verstehn. Da is ja ein Sozialneid bei mir in der Siedlung, des kannst dir net vorstellen.«
    Sie klingelten und warfen beim Warten noch einmal einen Blick auf die Fahrzeuge. Die Tür wurde von Lothar Eltwanger geöffnet. Eltwanger war Ende vierzig und trug einen dunklen Anzug mit passender Krawatte. Irgendetwas Italienisches, mutmaßte Wallner. Mit Anzügen kannte er sich nicht so gut aus wie mit Autos. Aber dass der Anzug teuer war, konnte man sehen. Eltwanger hatte ein ebenmäßiges Gesicht mit großem Kinn. Nur die Nase war auf eigenartige Weise schief und eingedrückt, als sei sie einmal gebrochen worden. Der Mann, Pias Vater, war mit den Nerven am Ende. Aber er wahrte Contenance und begrüßte Wallner und Mike mit ernsten, aber höflichen Worten.

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