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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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worden, und um den zunehmenden Wohlstand und die Musik des Bürgertums zu reflektieren, brauchte es nur ein einfaches S. Wenn man nur halbwegs geschickt ist, kann man es im Leben sehr weit bringen, ganz egal, wo man angefangen hat. Das solle man sich merken und alles laut dem Vermieter, Papas Arbeitgeber, dem »Architekten«, dem »alten Milles«, wie Mama ihn nennt, und meinem eigenen »Onkel Milles«, der ein netter Mensch ist und insgeheim über Papa den ersten Beitrag zu meinem kunsthistorischen Wissen lieferte.
    Ich habe noch nicht in der Schule angefangen, und Papa und ich fahren mit Papas Auto herum, eine von Papas unzähligen Besorgungen. Als wir am Konzerthaus am Hötorget vorbeikommen, hält er an und deutet auf die Orpheus-Skulptur im Brunnen vor dem Gebäude.
    »Weißt du, was Milles mir erzählt hat«, sagt Papa, »warum alle Figuren, die sein Bruder gestaltet hat, so groß und dünn sind?«
    »Nein«, antworte ich.
    »Er hat einen Sehfehler«, sagt Papa und nickt nachdrücklich. »Er hat einen Sehfehler, den er sich bereits als Kind zugezogen hat. Sieht er einen normalen, durchschnittlichen Menschen vor sich, glaubt er, dieser sei drei Meter groß. Jetzt ist er weltberühmt, und das ist wirklich sehr merkwürdig. Glücklicherweise gibt es auch noch Anders Zorn.«
    »Und wer ist der große Mann in der Mitte?«, frage ich und deute auf die Statue.
    »Weiß ich nicht«, sagt Papa. »Irgendein alter Grieche, glaube ich. Er war wohl Musiker. Deswegen steht er auch vor dem Konzerthaus.«
    Papa schüttelt sicherheitshalber den Kopf noch ein weiteres Mal, legt dann den ersten Gang ein und fährt weiter.
    Ob die Geschichte mit dem Sehfehler stimmt, weiß ich nicht, vermutlich lässt sich das überprüfen, aber da Papa nicht log und auch solche Dinge nicht erfand, muss es ihm der Architekt erzählt haben. Ich selbst erinnere mich noch deutlich, da ich in dieser Zeit fünf Jahre alt geworden sein muss und mein Kopf alles wie ein Schwamm aufsaugt. Näher komme ich der Kunstgeschichte in meinen ersten zehn Lebensjahren dann allerdings nicht. Das geschah erst wieder, als ich auf dem Realgymnasium anfing, und da ist weiter auch nichts dabei, denn ich lebte im Gelobten Land und bedeutend wichtigere Dinge füllten meine Zeit aus.
    Onkel Milles ist nicht mein einziger Wohltäter. Von Großvater Anders Gustaf bekomme ich auch immer Bücher geschenkt, zu Weihnachten und zum Geburtstag und jedes Mal, wenn er nach Stockholm kommt und kurz vorbeischaut. Angefangen mit »Weihnachtskalender für Herren«, den humoristischen Glossen von Kar de Mumma über »Zwei Jahre in jeder Klasse« bis hin zum Jahrbuch »Wann? Wo? Wie?«, in dem alles zusammengefasst steht, was sich innerhalb eines Jahres ereignet hat und von dem es laut Großvater gute Gründe geben könnte, dass man es sich merkt.
    Alle, die wir kennen, schenken mir plötzlich Bücher, zu Weihnachten, zum Geburtstag und sogar zu meinem Namenstag. Verwandte, Freunde und Bekannte. So kommen viele Bücher zusammen. Während meine Freunde Zinnsoldaten, Spielzeugautos, Metallbaukästen oder ein Paar neue Skie bekommen, bekomme ich Bücher.
    Am besten sind jedoch die Bücher, die mir Onkel Bertil schenkt. Er wohnt im selben Haus wie wir und ist laut Mama ein »Gentleman«, ein »feiner Herr, aber vollkommen normal« laut Papa. Außerdem ist er der Sohn eines finnischen Grafen, der sowohl hoher Offizier und Diplomat war. Allerdings ein unehelicher Sohn, das wissen alle, die im Haus wohnen, und er selbst macht daraus kein Geheimnis, aber sollte jemand seine Abstammung in Zweifel ziehen, dann bräuchte er ihn nur neben das Foto seines berühmten Vaters stellen. Onkel Bertil ist im Übrigen niemand, den solche Dinge kümmern.
    Er ist ein merkwürdiger Mann mit freundlichen, neugierigen Augen, immer fröhlich, immer nett. Man hört ihm auch gerne zu, ganz im Unterschied zu den anderen Erwachsenen, wenn sie zu Kindern sprechen. Außerdem spricht er Finnlandschwedisch, es ist also sehr leicht zu verstehen, was er sagt.
    Von ihm bekomme ich die Bücher über die Meisterdetektive Ture Sventon, Kalle Blomkvist und Sherlock Holmes. Alle Biggles-Bücher bekomme ich auch, und bei Onkel Bertil hat es sogar den Anschein – und das ist das Merkwürdigste –, als hätte er die Bücher, die er mir schenkt, selbst gelesen, obwohl er älter ist als mein Papa.
    »Das hier musst du lesen«, sagt Onkel Bertil, als er mir das Buch über Ture Sventon und die Neusilberliga von der Tomtebogatan in die

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