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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Volksschullehrer in Ockelbo. Er ist ein begabter und sehr gebildeter Mann, der nur leider zur falschen Zeit aufgewachsen ist, ehe sich Kindern der Arbeiterklasse im Gehege der Nachkriegssozialdemokratie solche Möglichkeiten boten wie mir.
    Ich habe einen Papa, der seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt, darüber hinaus kann er mir nicht viel bieten. Wie sollte er auch? Sein eigener Vater war ebenfalls Arbeiter und starb außerdem, als Papa noch ein Kind war. Papas Großvater beendete seine Tage als Flussschiffer in den USA , aber als er Schweden um 1880 verlässt, ist auch er ein normaler Arbeiterjunge aus Bergslagen, einer der ersten Wirtschaftsflüchtlinge Schwedens, und dass er in den Mittleren Westen der USA nördlich von Chicago gerät, ist kein Zufall. So weit muss er sich von seiner Heimat entfernen, um gesellschaftlich aufsteigen zu können.
    Meine Studien werden nicht von der Bildungstradition gelenkt, die Mittel- und Oberschicht über mehrere Generationen innerhalb der Familie entwickelt haben. Daher ganz allein meine eigenen Neigungen, was ich studiere und lerne. Mein Vater weiß, dass er mir nicht helfen kann, und mischt sich daher in meine Tätigkeit nicht ein. Ich will aufsteigen, es besser haben als mein Vater, finanziell gesehen und ohne mich körperlich kaputtmachen zu müssen. In seiner Welt bedeutet das, dass ich Ingenieur werden muss, aber fällt mir etwas Besseres ein, dann beglückwünscht er mich bereitwillig.
    Betrachte ich mich selbst allein unter diesen Voraussetzungen, so sehe ich einen beneidenswerten Menschen, einen von Anfang an freien, unabhängigen Intellektuellen. Es gibt jedoch Probleme. Meine seltsamen Interessen. Wer kommt schon auf die Idee, Meisterdetektiv zu werden, um aufzusteigen? Mein lustbetontes Verhältnis zu dem, was ich lesen und lernen will. Meine impressionistische Einstellung dazu, wie vorzugehen ist.
    Mein Interesse an Chemie ist ein gutes Beispiel. Mir geht es dabei um die Möglichkeit, Sprengstoff und verschiedene Gifte herzustellen und daraufhin eine funktionierende Höllenmaschine zusammenzuschrauben oder ein entsprechendes Gebräu zusammenzumischen, und sonst eigentlich um gar nichts. Dieses Interesse überschneidet sich kaum mit dem, was der Chemieunterricht in der Schule zu bieten hat.
    Die Konsequenzen dieser Einstellung werden spürbar, als ich in die Oberstufe komme. Die Konflikte mit dem Lehrplan, dem ich folgen soll, werden deutlicher. Was die Themen betrifft, die mich interessieren, weiß ich teilweise oder sogar in wesentlichen Teilen mehr als meine Lehrer. Das Gegenteil ist natürlich auch der Fall. Geht es um etwas, was mich nicht interessiert, dann löse ich das ganz einfach dadurch, dass ich die Stunden schwänze. Es fällt mir auch nicht schwer, meine Meinung zu sagen. Ganz gleichgültig, ob es um den Lehrplan oder die Bildung und mentale Kapazität meiner Schulkameraden oder Lehrer geht. Das führt natürlich zu ständigen und unnötigen Konflikten, und dass das in letzter Konsequenz mit den Klassengegensätzen zwischen mir und meiner Umgebung zu tun hat, ist uninteressant. Mir fehlen ganz einfach die Manieren, die intellektuellen Traditionen und die bürgerliche Erziehung.
    Dass mich meine Lehrer gewähren lassen, beruht, glaube ich, auch im hohen Grade darauf, dass sie in ihren eigenen und den von den Traditionen bestimmten intellektuellen Mustern gefangen sind. Ich bin schon früh an der Schule wegen meines Wissens ein Promi, und während der gesamten Oberstufe gehöre ich zur Dreiermannschaft, die die Schule in »Vi som vet mest« (Wir, die am meisten wissen) vertritt. Zu Zeiten der Eliteschulen war dies der renommierteste Wissenswettstreit der Gymnasiasten. Man lässt mich gewähren, und jedes Mal, wenn meine Eloquenz meinen Verstand überflügelt, begegnet man mir mit einem Übermaß an Nachsicht. Ich bin der Liebling gewisser Lehrer, andere hingegen leiden schweigend, anstatt mich zurechtzuweisen, und geben mir, wenn sie unbehelligt in ihrem Kämmerlein sitzen, eine schlechtere Note.
    Ich kann mich aus meiner gesamten Zeit auf der höheren Schule an nur eine Ausnahme erinnern. Ein Lehrer in Schwedisch und Geschichte, den ich in der Mittelstufe und auch in den beiden ersten Jahren der Oberstufe habe. Er heißt Rune mit Vornamen. In der Klasse wird er natürlich mit »Herr Studienrat« angesprochen, aber wenn wir Schüler uns in seiner Abwesenheit über ihn unterhalten, wird er immer nur Rune genannt. Er hat keinen Spitznamen, was

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