Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Hand drückt.
»Das Buch handelt zwar von einem richtigen Langeweiler, aber es ist trotzdem unterhaltend und doppelbödig. Außerdem mag der Meisterdetektiv Fastenwecken und wir beide auch.«
Als ich vier Jahre alt werde, bekomme ich ein eigenes Zimmer. Papa hat ein Schrankbett getischlert und ins Esszimmer gestellt. Praktisch und gut, da sich mein Bett wegklappen lässt, sobald ich ausgeschlafen habe. Der Esstisch und die vier Stühle brauchen so nicht ins Wohnzimmer gestellt zu werden. Es reichte, sie beiseitezuschieben, wenn ich schlafen und mein Bett ausgeklappt werden soll. Ein paar Jahre später bringt Papa über dem Bett ein Bord an, auf dem ich meine Comics und meine rasch wachsende Bibliothek verwahren kann.
Gleichzeitig macht er sich Sorgen, dass ich durch das viele Lesen meine Augen überanstrengen könnte. Das wenige, das er selbst liest, hat immer mit seiner Arbeit oder anderen, praktischen Interessen wie Autos, Motoren, Gartenarbeit, Fischerei oder Jagd zu tun. Nicht mit fiktiven Geschichten über alles zwischen Himmel und Erde oder reinen Fantasien, die in der Wirklichkeit, in der er sein Leben lebt, undenkbar wären. Einzige Ausnahme sind die Comics, die er mir vor dem Einschlafen vorliest, als ich richtig klein bin.
»Jetzt ist es bald Zeit, dem Sandmännchen Gute Nacht zu sagen«, sagt Papa und setzt sich auf einen Stuhl neben mein Bett. »Aber vielleicht sollten wir uns vorher noch darum kümmern, was das Phantom in letzter Zeit angestellt hat.«
Dann nimmt er das neueste Heft, das er auf dem Heimweg von der Arbeit im Tabakladen gekauft hat. Er ist genauso erwartungsvoll wie ich, und ich weiß, dass anschließend Zeit für Fragen und Rückblicke auf frühere Abenteuer bei der Totenkopfhöhle bleiben wird.
Papa schlägt nie vor, dass ich Architekt werden soll. Ingenieur soll ich werden. Nicht Künstler, Schriftsteller oder auch nur Architekt, denn auch das liegt viel zu nahe. Mit Künstlern ist es nun einmal so, dass sie sich nicht mal ihr Essen leisten können, in der Regel unglücklich werden, zu viel trinken, Probleme mit der Ehefrau bekommen und sich nicht mal um ihre Kinder kümmern können.
»Dort gehst du dann auf die Schule, wenn du Ingenieur wirst«, sagt Papa, und mehr braucht er nicht zu sagen. Jetzt, wo er das Seine gesagt hat.
9.
Ich treffe meinen ersten Neger
Obwohl ich neben dem Frihamnen von Schwedens größter Stadt wohne, bin ich sechs Jahre alt, als ich meinen ersten richtigen »Neger« sehe. So werden alle Dunkelhäutigen genannt, als ich ein Kind bin, denn damals gab es keine »schwarzen Männer«, außer denen natürlich, die als Schornsteinfeger arbeiten. Die sieht man täglich, aber sobald ein Schornsteinfeger sich zu Hause gewaschen hat, sieht er aus wie ein normaler Schwede. Das weiß ich bereits, noch ehe ich sechs Jahre alt werde, denn Papa kennt einen Schornsteinfegermeister. Er besitzt draußen in Frescati den Schrebergarten neben Papas. Er sieht aus wie alle anderen Arbeiter, denen ich begegne, wenn ich Papa zur Arbeit begleite. Außerdem besitzt er ein Erdbeerbeet und Himbeerbüsche, und ich darf, sobald sie reif sind, so viele Beeren pflücken, wie ich essen kann, muss allerdings versprechen, nicht zu viele unreife Beeren zu essen.
In der Generation, in der ich aufwachse, hat man aufgehört, den Kindern zu erzählen, der Schornsteinfeger würde sie holen, wenn sie Unfug machen oder nicht das tun, was die Erwachsenen wollen. Unsere Angst vor der Dunkelheit verkörpert der, der den Ruß beseitigt, der sich in unseren Schornsteinen und Öfen sammelt. Wer hat schon noch vor so jemandem Angst, als ich aufwachse? Schließlich gibt es sogar schon Elektrizität und Glühlampen in Kellern und auf Speichern. Als Drohmittel gegen Kinder ist er rettungslos veraltet.
Neger gibt es jedoch, richtige Neger. Aber nur in meiner Fantasie und in meinem Wortschatz, denn obwohl ich ganz in der Nähe des Frihamnen wohne, bin ich sechs Jahre alt geworden, als ich endlich einen richtigen zu sehen bekomme. Er sieht überhaupt nicht so aus wie die in den Comics, und wäre das Phantom ihm begegnet, hätte er ihn vermutlich nicht wiedererkannt. Er trägt weder ein Baströckchen noch Tigerzähne um den Hals oder einen umgekehrten Fruchtkorb auf dem Kopf, und im Unterschied zu Guran ist er sogar größer als mein eigener Papa, der ein stattlicher Mann und fast 180 cm groß ist.
Frühsommer, Nachmittag, es ist warm, die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel. Die Kinder aus dem
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