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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Trage gibt, auf der ich liege. Genau wie in diesen Dokusoaps, die man im Fernsehen ständig anschauen kann.
    Am Tag darauf habe ich Kopfschmerzen, die mich an meinen Vater erinnern und an das Mal, als er erwachte, nachdem ihm ein Felsbrocken auf den Kopf gefallen war. Die Krankenschwester gibt mir einen Spiegel. Mein ganzes Gesicht hängt schief, und die Lider und der Bereich unter den Augen weisen kleine punktförmige Würgeflecken auf. Die habe ich früher schon gesehen, aber immer nur an anderen Leuten. Der Unterschied zwischen ihnen und mir ist, dass ich noch lebe.
    Dieses Erlebnis hat auch noch andere Vorteile. Ich nehme endlich die Medizin, die mir die Ärzte schon vor Jahren verschrieben haben und die ich nicht mehr schluckte, sobald sie mich in Frieden ließen.
    »Die Sache ist ganz simpel«, erklärt mir der Neurologe, der mich schließlich überzeugt. »Wenn Sie Ihre Medizin nicht nehmen, dann sterben Sie. Das ist ganz einfach, und die Entscheidung liegt ganz allein bei Ihnen.«
    »Ich verstehe«, antworte ich, und ausnahmsweise tue ich das auch. Es ist nicht so, dass mich meine Ärzte zu guter Letzt besiegt hätten. Ich habe nur einfach verloren.
    Siebzig Tabletten in der Woche, überwiegend blutdrucksenkend und blutverdünnend, aber auch diverse andere, um das Leben zu versüßen. Schlucke ich sie nicht, dann sterbe ich, damit braucht man nicht hinter dem Berg zu halten, aber ist mir auch sonst schon nichts gelungen, so ist mir das zumindest besser geglückt als meiner Mutter. Mir ist es so schlecht gegangen, wie sie das ihr ganzes Leben von sich behauptet hat, und ich habe mich wirklich anstrengen müssen, so weit zu kommen.
    Wer weiß. Vielleicht werde ich ja noch dreiundneunzig, bevor es so weit ist. Im Unterschied zu meiner Mutter, die nur zweiundneunzig wurde, obwohl sie, seit ich zur Welt kam, im Sterben lag. Mir selbst ging es ganz ausgezeichnet, bis ich fünfundvierzig war, jedenfalls rein körperlich gesehen.

65.

Missbrauch ist ein missbrauchtes Wort, und ich selbst bin nur ein ungewöhnlicher Alkoholiker
    Wenn ich etwas nicht verstehe, suche ich immer nach den Erklärungen. Finde ich diese, beruhigt mich das zumindest ein Weilchen, und so ist es mit den meisten Dingen in meinem Leben. Meiner eigenen Gesundheit, meinem Berufsleben und allen Mordopfern, die von jenen Leuten totgeschlagen werden, die sie am meisten lieben. Was mich betrifft, sind die Erklärungen, besonders jene für meine schlechte Gesundheit, einfach.
    Schließlich und endlich ist sie das Resultat meiner Sucht, insbesondere was Essen und Alkohol angeht. Ich esse, um mich zu trösten, trinke, damit es in meinem Kopf still wird. Der Grund dafür sind die Angstzustände, die ich so in Schach halten will, dieselben Angstzustände, die von mir Besitz ergriffen haben, seit ich ein kleiner Junge war, und ich meine jetzt endlich die Ursachen erkannt zu haben. Aber alles der Reihe nach. Denn auch das beruhigt. Genau wie die Rituale anderer Menschen beruhigend wirken können, obwohl man die Überzeugungen, die ihnen zugrunde liegen, nicht teilt.
    Ich bin süchtig. Ich bin süchtig nach Alkohol, Essen, Gefühlen, Worten … Sogar nach meinen eigenen Gedanken, nach meiner Fähigkeit zu denken, unter anderem indem ich zu viele Kühe ausmale. Dieser Aspekt ist in moralischem Sinne wohl der ernsteste. Die vielen Male, die ich meine Fähigkeit zu denken auf schädliche Weise gebrauchte.
    Im Zuge dessen habe ich recht viel gelogen. Natürlich handelte es sich überwiegend um Notlügen, denn so ist es immer. Aber nun habe ich mich ja nicht um die Farbe an sich bemüht, und meine Absicht war es meist, mir selbst das Leben zu erleichtern, und weniger, andere zu schonen. In der Menge der Notlügen versteckt sich auch die eine oder andere richtig ernsthafte Lüge.
    In dieser Beziehung habe ich mich jedoch gebessert. Früher habe ich nur gelogen, wenn es absolut nötig war und keine Gefahr bestand, dass man mir auf die Schliche kommen würde. Ich spreche also von den ernsthafteren Lügen, und ich habe fast nie für andere gelogen. Inzwischen bin ich zu der Einsicht gelangt, dass es äußerst selten nötig ist, überhaupt zu lügen, und dass es in meinem Fall auch keine Rolle spielt, ob es um private Dinge oder um die Sicherheit des Reiches geht.
    Ob das daran liegt, dass ich ein besserer Mensch geworden bin oder dass ich seit langem ein anderes Leben führe, soll ungesagt bleiben. Vermutlich beides. Was die Sucht betrifft, die mir körperlich

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