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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Polizei …«
    Parsons wedelte mit dem Arm in der Luft, als finge er einen Abpraller. »Wenn sie das Opfer haben – tot oder lebendig –, dann können sie das Verbrechen zurückverfolgen. Möglicherweise. Wahrscheinlich nicht. So oder so würde ich mir von der Polizei keine zufriedenstellenden Ergebnisse erhoffen.«
    Adrian nickte.
Da ist noch etwas.
Er hörte die Stimme seines Bruders im Ohr.
    »Da ist noch etwas«, sagte Professor Parsons ruhig, als hätte der Tote auch ihm das Stichwort gegeben. Adrian wartete auf eine Antwort. »Bei dieser Art von Verbrechen tickt die Uhr.«
    »Die Uhr?«
    »Ja. Solange das Opfer für Erregung, Kitzel, Leidenschaft – Gott weiß, was – sorgt, ist es für das Paar von außergewöhnlichem Wert. Aber sobald das aufhört – oder sie seiner überdrüssig werden oder sich der Fundus an Erregung, den es ihnen bringt, erschöpft –, verlieren sie das Interesse. Sie versuchen, die Geisel loszuwerden.«
    »Und lassen sie frei?«
    »Nein. Nicht unbedingt.«
    Während die beiden Professoren die verschiedenen Aspekte des Problems erwogen, herrschte eine Weile Schweigen. In die Stille hinein hörten sie, wie die junge Studentin nach Luft schnappte, als ginge eine kalte Brise durch das kleine Büro. Sie wandten sich zu Miss Lewis um.
    Sie hatte den Kopf gesenkt, als scheute sie sich davor, den Gedanken auszusprechen, der ihr gekommen war und der sie so verlegen machte, dass ihre Wangen glühten. Sie sprach leise und stockend. »Ian Brady und Myra Hindley«, sagte sie. »1966. England. Die Morde im Moor.«
    Roger Parsons klatschte begeistert in die Hände. »Ja«, sagte er so laut, dass seine Stimme durch das kleine Zimmer dröhnte. »Absolut richtig, Miss Lewis. Bravo. Eine gute Überlegung. Adrian, da könntest du den Anfang machen.«
    Die Studentin lächelte schüchtern über das überschwengliche Lob ihres Mentors, während Adrian der Gedanke kam, dass es für einen so jungen Menschen hart sein musste, die Namen und die verkommenen Taten berühmter Serienkiller zu kennen.

14
    Der junge Mann eilte am Buchladen Negra Y Criminal ganz in der Nähe einer der Hauptdurchgangsstraßen in Barcelona vorbei. Drinnen las vor dicht gedrängtem Publikum ein Verfasser von Kriminalromanen aus einem seiner Werke vor, und er kämpfte einen Moment mit sich, ob er nicht anhalten und zuhören sollte. Doch im Reisebüro, in dem er arbeitete, hatte er einen schrecklichen Tag hinter sich – von morgens bis abends wütende Beschwerden und rückläufige Geschäfte. Nachdem er erfolglos versucht hatte, ein Problem nach dem anderen zu lösen, war er müde und frustriert, und er hatte nur noch den Wunsch, für den Rest des Abends mit Nummer 4 allein zu sein.
    Er war ihr so verfallen wie ihren Vorgängerinnen. Vielleicht, überlegte er, noch mehr. Er fragte sich, wie es möglich war, dass er sich so schnell in ein Bild verlieben konnte, das ihn als Datenstrom auf seinem Computer erreichte. Zu Beginn der neuen Serie hatte er sich bei allerlei Phantasievorstellungen über sie ertappt; er hatte versucht sich vorzustellen, was sie gerade machte, woran sie gerade dachte und was an diesem Tag mit ihr passieren würde. Solange er an seinem Schreibtisch in seinem kleinen Büro saß, hatte er der Versuchung widerstanden, sich im Stundentakt in Whatcomesnext.com einzuloggen und nach ihr zu sehen. Seine Arbeitgeber missbilligten den »persönlichen« Gebrauch der Dell-Computer in der Firma, was einige seiner Kollegen nicht daran hinderte, Computerspiele zu öffnen oder gelegentlich eine Pornoseite aufzurufen, wenn die Vorgesetzten gerade nicht in der Nähe waren. Vor allem aber wollte er Nummer 4 mit keinem seiner Kollegen teilen. Keiner von ihnen – und er hasste sie alle – sollte von ihr wissen.
    Und so eilte er durch die frühe Abenddämmerung, ignorierte die Menschen, die sich in den Cafeterias drängten, durch die breiten Straßen schlenderten oder sich an Straßenecken trafen, um das Neueste über den Fußballclub zu diskutieren oder über die Politiker zu jammern. Er hätte sich irgendwo etwas zu essen besorgen sollen – seit seiner letzten Mahlzeit waren Stunden vergangen –, doch er hatte keinen Hunger. Vielmehr drängte es ihn mit jedem Schritt in die Einsamkeit seines bescheidenen Ein-Zimmer-Apartments zurück, als handelte es sich um einen Notfall.
    Er durfte nichts verpassen. Dabei war es egal, wenn streng genommen nichts passiert war.
    Dem jungen Mann auf der Straße in Barcelona erschien

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