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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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aufmerksam die Straße, die nach Osten führte. »Nein«, sagte er leise, »das denke ich nicht.«
    Einen Augenblick lang sah man nur den Morgendunst, weil sich die Luft noch nicht ausreichend aufgewärmt hatte, um ihn aufzulösen. Dann erschienen die ersten Reihen marschierender Soldaten im Nebel. Zwei lange breite Kolonnen liefen zu beiden Seiten der Straße, damit für die Wagen und Zugtiere der Entsatztruppe in der Mitte Platz blieb. Marcus kniff die Augen zusammen und begann zu zählen, ehe er genau erkannte, was er eigentlich vor sich hatte.

    »Zwei Legionen?«, murmelte er.
    »Ja«, antwortete Magnus ruhig.
    »Unter blau-rotem Banner«, fügte Marcus hinzu. »Wie wir.«
    Der Oberste Bursche blickte angestrengt zu den heranmarschierenden Soldaten. »Ach, das habe ich mir schon gedacht. Das neue Spielzeug des Senats. Die Senatsgarde.«
    Marcus grunzte. »Arnos’ Lieblingsvorhaben, richtig?«
    »Der Senator ist daran gewöhnt, seinen Willen zu bekommen«, erwiderte der Bursche. »Und da der Krieg andauert, hat er im Ausschuss, im Senat und in der Civitas mehr Unterstützung gefunden.«
    »Und nun verfügt der Senat über seine eigenen Legionen.«
    Der alte Bursche nickte. »Ehrgeizig ist dieser Arnos, und er befehligt zwei Drittel der Kampfkraft eines Hohen Fürsten. Er hat die alleinige Entscheidungsgewalt.«
    Marcus atmete langsam aus. »Die gute Nachricht ist also, dass die Canim den Fluss nicht überquert haben.« Er sagte den nächsten Satz lauter, denn er wusste, dann würde er sich rasch rechts und links die Mauer entlang ausbreiten. »Heute gibt es keinen Kampf.«
    »Und die schlechte Nachricht wäre«, sagte Magnus leise, »dass …«
    »… dass der Kriegsausschuss nach Elinarcus gekommen ist, um ein bisschen zu spielen«, ergänzte Marcus in bitterem Ton.
    »Die großen Elementare mögen uns beistehen. Ja.«
    »Danke, Magnus«, sagte der Erste Speer. »Scheint mir fast, es hat sich in deine Art von Kampf verwandelt.«
    Der Oberste Bursche der Legion seufzte. »Ja. Und wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, dann werde ich loswanken und versuchen, ein Quartier für all unsere Gäste zu finden.« Er nickte ihnen zu und ging davon.
    Kellus trat zu Marcus und schaute finster zu der heranmarschierenden Legion hinüber. »Wir brauchen deren Hilfe nicht«, meinte er. »Wir haben die Stellung allein zwei Jahre gehalten.«

    »Wir haben auch zwei Jahre lang geblutet«, sagte Marcus. »Mir würde es nichts ausmachen, mich dabei eine Weile ablösen zu lassen, Tribun.«
    Kellus schnaubte und kehrte zu seinen Männern zurück, wo er eigentlich, wie Marcus fand, von vornherein hätte bleiben sollen. In einer Hinsicht hatte der junge Tribun allerdings recht. Arnos’ Anwesenheit - und die seiner beiden Legionen - an der Elinarcus war ganz und gar kein gutes Zeichen.
    Denn Marcus wusste, wem Arnos’ Treue galt.
     
    Eine Stunde später kehrten Valiar Marcus und seine Männer zu ihren Unterkünften in der Stadt zurück, und Marcus ging in sein Zelt, denn er musste unbedingt schlafen. Er zog die Klappen des Eingangs zusammen und begann, seine Rüstung abzuschnallen.
    »Kann ich dir irgendwie behilflich sein, Fürstin?«, fragte er dabei.
    Von seinem Feldhocker, einer Leinwand auf einem Holzgestell, ertönte ein zufriedener Laut. Die Luft schimmerte kurz, und eine Frau in einem eher schlichten Kleid wurde sichtbar. Das Kleid passte gar nicht zu ihrem Gesicht, genauso wenig wie altes Zaumzeug zu einem edlen Ross passt. An ihre Schönheit reichten nur wenige Frauen heran, und niemand würde sie mit ihrem dunklen Haar und der hellen Haut übertreffen, diese Blume, die sich scheinbar in der späten Jugend befand.
    Doch Marcus wusste es besser. Invidia Aquitania war weder jung noch besonders blumig. An ihr gab es nichts Zartes oder Zerbrechliches. Eigentlich, so dachte er, gehörte sie zu den gefährlichsten Menschen, die er je kennen gelernt hatte.
    »Ich habe auf mein Parfüm verzichtet«, sagte sie mit samtweicher Altstimme. »Ich habe sorgfältig darauf geachtet, nichts im Zelt zu verändern. Ganz sicher hast du meinen Schleier nicht durchschaut, und ich habe auch keinen Laut von mir gegeben. Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?«
    Marcus hatte seinen Panzer aufgeschnallt und nahm ihn ab. Die
Erleichterung an Schultern und Nacken, als das Gewicht plötzlich nicht mehr auf ihm lastete, war göttlich. Dann sah er sie an und sagte: »Ach, du bist es.«
    Fürstin Aquitania sah ihm mehrere Sekunden lang in die

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