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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Gleiche galt auch für den verrotteten Holzfußboden im Inneren.
    Navaris zog einen Dolch aus dem Gürtel und trat vor. Sie grinste höhnisch, und Tavi war sicher, sie musste zu derselben Erkenntnis gelangt sein wie er, was das Dach betraf.
    Der Kampf ging weiter, Wolken funkelnder Punkte stoben in alle Richtungen, sobald sich die Klingen berührten. Obwohl Navaris’ Angriffsmöglichkeiten nun begrenzter waren, weil sie den Gladius nicht mehr hatte, konnte Tavi, der genau auf jeden seiner Schritte achten musste, daraus keinen Vorteil ziehen. Unter seinen Füßen drohte der Stein nachzugeben, und die Elementarlampen auf der Mauer waren so weit entfernt, dass manche, bereits vorhandene Löcher im Dach in tiefem Schatten lagen.
    Sein Instinkt verlangte lautstark, zum Angriff überzugehen und den Kampf wieder vom Dach zu verlagern, doch er wusste, das wäre ein tödlicher Fehler. Geduld, hatte Araris gesagt. Warte auf die Blöße.
    Aber Navaris hatte bislang keine gezeigt.
    Tavi wehrte knapp einen Hieb ab, der ihn leicht hätte entwaffnen können, und schlug mit seiner kürzeren Klinge gegen Navaris’ Dolcharm.
    Die Klinge traf.
    Navaris hielt augenblicklich in ihrem Angriff inne, und die beiden erstarrten, kaum außer Reichweite des anderen und mit erhobenen Waffen. Die Stille war gespenstisch und wurde nur vom schweren Atem Tavis und seiner Gegnerin unterbrochen.
    Ein paar Tropfen Blut rannen von Navaris’ Hand.
    »Du hast mich getroffen«, sagte sie, legte den Kopf schief und kniff die Augen auf eine Weise zusammen, die sich für Tavi anfühlte, als wäre plötzlich ein gefährliches Interesse bei ihr erwacht. »Das ist seit Jahren nicht vorgekommen.«
    Tavi rührte sich nicht, hielt den Gladius auf Armeslänge von sich in der linken Hand und die lange Klinge in der Rechten,
leicht nach vorn geneigt, den Griff eng am Körper, die Spitze auf Navaris’ Kehle gerichtet. Jede Gewichtsverlagerung könnte ihr Gelegenheit zu einem Hieb geben, den er vielleicht nicht parieren konnte. Aber das Gleiche galt umgekehrt auch für sie.
    Der Treffer ließ sich genauso gut auf Glück als auch auf Können zurückführen, doch sicherlich hatte er Navaris’ Aufmerksamkeit geweckt. Sie würde nun wachsamer sein, härter zuschlagen, und es würde keine Wiederholung dieser Riposte folgen. Tavi biss die Zähne zusammen. Irgendwie musste er sie bedrängen, sie dazu bewegen, ein größeres Risiko einzugehen, ihn noch wütender anzugreifen. Sonst würde sein Name bald der Liste von Gegnern hinzugefügt, die durch Phrygiar Navaris gestorben waren.
    Bloß wie? Er hatte nichts, worauf er zurückgreifen konnte. Offensichtlich wurde diese Frau von dem Verlangen angetrieben, anderen Menschen Schmerz zuzufügen, und dazu gesellte sich ein zwanghaftes Bedürfnis, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Wenn er seine Erdkräfte einsetzte, um seine Stärke zu erhöhen, würde er sich eine Blöße geben, während er sie bedrohte. Wenn er die Geschwindigkeit seiner Angriffe mit Windkräften heraufsetzte, würde sie ihn vielleicht aufspießen, ehe er Gelegenheit fand, ihr auch nur einen Schrecken einzujagen. Geschwindigkeit allein würde ihm nichts einbringen.
    Doch wie sollte er sie zu einem wilderen Angriff zwingen, ohne sich dabei von ihr umbringen zu lassen?
    Überliste sie. Erschaffe dir die Blöße. Klingen und Elementare sind nicht gefährlich. Gedanken und der Wille sind gefährlich .
    Es gab noch eine Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und ihre Metallkräfte zu überwinden - indem er den Geist und den Willen ins Wanken brachte, der sich in so tödlicher Absicht auf Tavi richtete. Angesichts ihrer Disziplin und ihres Könnens würde er es niemals schaffen, sie allein mit der Klinge zu besiegen. Doch nicht alle Waffen waren aus Stahl gemacht.
    Das hatte seine Mutter ihm gezeigt.
    Tavi unterdrückte seine Aufregung und richtete die Aufmerksamkeit
auf seine Wasserkräfte. Die Emotionen der verrückten Stecherin - jetzt hatte er keinen Zweifel mehr daran, dass sie tatsächlich dem Wahnsinn verfallen war - brachen als flatternder Gefühlswirrwarr über ihn herein. Es vermischte sich auf seltsame Art und Weise mit seinem Gespür für die Waffen in ihren Händen.
    »Phrygiar Navaris«, sagte Tavi leise und blickte auf ihre Mitte. Arme und Hände konnten täuschen, doch die eigentliche Bewegung verriet sich immer in der Mitte, wo das Gleichgewicht ruhte.
    Sie starrte ihn an.
    Für Wahnsinn und Besessenheit konnte es eine Menge Gründe geben, doch

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