Der Professor
auf seinem Sitz erschöpft, doch erleichtert nach hinten lehnte.
»Gut. Verdammt, Audie, du musst endlich aufhören, so …
zögerlich
zu sein. Diese ganze Chose mit Jennifer verlangt schnelles Handeln. Das weißt du so gut wie ich. Also, wenn du dir wieder eine Person oder eine Sache, ein Beweisstück oder eine Information in diesem gesetzten, gemächlichen Akademikertempo zu Gemüte führen willst, dann kann ich dir nur raten, dass du von jetzt an, nun ja, deinen Arsch etwas schneller bewegst.«
Brians Stimme klang schwach und keuchend, als müsste er die Kraft zum Sprechen irgendwo aus der Tiefe schöpfen. Zuerst vermutete Adrian, sein Bruder sei vielleicht krank, doch dann erinnerte er sich, dass er tot war.
Er fuhr mit seinem alten Volvo auf die Straße. »Ich habe noch nie jemanden beschattet«, sagte Adrian. Als er Gas gab, machte der Motor ein widerstrebendes Geräusch.
»Ist nichts dabei«, antwortete Brian mit einem Seufzer, als löste allein schon die Bewegung ein gewisses Maß an Spannung. »Wenn wir uns wie richtige Profis verhalten wollten, also, dann würden wir ihn mit drei Autos verfolgen, von denen abwechselnd immer eins dicht an ihm dranbleibt. Die gleiche Masche funktioniert zu Fuß auf der Straße. Aber ganz so raffiniert muss es ja nicht sein. Fahr ihm einfach nur hinterher.«
»Und dann?«
»Dann sehen wir weiter.«
»Und wenn er nun ahnt, dass ich ihm folge?«
»Dann sehen wir weiter. Macht keinen Unterschied. Früher oder später müssen wir sowieso mit dem Kerl reden.« Adrian sah, dass Brian auf den Computerausdruck starrte. »Verstehe, wieso du dir dieses Ekel ausgesucht hast«, sagte Brian. Er lachte leise, auch wenn Adrian nicht sehen konnte, was an den Seiten aus der Website-Liste so komisch sein sollte.
»Wegen der Altersgruppe, die er bevorzugt«, sagte Adrian laut, während er um eine Ecke fuhr und anschließend Gas gab, um sich nicht abhängen zu lassen. »Er war wegen drei Delikten vor Gericht und hat sich schuldig bekannt, jedes Mal mit jungen Mädchen im Alter von dreizehn bis fünfzehn.«
»Ein Herzchen, kein Zweifel«, sagte Brian im Brustton des Anwalts, der die Fakten und Beweise auf seiner Seite hat.
Genau das hatte sich Adrian mit ähnlichem Sarkasmus gesagt. Die Kunst bestand darin, sich die Gruppe von siebzehn verurteilten Straftätern durch die wissenschaftliche Brille anzusehen, mit besonderem Augenmerk auf der zugrundeliegenden Störung. Bei den meisten handelte es sich um verurteilte Vergewaltiger. Einige Vergehen hatten sich im familiären Umfeld abgespielt. Dieser Mann hier war eine Ausnahme. Einmal war er wegen Besitzes von Kinderpornographie aufgeflogen. Dann hatte eine Ex-Ehefrau eine Anzeige zurückgezogen, bei der es um eine Stieftochter ging. Schließlich war er mehrfach wegen Exhibitionismus verhaftet worden.
Alles Ratten. Aber eine Ratte war anders.
»Er hat sich vor ihnen entblößt.«
»Ein Schlappschwanzwedler also. So hießen die früher bei den Bullen«, sagte Brian. »Zumindest in der Großstadt. Vermutlich hier im Hinterland nicht anders.«
»Nein, vermutlich nicht. Aber, Brian, schau dir die letzte Verurteilung an, und du siehst …« Adrian sprach nicht zu Ende. Er blickte zwischen dem beigefarbenen Wagen vor ihm und Brian, der auf dem Rücksitz las, hin und her.
»Ah, interessant, wofür er gesessen hat … Also wirklich, Audie, ich bin beeindruckt. Offenbar hast du den Dreh allmählich raus.«
»Freiheitsberaubung.«
»Ja«, sagte Brian. »Das ist natürlich weniger gravierend als Entführung … geht aber in dieselbe Richtung, nicht?«
»Würde ich sagen.«
Brian schnaubte. »Teenager also. Und er wollte sich so ein Mädchen schnappen, ja? Fragt sich, was er
danach
mit ihr vorhatte. Na ja, spricht jedenfalls Bände.« Er lachte wieder. »Allerdings …«
»Ich weiß. Keine Komplizin. Da muss ich noch dahinterkommen …«
»Verlier ihn nicht, Audie. Er fährt Richtung Stadt.«
Der Verkehr war dichter geworden. Mehrere Limousinen und Pick-ups hatten sich zwischen ihn und den beigefarbenen Wagen gedrängt. Hinter ihm fuhr ihm ein Schulbus fast in die Stoßstange. Adrian gelang es, auf gleichem Abstand zu dem Mann zu bleiben. »Ich erinnere mich an diesen schnittigen Sportwagen, den du mal hattest …«
»Der Jaguar. Ja, der war cool.«
»Wär bedeutend leichter, damit dranzubleiben.«
»Den hab ich verkauft.«
»Weiß ich noch. Hab ich nur nie verstanden. Ich hatte den Eindruck, dass er dich glücklich macht.«
»Ich
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