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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ihrer unreifen Körper und kindlichen Gesichter ausgewählt worden. Doch sie sahen nur so jung aus. Wahrscheinlich hatten sie ausnahmslos auf Wochen oder Tage genau das vorgeschriebene Mindestalter von achtzehn Jahren, das sie nicht unterschreiten durften, um nicht unter die illegale Kinderpornographie zu fallen. Je weiter er blätterte, desto krasser wurden die Bilder. Es waren Jungen im selben Alter wie die Mädchen dabei, die mit den Models kopulierten, daneben aber auch Männer im mittleren Alter oder darüber, die dasselbe taten. Geilheit war Trumpf.
    Die Rose_Stricken-Dateien waren verstörend, aber nicht, wie er vermutete, die Art von Download, die auf einem Computer von Interpol Alarm auslösen oder auch nur die Aufmerksamkeit der örtlichen Polizei auf sich lenken würde. Er fand Links zu Websites mit Bezeichnungen wie Barely18.com und Justoldenough.com, die er sich ersparte.
    Es gab noch andere Ordner, die er nicht öffnen konnte, so dass er sich wünschte, über die Computer-Expertise jüngerer Menschen zu verfügen. Er probierte einige Variationen zu »Sandy« aus. Er schätzte, dass dieser Name nur deshalb durch den Nebel im Kopf der kranken Mutter gedrungen war, weil er im Haus häufig gefallen war. Er wusste, dass irgendeine Kombination mit diesem Namen irgendetwas auf dem Computer öffnen würde. Doch alle Verbindungen, die er ausprobierte, wurden abgelehnt.
    Vergangenheit wird Gegenwart und beeinflusst die Zukunft
gehörte zu den Binsenweisheiten der Psychologie. Dinge, Ereignisse, Menschen, die es in unsere Erinnerungen geschafft haben, beeinflussen die Schritte, die wir in der Gegenwart machen, und unsere Träume über das, was vor uns liegt. Der Sexualstraftäter Mark Wolfe bildete keine Ausnahme von dieser Regel, nur dass der Schaden, den er genommen hatte, seinerseits großen Schaden anrichten konnte. Woher dieser Schaden kam, war ein Geheimnis. Wo er derzeit lauerte, verriet der Computerbildschirm; wohin er noch führen würde, konnte niemand sagen.
    In der Hoffnung, dass es ihm Zugang zu einer Ordnerliste mit sämtlichen Passwörtern von Wolfe verschaffte, tippte er »KillSandy« ein, doch stattdessen erschienen augenblicklich Bilder auf dem Bildschirm. Er starrte auf das Bild einer jungen Frau, die sich vorbeugte, um die Erektion eines alten Mannes mit den Lippen zu empfangen. Bei dem Anblick bekam er das Bedürfnis, sich die Hände zu waschen und ein Glas Eiswasser zu besorgen.
    Adrian rollte sich mit seinem Stuhl vom Schreibtisch weg. Er wollte einen Gedichtband finden; etwas Subtiles, Verse lesen, etwas, das makellos und ehrbar war. Vielleicht ein paar Shakespeare-Sonette, überlegte er, oder Byron. Zeilen, die in zärtlichen, aufrichtigen Bildern und Gleichnissen voller Leidenschaft von Liebe sprachen, statt Bilder von haarigen Männern, die ihre aufgestauten Triebe mädchenhaft jungen Frauen aufzwangen.
    Er machte Anstalten, aufzustehen, blieb jedoch sitzen, als er hörte, wie ihm sein Sohn ins Ohr flüsterte: »Aber Dad, du hast nicht genau genug hingesehen. Noch nicht.«
    Adrian drehte sich mit ausgebreiteten Armen blitzschnell um, als könnte er den Geist seines Sohnes umarmen und an sich drücken, doch er war allein im Raum. Dafür kam Tommys Stimme ganz aus der Nähe.
    »Worum geht es bei dem, was du siehst?«, fragte ihn sein Sohn. Es klang melodisch, so wie der neunjährige Junge sprach. Als sein Sohn klein war, liebte Adrian nichts so sehr, wie von Tommy gerufen zu werden. Es war wie eine Einladung, ihm etwas mitzuteilen, etwas Kostbares wie ein Juwel.
    »Tommy, wo bist du?«
    »Ich bin hier, dicht bei dir.«
    Seine Stimme klang, als käme sie durch dichte Dunstschleier. Adrian wollte verzweifelt durch die Wolken brechen und seinen Sohn berühren.
Nur noch ein einziges Mal,
dachte er.
Nicht mehr, nur ein Mal. Eine einzige Umarmung.
    »Dad! Pass auf! Worum geht es bei dem, was du siehst?«
    »Um nichts weiter als ekelhafte Pornographie«, antwortete Adrian. Es war ihm ein wenig peinlich, dass sein Sohn dieselben Dinge sah wie er.
    »Nein, es ist mehr. Viel mehr.« Adrian sah wohl verwirrt aus, denn er hörte seinen Sohn seufzen. Es war wie ein Windstoß, der durch die Stille des Hauses blies. »Komm schon, Dad. Denk dran, wer du bist, und dann stell eine Verbindung her zu dem, was du siehst.«
    Für Adrian ergab das keinen Sinn. Er war Wissenschaftler. Seine Studien basierten auf der Erfahrung. Das hatte er jahrzehntelang unterrichtet.
    Auf dem Bildschirm vor ihm waren verrenkte

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