Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Problemen innerhalb der Kriminologie beschäftigt. Davon handelt auch meine Doktorarbeit, Messprobleme im Zusammenhang mit dem Studium von Verbrechen und Verbrechern.
Dann bin ich den eingeschlagenen Weg einfach weitergegangen. Ich habe mich mit beharrlichen Gesetzesbrechern befasst, Leuten, die ständig rückfällig werden. Ich habe mir einen Überblick über das organisierte Verbrechen und die Wirtschaftskriminalität verschafft, habe polizeiliche Probleme und Ermittlungsmethoden unter die Lupe genommen und war in den letzten fünfundzwanzig Jahren fast ausschließlich mit schweren Gewaltverbrechen und mit den Leuten, die solche Taten begehen, beschäftigt. Rein konkret habe ich Verbrechen analysiert und Täterprofile erstellt, fast immer ging es dabei um ungeklärte Morde.
In meinen fast vierzig Jahren als Kriminologe habe ich etwa hundert wissenschaftliche Arbeiten über Verbrechen und Verbrecher verfasst, Bücher, längere und kürzere Rapporte, Aufsätze, interne Ermittlungsdokumente und Betrachtungen, die jedenfalls gedruckt worden sind. Ich habe einige tausend Stunden lang Vorlesungen und Vorträge gehalten, war Mentor von etwa hundert Studenten und einem Dutzend Doktoranden und habe all das andere getan, was von einem Lehrer an der Universität in seinem beruflichen Leben erwartet wird. Ich war Mitglied verschiedener Kommissionen, Zweitgutachter und Experte bei Promotionen und Experte und Sachverständiger bei verschiedenen staatlichen Untersuchungen innerhalb meines Fachgebiets. Ich habe ganz gewiss, und wie man es von mir erwartet hat, mein wissenschaftliches Pensum erfüllt.
Gewisse Dinge habe ich jedoch gemieden. Meetings, unnötige Tagungen und verschiedene akademische Ehrenämter. Für so etwas habe ich keine Zeit. Ich brauche Ruhe für meine Interessen und meine Gedanken. Ich will mein Leben nicht an eine Menge geschwätziger Kollegen verschwenden, deren Dünkel oft nur von ihrer Einfalt übertroffen wird.
Schwedische Kriminologen sind nur selten Kernphysiker, und das ist ein großes Glück, denn sonst wäre die Kernschmelze ein Teil unseres Alltags. Es gibt zwar ein paar Ausnahmen, aber da diese ohnehin bereits so denken wie ich und meiner Meinung sind, kann ich den Dialog mit ihnen, um Zeit zu sparen, durch den ständigen Dialog in meinem Inneren ersetzen.
Will ich mir nur einen netten Abend machen und etwas über die Arbeit schwadronieren, dann treffe ich lieber all jene alten Bullen, die ich kenne und schätze. Leute, die etwas Eigenes beizutragen haben und das außerdem auf eine unterhaltende Art tun können. Darin unterscheiden sie sich von vielen meiner akademischen Kollegen, die mir nur mit Statistiken über die tragischen Selbstverständlichkeiten kommen, anhand derer sie Verbrechen und Verbrecher zu beschreiben suchen, und gleichzeitig ihren Lebensunterhalt sichern. Das kann ich mir alles selbst zusammenreimen. Dafür braucht es keine Forschung.
Zu Beginn meiner akademischen Studien gibt es die Kriminologie, die Wissenschaft von den Verbrechen und den Verbrechern, nicht als selbstständiges Fach an der Universität. Seit Anfang der 1960er Jahre gibt es zwar eine Professur an der Universität Stockholm, aber es dauert noch bis 1970, bis die Kriminologie ein Universitätsfach mit eigenem Institut, Lehrplan, Unterrichtsmaterial, Studenten und Dozenten wird.
Es steht mir somit frei, die Fächer zu wählen, von denen ich glaube, dass ich sie für meine zukünftige Arbeit am besten verwenden kann. Ich studiere Mathematik und Statistik, Kriminalsoziologie, Sozialökologie und andere Verhaltenswissenschaften sowie die Teile der Rechtswissenschaften, die für einen Kriminologen von Interesse sind. Ich mache es genauso wie mein Vater Gustav, der nur die Werkzeuge mitnimmt, die er für den konkreten Auftrag, den er übernommen hat, braucht. Ich vermeide es, all das mitzuschleppen, wofür ich ohnehin keine Verwendung habe.
Als Kriminologe treibt mich dasselbe Motiv an, das auch immer der Leitstern im Leben meines Vaters war. Ich versuche die Kriminalität anhand von aus der Wirklichkeit gewonnenen Beobachtungen zu beschreiben und zu erklären. Ich bin ein traditioneller Empiriker und begründe meine Analysen und Schlüsse mit dem, was ich tatsächlich beobachten kann. Ich versuche alles mit Hilfe normaler gesunder Vernunft zu bewerten und lasse natürlich dem Zweifel Raum, mit dem jeder denkende Mensch leben muss. Es gefällt mir ganz einfach, Nägel einzuschlagen, zu sehen, dass die Bretter
Weitere Kostenlose Bücher