Der Problemmann (German Edition)
hatte augenblicklich große Sorge, ob es unter diesen Umständen nicht besser sei, wenn Anna bleiben würde. Auf gar keinen Fall wollte Anna mehr Zeit als nötig in ihrem Elternhaus verweilen. Länger hätte sie unmöglich eine Erkältung vorspielen können. Anna spürte wie ihre Schläfen anfingen zu pulsieren, sie glaubte, dass die Adern bereits sichtbar hervortreten würden. Ihr Körper konnte sich nicht entscheiden, ob ihm kalt oder heiß sein sollte. Kaum lief ihr ein Rinnsal aus Schweiß den Rücken hinunter, fing sie augenblicklich an zu frieren und glaubte demnächst mit den Zähnen zu klappern. Anna war danach, den weiten Weg zum Bahnhof zu Fuß zu nehmen. Etwas Bewegung an der frischen Luft hätte ihr sicher gut getan, aber ihr Vater bestand darauf sie zu fahren. Er war kurz davor sie die gesamte Strecke nach Hause zu bringen, da er glaubte, dass seine Tochter jeden Moment ohnmächtig werden würde. Das wiederum glaubte sogar Anna selbst, allerdings nur aus dem einen Grund, da sie sich nicht länger in der Lage sah ihren Vater zu belügen. Sie war froh und erleichtert gewesen, als sie endlich wieder in ihrer Wohnung war. Kaum angekommen klingelte ihr Handy. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie tatsächlich, dass es hätte Michael sein können. Tränen stiegen in ihr auf, noch bevor sie das Handy in die Hand genommen hatte. Sie wusste, dass er sich nicht bei ihr entschuldigen würde. Nie würde er Reue zeigen und nie würde alles wieder gut werden. Wieso war sie so dumm und erkannte nicht sofort, was Michael tatsächlich für ein Mensch war?
Als sie Toms Stimme hörte, konnte sie unmöglich ihre Emotionen länger bändigen. Kaum in der Lage ein vernünftig artikuliertes Wort über die Lippen zu bringen, versuchte sie ihm klar zu machen, was passiert war. Das Telefonat war mit den Worten ‚ich bin schon unterwegs‘ von Tom abrupt beendet worden.
Er stand in ihrer Wohnung und sah sie mitleidig an. Annas Augen brannten, ihre Nase fühlte sich an, als ob sie bereits in Fransen hängen würde. Ihre gesamte Gestalt gab ein Bild des Kummers wieder. Jede Faser ihres Körpers signalisierte ihrem Gehirn sich sofort ins Bett zu legen. Ihre Beine schienen keine Lust mehr zu haben sie länger aufrecht zu halten. Litt sie unter Muskelschwund, oder weshalb fingen ihre Beine an zu zittern? Tom trat einen Schritt näher auf sie zu und nahm sie in seine Arme, noch bevor er sich den kalten Mantel ausgezogen hatte. Diese Kühle wirkte beruhigend auf sie. Sie hatte etwas Tröstendes. So als ob man sich in ein kaltes Bett legen würde, um endlich den erholsamen Schlaf zu finden, nach dem man sich wochenlang gesehnt hatte. Seine kräftigen Arme umschlossen ihren Körper und sie glaubte, in ihm zu versinken. Für einen kurzen Moment war der Schmerz verschwunden. Eine Form der Geborgenheit umgab sie, wie Anna sie zuvor noch nie gespürt hatte. Tief atmete sie ein und aus. Mit jedem Atemzug glaubte sie, sich ein Stück besser zu fühlen. So lange bis Tom seine Umarmung lockerte, sie ein wenig von sich schob und sie fragte, ob es nun wieder besser sei. Als ob es nie anders gewesen wäre, waren all ihr Kummer und Leid wieder präsent. Konnte er sie nicht einfach wieder in seine Arme nehmen? Für immer? Diesen Griff nie mehr lösen? Sie für immer und ewig vor allem beschützen und sie nie mehr allein lassen? Und vor allem sie nie mehr fragen, ob es ihr besser ginge?
Noch immer war keine Erotik zwischen den beiden. Weder Anna noch Tom wären auf den Gedanken verfallen, über den Kontakt einer Umarmung hinaus, sich näher zu kommen. Anna hätte ihn nicht einmal küssen wollen. Daran dachte sie nicht. Es war ihr lediglich angenehm Tom in ihrer Nähe zu wissen. Der Gedanke, dass Tom sich um sie kümmern würde, hatte etwas äußerst Beruhigendes. So lange er da war konnte ihr nichts passieren. Als ob die Welt für diesen Moment aufhören würde sich zu drehen.
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Jedes Mal, wenn er sie mit seinen grünen Augen anfunkelte war ihr danach sich an ihn zu lehnen. So wie in den Minuten vor dem Jahreswechsel, als Anna zwischen laut feiernden Menschen stand, sich nicht unterhalten konnte und Tom dennoch wusste was in ihr vorging und das sie noch immer litt. Sie konnte es nicht verschmerzen erneut eine Beziehung verloren zu haben, zumal sie gehofft hatte, endlich einen Mann lebenslang an sich zu binden. Tom glaubte nicht daran, dass Anna Michael tatsächlich so sehr geliebt hatte. Der Schmerz, der sie folterte, war vielmehr
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