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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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faltete die Hände und blickte ihn stirnrunzelnd an. »Ich muss ihn mir doch selbst einmal ansehen, Fidelias. Aber so oder so, er sitzt an zu guter Stelle, als dass man ihn übergehen könnte. Schließlich hat er die Treue einer ganzen Legion - und zwar einer Legion, der nicht nur einer, sondern zwei Söhne von Antillus Raucus angehören, auf die beide die Begabung ihres Vaters übergegangen ist. Und bislang hat er sich immer Gaius gegenüber treu verhalten. Es wäre doch unerträglich, wenn da ein Bastard des Hauses Gaius durch die Gegend läuft und seine Kräfte in sich trägt. Das können wir uns im Augenblick nicht leisten.« Sie lächelte kalt, sehr kalt. »Wir sind fast am Ziel. Gaius wird stürzen. Ich werde mir nicht von irgendeinem hergelaufenen Emporkömmling einen Strich durch die Rechnung machen lassen.«
    Fidelias holte tief Luft und bemühte sich mit aller Macht, die Beherrschung zu wahren. Sollte die Fürstin den Aufruhr spüren, der jetzt in ihm tobte, war er so gut wie tot. »Eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme«, sagte er. »Was kann ich für dich tun?«
    »Bleib zunächst, wo du bist«, sagte sie und erhob sich. Sie fuhr mit der Hand träge durch die Luft, und ihr Gesicht schmolz, veränderte sich und erneuerte sich zu viel einfacheren Zügen, die ihr gar nicht mehr ähnelten. Ihr Haar wechselte die Farbe und bekam
graue Strähnen, und ihr Körper sank ein wenig in sich zusammen, als sei sie binnen weniger Sekunden um Jahre gealtert. Dann hob sie das Bündel Wäsche, das sie im Schoß gehalten hatte. Sie sah nun aus wie eine der hundert Waschfrauen, die für die Legion arbeiteten - nur der harte Glanz in ihren Augen hatte sich nicht verändert. »Und bald«, sagte sie, »wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, mein lieber Spion, schicke ich dir die Nachricht.«
    »Welche Nachricht?«, fragte Fidelias ruhig.
    Sie hielt an der Zeltklappe inne und blickte ihn über die Schulter hinweg an. »Na, welche wohl: dass du ihn umbringen sollst, natürlich.«
    Und damit verschwand sie draußen im Getümmel.
    Fidelias - Marcus - schloss die Zeltklappe und bemerkte, dass seine Hände zitterten. Er kehrte zu seiner Pritsche zurück und legte sich hin.
    Den Hauptmann töten.
    Wenn er dem Befehl nicht Folge leistete, würde er es nicht überleben. Obwohl Fürst und Fürstin von Aquitania den Verrat anderer gern förderten, duldeten sie es umgekehrt bei ihren eigenen Gefolgsleuten nicht. Fidelias wusste das. Auf Fürstin Aquitanias Geheiß hin hatte er selbst schon ein halbes Dutzend Verräter getötet. Außerdem hatte er sich gegen seinen früheren Herrn Gaius Sextus gewandt. Die anderen Kursoren hatte er ebenfalls im Stich gelassen. Sogar seine eigene Schülerin, und er wusste, Amara würde ihm niemals verzeihen. Er hatte auf Befehl der Fürstin und ihres Gemahls gehandelt, weil er geglaubt hatte, dass die beiden die am wenigsten zerstörerische Wahl für Aleras Zukunft wären.
    Doch da hatte er diesen Hauptmann noch nicht gekannt, diesen jungen Mann, der Chaos und Verzweiflung irgendwie in Überleben und Sieg verwandelt und dabei ganz nebenbei auch noch sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um Marcus zu retten.
    Jetzt wollte Invidia Aquitania ihm abermals einen Befehl erteilen.
    Den Hauptmann zu töten.

    Marcus saß die Müdigkeit so tief in den Knochen, dass sie wehtaten, dennoch lag er da und starrte an die Leinwand des Zeltes, außerstande einzuschlafen.

3
    »Hauptmann«, sagte Valiar Marcus, »sie erwarten dich.«
    Tavi erhob sich, strich den Saum seiner edlen, roten Tunika unter der Rüstung glatt und vergewisserte sich, dass sein förmlicher halblanger Umhang richtig saß. Bislang hatte er eigentlich keine Gelegenheit gehabt, seine Ausgehuniform zu tragen, und nach zwei Jahren regelmäßigen Gebrauchs wirkte sein verbeulter Brustpanzer ziemlich schäbig im Gegensatz zu dem wundervollen roten Stoff.
    »Schwert, Hauptmann«, sagte Marcus. Das wettergegerbte Gesicht des alten Zenturios wirkte ernst, doch Tavi glaubte, Belustigung in den Augen funkeln zu sehen.
    Tavi blickte an sich hinunter und seufzte. Den Vorschriften entsprechend sollte ein Schwert parallel zum Saum der Hose hängen, doch er hatte sich von Marcus und anderen Veteranen abgeschaut, die Scheide ein wenig schief anzuschnallen. So war es etwas leichter, die Klinge ziehen, und ein kluger Soldat nutzte jeden Vorteil, den er sich verschaffen konnte. Vorschriften waren allerdings Vorschriften, und Tavi nahm sich einen Moment Zeit, um die

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