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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hinüber zum Grauen Turm, dessen Dach beinahe auf gleicher Höhe des Aquädukts nun etwa dreißig Fuß entfernt war. Das Dach des Turms erinnerte an eine Brustwehr mit Zinnen. Statuen, hässliche massige Wesen, deren Gesichter größtenteils in Dunkelheit gehüllt waren, schauten jeweils von den mittleren Punkten der Dachkanten nach außen.
    »Da«, sagte Kitai. »Siehst du die Tür?«
    Isana stellte sich neben sie und konnte tatsächlich eine Falltür
sehen, die von der Treppe aufs Dach führen musste. Sie lag flach auf dem Stein wie die Türen des Wurzelkellers daheim auf ihrem Wehrhof. »Ja, ich sehe sie.«
    »Von der Tür aus müssen sie zur Dachkante gelangen, ohne den Stein zu berühren«, erklärte Kitai. »Sonst wecken sie die Gargyle.«
    Isana biss sich auf die Unterlippe und schätzte die Entfernung. »Das ist doch weiter, als ich gedacht hätte«, sagte sie.
    Kitai nickte und öffnete das andere Futteral an ihrem Gurt. Sie holte einen kleinen Stoffsack hervor, in dem sich etwas Schweres zu befinden schien, und einen kleinen Stahlhammer. »Schaffst du es?«
    »Zeit, es herauszufinden«, murmelte Isana. Erneut raffte sie ihre Röcke, stieg ins Wasser und rief Bächlein. »Du solltest dich strömungsaufwärts von mir aufhalten, bis es so weit ist«, mahnte sie, dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf das Wasser.
    Dreißig Fuß war eine lange Strecke, um etwas so Schweres wie Wasser zu schleudern, und vor allem war ein gleichmäßiger Strom notwendig. Die Strömung im Aquädukt genügte nicht, wenn sie das Wasser einfach umleitete. Sie musste den Druck erhöhen, und sie begann nun damit, die linke Hand hinter sich auszustrecken und Bächlein dazu zu bewegen, das Wasser zu blockieren.
    Nun floss es nicht mehr an ihr vorbei, sondern staute sich in der Rinne auf und begann dann überzulaufen, nachdem es die Steinkante des Aquädukts erreicht hatte. Ein wenig tropfte nach unten, doch das meiste fing Isana auf, und so füllte sich die Rinne auf erst zwanzig, dann dreißig und schließlich sechzig Schritt Länge hinter ihr. Das Gewicht des Wassers war enorm, und Isana spürte, wie sehr Bächlein sich anstrengen musste. Sie wartete, bis der Druck des eingedämmten Wassers so hoch war, dass Bächlein es kaum noch halten konnte, dann hob sie den rechten Arm mit der Handfläche nach oben und öffnete dem Wasser einen Fluchtweg - nicht nach vorn die Rinne entlang wie vorher, sondern in hohem Bogen zur Seite, hinüber zum Dach das Grauen Turms.
    Das Wasser schoss wie eine Fontäne in die Luft und erhob
sich zu einem wunderschönen Bogen, in dem Sternenlicht und die bunten Elementarlampen von Alera Imperia glitzerten. Eine Sekunde lang wehte eine kleine Brise gegen das Wasser, und es kam nicht ganz bis zum Rand. Im nächsten Moment erstarb der Wind, und nun regnete ein unablässiger Wasserstrom auf das Steindach nieder.
    Isana lächelte unwillkürlich, und sie blieb in dieser Haltung stehen, um gemeinsam mit Bächlein das Wasser vom Aquädukt hinüber zum Grauen Turm zu leiten, wo es sich rasch ausbreitete und den Wehrgang in einer dünnen Schicht bedeckte.
    »So!«, keuchte Isana. »Jetzt, Kitai.«
    Kitai trat vor, duckte sich neben Isanas Füßen, und holte mit behandschuhter Hand aus dem kleinen schweren Beutel einen der Kaltsteine, die sie in der Nacht zuvor gestohlen hatte. Sie legte ihn auf den Grund des Aquädukts, nur ein wenig weiter aufwärts von dem Wasserbogen, und hielt ihn dort mit der einen Hand, während sie mit der anderen den Hammer hart niedergehen ließ.
    Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, und ein kalter, blauer Lichtblitz war zu sehen, als der Feuerelementar, der im Kaltstein gebunden war, gierig Wärme aus der Umgebung ansaugte.
    Kaltsteine waren sehr teuer in der Herstellung, denn sie enthielten Feuerelementare, die weitaus mächtiger waren als jene in Lampen, Herden oder Öfen. Man musste sie auf eine besondere Weise binden, und obwohl sie dazu gebracht wurden, möglichst viel Hitze in sich aufzunehmen, wurden sie so beeinflusst, dass sie dabei langsam und gleichmäßig vorgingen. So ein Stein nahm also über den Zeitraum von drei oder vier Monaten Wärme aus seiner Umgebung auf - dann hatte er sein Fassungsvermögen ausgeschöpft. Wenn man ihn in einer gut gedämmten Kiste aufbewahrte, konnte ein Kaltstein hervorragend Essen kühlen oder sogar Eis über einen heißen Sommer hinweg gefroren halten.
    Doch sobald man einen Kaltstein, in dem ein Feuerelementar gebunden war, zerschmetterte,

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