Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
dorthin geraten, wo sie hinsollen und auch ordentlich mit dem Gerüst, das ich mir in meinem Kopf gemacht habe, zusammenhalten.
Meine Studien sind erfolgreich, und im Laufe einiger Jahre arbeite ich als Dozent an der Uni, als Konsultant bei der Abteilung für Verbrechensstatistik des Statistischen Zentralamts und als Experte für Kriminologie und Kriminalpolitik bei der Reichspolizeibehörde. Es sind die Aufträge der Reichspolizeibehörde, die recht bald meinen Kopf, mein Herz und meine Zeit in Anspruch nehmen.
In dieser Zeit ändere ich meinen Namen auch von Leif Persson in Leif GW Persson, indem ich die Anfangsbuchstaben meiner zwei weiteren Vornamen Gustav Willy verwende.
Ich schreibe im Feuilleton einer Zeitung über Verbrechen und Kriminalpolitik und will mich von allen anderen Leif Perssons meiner Generation unterscheiden und nicht mit jemandem verwechselt werden, mit dem ich nur den Namen teile. Wie einmal, als ich einen längeren Artikel für eine große Tageszeitung verfasst hatte, der mit dem Foto eines Motorradrennfahrers illustriert worden war.
Sicher ein hervorragender Mann, ich bilde mir ein, dass er sogar Weltmeister wurde, aber ich hatte den Artikel verfasst und nie Probleme damit, die volle Verantwortung für meine Taten zu übernehmen.
Fünf Jahre später hat sich das Militär zusammengereimt, was ich treibe. Wenn man bedenkt, wie lange sie brauchen, kann man froh sein, dass die Schweden seit bald zweihundert Jahren in Frieden mit ihren Nachbarn leben. Wie auch immer, ich werde erneut eingezogen, und da ich kein normaler Landser mehr bin, lande ich beim Generalstab in Stockholm, um einem Oberst dabei zu helfen, seine Lizenziatsarbeit zu schreiben. Er ist ein netter und vernünftiger Mann. Ich darf zu Hause wohnen bleiben, arbeite normale Bürozeiten und trage zivile Kleidung. Außerdem händigt er mir ein Bündel unterschriebener Urlaubsscheine aus, falls ich Wichtigeres zu tun habe. Ich brauche nur noch Datum und Zeiten eintragen.
Nach einem halben Jahr trennen sich unsere Wege. Eine Woche vor meiner Entlassung fragt man mich, wo ich im Kriegsfall eingesetzt werden will. Ich antworte, dass ich mir vorstellen könnte, als Spion hinter den feindlichen Linien zu arbeiten. Danach höre ich nie mehr etwas.
Falls sich jemand fragt, wie es dem Oberst und seiner Abhandlung erging: ausgezeichnet. Er bekam sogar eine gute Note, obwohl er die statistische Signifikanzprüfung für asymmetrische Verteilungen nicht begriffen hatte. Ich löste im Austausch gegen einige Urlaubstage dieses Problem für ihn, und da ist schließlich weiter nichts dabei.
Damit habe ich als schwedischer Mitbürger und Mann auch meine Wehrpflicht erfüllt. In dieser Hinsicht bin ich jetzt frei, im Leben weiterzugehen. Außerdem habe ich bereits beschlossen, wohin ich will. Ich strebe eine Karriere innerhalb der Polizei an, denn einen besseren Ort gibt es nicht für jemanden, der sich den Kindheitstraum, Meisterdetektiv zu werden, erfüllen will.
45.
Ich erleide einen Rückfall in die Kunst, eine Kuh auszumalen
Ende der 1960er Jahre habe ich bei der Reichspolizeibehörde einen Fuß reingekriegt. Wenig später mehr als nur einen Fuß. Ich habe ein eigenes Büro im selben Korridor wie Reichspolizeichef Carl Persson. Ich sitze im Haus an der Polhemsgatan ganz oben, und zu meinen Füßen liegt ein ganzes Stadtviertel voller Polizisten.
Ich habe einen Schlüssel und kann kommen und gehen, wann ich will, reden, mit wem ich will, und untersuchen, was meine Arbeit oder meine Neugier mir vorschreibt. Ich sitze stundenlang im Pausenzimmer der Reichsmordkommission oder des Dezernats für Gewaltverbrechen in Stockholm herum, während Legenden wie Lasse Kollander, »Mord-Otto« Andersson und Sven Thorander mir klassische Polizeianekdoten erzählen. Wie es wirklich war, als …
Im Keller befindet sich das Zentralarchiv, Tausende Regalmeter mit Zehntausenden Aktenordnern über Verbrechen und Verbrecher warten darauf, dass ich sie in die Finger kriege. Für das Archiv besitze ich natürlich auch einen Schlüssel. Der Meisterdetektiv ist endlich in seinem Element. Bleibt nur noch, dafür zu sorgen, dass endlich was getan wird.
Ein ständiger Streitpunkt, als ich bei der Reichspolizeibehörde anfange, ist die Verbrechensstatistik. Seit die Polizei ein paar Jahre zuvor verstaatlicht wurde, ist die Anzahl angezeigter Straftaten dramatisch gestiegen. Bei der Behörde ist man, nicht ganz unerwartet, der Meinung, dass der Grund dafür ein
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