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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Haus spielen auf dem Hof. Wir Jungen spielen Fußball, und die Mädchen spielen in gehörigem Abstand Himmel und Hölle oder springen mit dem Springseil. Plötzlich kommt alle Aktivität zum Erliegen, denn den Sandweg vom Frihamnen entlang kommt ein richtiger Neger. Er geht dort genau wie ein gewöhnlicher Mensch. Gut gekleidet ist er auch, weiße Hose, weißes Hemd und ein blaues Jackett. Warum er von zwei Schutzleuten mit Säbeln, Schirmmützen und langen dunkelblauen Uniformröcken begleitet wird, wird mir nie richtig klar.
    Der Neger überquert den Tegeluddsvägen und geht den Värtavägen Richtung Östermalm. Die Schutzleute folgen ihm in ein paar Metern Abstand, und ihnen schließen sich die Kinder des Viertels an. Niemand sagt etwas, obwohl der Neger fröhlich und nett wirkt. Als er auf halber Höhe des Hangs ist, bleibt er plötzlich stehen, dreht sich um, lächelt mit seinen weißen Zähnen und winkt uns zu.
    »Hei, Kinder«, sagt der Neger. Offenbar kann er Schwedisch, zumindest kann er sich den Kindern aus dem Viertel Näw Jorkk verständlich machen. Er winkt und lächelt, und da fasst sich Sune ein Herz.
    »Loi«, schreit Sune. »Hei. Loi.«
    Louis Armstrong wird Loi genannt. Sogar in Schweden ist er weltberühmt. Dort war er mehrere Sommer auf Tournee und hat im Gröna Lund, im Nalen, in Liseberg und im Konserthus in Malmö Trompete gespielt. Außerdem kann man ihn im Radio hören, manchmal mehrmals am Tag, also fast ebenso oft wie Evert Taube. Oder man sieht ihn im Kino in der Wochenschau, bevor der eigentliche Film beginnt, und das noch dazu bedeutend öfter als Evert Taube.
    Sogar mein Papa Gustav besitzt ein paar Louis-Armstrong-Platten, obwohl er mit dieser Negermusik, die gebildete Leute Jazz oder vielleicht auch Blues nennen, wenig anfangen kann. Aber Louis Armstrong mag er, weil er so ein genialer Trompeter ist und außerdem noch singen kann. Der Mann mit der silbernen Trompete ist in Schweden ebenso beliebt, wie es sein schwarzer Bruder Floyd Patterson fünfzehn Jahre später sein wird, und als Floyd Mitte der sechziger Jahre in Schweden auftaucht, würden nicht einmal Papa Gustav und seine Arbeitskollegen davon träumen, ihn Neger zu nennen.
    Sune hat das Eis gebrochen. Wir Kinder rufen Hei und johlen.
    »Loi, Loi, Loi … Loi Armstrong. Loi Armstrong«, brüllen wir. Jetzt als Sprechchor.
    Der erste Neger unseres jungen Lebens winkt und lächelt. Wir sind auf dem Scheitel des Värtavägen angelangt, als die Schutzmacht das Publikum leid ist. Der ältere der beiden Wachtmeister dreht sich um und droht uns mit der Faust. Er ist hochrot im Gesicht und wirkt müde und verschwitzt.
    »Schnauze, ihr Gören«, brüllt er. »Verschwindet nach Hause. Macht hier keinen Unsinn!« Wir bleiben stehen. Niemand sagt etwas. Wir sind mucksmäuschenstill und starren zu Boden, denn vor der Polizei haben wir Angst. Wir haben richtige Angst vor ihr, denn so war das bei den Kindern damals, obwohl sie den Schornsteinfeger losgeworden waren.
    »Müsstest du nicht übrigens längst in der Schule sein«, meint der Schutzmann und packt Sune am Arm.
    »Ich habe Putzferien«, sagt Sune mit piepsiger Stimme und scheint überhaupt nicht mehr mutig zu sein.
    »Putzferien? Und das soll ich glauben?«, schnaubt der Wachtmeister verächtlich. »Verschwinde jetzt, sonst sorge ich dafür, dass du wie dein Vater im Knast landest.«
    Sunes Papa kennt den Polizisten offenbar, sein Sohn darf also den Rückzug anführen, und wir anderen trotten hinterher.
    »Bullenschweine«, sagt Sune und nickt mir zu. »Verdammte Bullenschweine.«
    Ich begnüge mich mit einem Nicken. Ich verhalte mich, wie man heute sagen würde, unauffällig. Oder ich tue so, als würde es regnen, statt auf die Hinterbeine zu gehen, wie man damals gesagt hätte. Der erste Neger meines Lebens, aber keine Schwarzen, Stockholm, Anfang der fünfziger Jahre, unsere Wortwahl wird von unserem Leben bestimmt, und es sind Worte, die meine Erinnerungen wecken.
    Die Erinnerung an die Begegnung mit meinem ersten richtigen Neger weckt auch die Erinnerungen an meinen Freund Sune.
    Sune ist eines der Arbeiterkinder, die auf der anderen Straßenseite wohnen. Er ist ein paar Jahre älter als wir anderen, schwänzt oft wie an diesem Tag die Schule. Seine Mutter arbeitet unten am Frihamnen in einer Kneipe. Sie ist mager, raucht Kette und trinkt, obwohl sie eine Frau ist, Bier und Schnaps. Nicht einmal die Frauen aus den Bahnarbeiterhäusern wollen mit Sunes Mama etwas zu tun haben.

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