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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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dem Blut seines Vaters innegewohnt hatte?
    Isanas Herz machte einen Satz, gleichermaßen vor Schreck und vor Freude. In ihrer Furcht hatte sie stets zu verheimlichen versucht, wer er war, und dadurch hatte sie die Entwicklung seiner Elementarkräfte behindert. Dieser Schaden, so hatte sie geglaubt, sei nicht mehr wiedergutzumachen.
    War er trotzdem geheilt? Hatte ihr Sohn eine zweite Chance bekommen, ihren Fehlern zum Trotz? Hatte er die Stärke erlangt, die ihn vor den Mächten schützen könnte, welche versuchen würden ihn zu vernichten, sobald bekannt würde, wer er wirklich war?
    Jahrelang hatte sie der Gedanke an das, was dann passieren würde, zur Verzweiflung getrieben, und ihre Unfähigkeit, ihn vor Menschen wie der Fürstin Aquitania schützen zu können, hatten sie bitter gemacht.
    Jetzt flammte in ihrem Herzen ein fremdes, fast vergessenes Gefühl auf und vertrieb mit seinem Licht die Angst.
    Hoffnung.
    »Kitai«, zischte Isana. »Hat mein Sohn seine Elementare gefunden?«
    Kitai wandte sich zu ihr um und starrte sie an.
    Ehe sie jedoch antworten konnte, knackte das Eis laut, und die Tür zum Dach des Turms wurde aufgestoßen.
    Araris trat als Erster hindurch und sah sich um. Selbst in der Dunkelheit konnte Isana seine Zähne schimmern sehen, als er
wegen der Eisschicht lächelte. Sein Blick folgte dem anmutigen Bogen hinüber zum Aquädukt, und er winkte ihnen kurz zu, ehe er sich umdrehte und die anderen herausrief.
    Tavi trat aufs Dach, und hinter ihm erschien eine riesige Gestalt wie aus einem Albtraum. Der Cane, wie sie annahm, Botschafter Varg, überragte sogar Tavi um gute drei Fuß, und sein schwarzer, fellbesetzter Körper wirkte schlank und doch ausgesprochen kräftig. Der Cane trat ins Freie, blieb kurz stehen, warf den Kopf in den Nacken, hob die Schnauze gen Himmel und breitete die Arme aus. Dann schüttelte er sich wie ein nasser Hund, duckte sich entspannt und ging hinter Tavi über das Eis zur Dachkante.
    Ohne ein Wort zu sagen, warf Kitai die erste Leine hinüber zu Araris. Der fing das Seil auf, und während Kitai es stramm zog, schob er sein Schwert in die Scheide und setzte den Fuß in die Schlinge, genauso wie Isana vorhin. Im nächsten Augenblick schwang er sich in die Luft, schaukelte hin und her und drehte sich, während Kitai ihn nach oben hievte.
    Isana betrachtete die junge Frau erstaunt. Kitai musste sich nicht mehr als bei ihr anstrengen, Araris hochzuziehen, trotz Rüstung und Waffen, und plötzlich fiel Isana dieser leere Blick bei ihr auf. Den hatte sie schon bei ihrem Bruder gesehen, wenn er auf dem Wehrhof hart arbeiten musste.
    Kitai nahm Erdkräfte zu Hilfe.
    Schließlich war Araris oben, und Kitai warf das Seil Tavi zu. Der stellte ebenfalls den Fuß in die Schlinge und schwang sich vom Turm. Araris, so fiel Isana auf, hielt die Leine hinter Kitai, und die Unzufriedenheit und Sorge darüber, dass er seinen Schützling nicht selbst in Sicherheit ziehen konnte, wogte zu Isana herüber.
    Dann kletterte Tavi auf das Aquädukt, und sein Gesicht leuchtete vor Aufregung. Als er stand, sah er Kitai an und sagte: »Ich will nichts hören.«
    Kitai grinste, erwiderte jedoch nichts.
    Isana wandte sich zu Varg um, der am Rande des Dachs kauerte
und dessen rote Augen im trüben Licht glühten. »Meine Güte«, flüsterte sie, »er ist wirklich … groß.«
    »Ja«, stimmte Tavi zu. Er sah Kitai an, die gerade eine Leine zum letzten Wurf fertig machte, und zwar eine, die aus mehreren dünnen Seilen geflochten war. »Selbst wenn wir es festmachen, wird es ihn halten?«
    Sie blickte ihm in die Augen.
    Tavi verzog das Gesicht, hob jedoch die Hände, als wollte er sich ergeben.
    Kitai warf das eine Ende des Seils, das sie mit einem dicken Knoten beschwert hatte, auf die andere Seite des Aquäduktes, so dass es vorn wieder zum Vorschein kam, nachdem es sich einmal herumgeschlungen hatte. Tavi packte es. Er reichte das Ende Kitai, die es verknotete und das lange freie Ende zu Varg hinüberwarf.
    Der Cane fing es auf, sah es kurz an, trat vor und wollte seinen Fuß in die Schlinge stellen.
    Dann fuhr er herum und schaute zur Treppe zurück.
    Isana bemerkte einen halb bekleideten Mann, der auf das Dach rannte und einen Speer in der Hand hielt. Der Wächter blickte sich kurz um, schockiert über das, was er auf dem Dach entdeckte, doch dann hob er den Speer und schleuderte ihn mit voller Kraft.
    Varg wollte zur Seite springen, rutschte jedoch mit den Pfoten auf dem Eis aus, verhedderte sich

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