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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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einen großen Raum. Grüne Samtvorhänge waren vor die Fenster geschoben, in einem offenen Kamin prasselte ein Feuer und die Öllampen malten gelbe Lichtkegel an die kalkweißen Wände. Flauschige Teppiche pflasterten jeden Quadratmeter des Bodens.
    Staunend sah sich Matteo um. Die Einrichtung war mehr als prunkvoll. Hier sollte er schlafen?
    Der mächtige Schrank aus dunkelbraunem Holz war mit Mosaik-Einlegearbeiten versehen, gleich daneben lehnte ein golden gerahmter Spiegel an der Wand. Das Bett in der Mitte war groß genug für ein Ehepaar, weiße Kissen und Decken türmten sich darauf und schrien geradezu danach, sich mit Schwung hineinplumpsen zu lassen. Am Kopfende bauschte sich ein Baldachin aus edlem Goldbrokat. Es gab einen Waschtisch mit Schüssel und Wasserkrug, und ein Schreibpult, auf dem Papier, Tinte und Feder bereit lagen.
    »Dies ist dein Zimmer«, erklärte Nador. »Im Schrank findest du Kleidung, Diener werden dir morgen früh beim Auswählen helfen. Wenn du sonst etwas benötigst«, er wies auf ein Glöckchen auf einer Kommode neben dem Bett, »dann läute einfach. Man wird dir jeden Wunsch erfüllen. Und nun solltest du schlafen.«
    Matteo nickte stumm, seine Aufmerksamkeit war anderweitig gefesselt.
    An der Wand, dem Bett gegenüber, prangte ein einziges Bild. Es zeigte eine junge Frau von wirklich atemberaubender Schönheit. Weißblondes Haar kringelte sich in dichten Locken bis zu ihren Hüften, ein hellblaues Kleid betonte ihre schlanke Taille und ihr Gesicht glich dem einer Fee. Helle Porzellanhaut, Augen wie Tautropfen, rote Lippen und ein Lächeln, als begreife sie alles Glück und Leid der Welt. Mit jedem einzelnen Pinselstrich war es dem Maler gelungen, ihre Zerbrechlichkeit einzufangen.
    »Wer ist das?«, fragte Matteo den Lord, der mit ihm an das Gemälde herangetreten war.
    »Das ist … Dylora.«
    Matteo entging das Stocken nicht. »Das ist die Kaiserin? Sie ist wunderschön.«
    »Ja«, sagte Nador. »Du wirst sie töten.«

Vier
    Der Lord hatte die Tür hinter sich geschlossen.
    Wieder und wieder ließ Matteo den Blick durch den Raum gleiten, unschlüssig, ob er sich gleich hinlegen sollte.
    Wessen Zimmer war das? Und weshalb hing hier ein Bild der Kaiserin? Wenn Nador diese Frau so sehr hasste, wozu sollte er sich ihr Bild an die Wand hängen? Als Mahnung? Sehr eigenartig.
    Schließlich fingen Matteos Augen einen Teil seines Spiegelbildes ein. Freude stieg in ihm auf.
    Sein Spiegelbild!
    Sollten ihn bisher noch letzte Zweifel geplagt haben – ganz haltlose, lästige Aber –, so waren diese mit einem Schlag wie fortgeblasen. Er stellte sich vor den Spiegel und genoss das Gefühl, sich zurückzuhaben.
    Nach wenigen Sekunden stutzte er. Etwas an ihm hatte sich verändert. Aber was?
    Er fuhr sich durchs Haar. War es nicht eine Spur heller als gewöhnlich? Verwundert nahm er eine Strähne zwischen die Finger. Ja, es war definitiv heller, beinahe blond. Ein dunkler Ton zwar, doch weit entfernt von seiner braunen Haarfarbe. Es war auch um einiges länger. Seltsam.
    Matteo trat näher. Sein Gesicht war verändert. Die grauen Augen waren dieselben, aber die Nase war länger, der Mund weniger breit, das Kinn dafür kantiger. Er wirkte älter. Lag es an dem ernsten Zug um seine Lippen? Den Ringen unter seinen Augen? Der Erschöpfung?
    Er sollte besser den Ratschlag des Lords beherzigen und schlafen gehen. Morgen bei Tageslicht würde alles anders aussehen.
    Schon wollte er sich abwenden, da fielen ihm seine Schultern auf. Sie kamen ihm breiter vor. Er tastete darüber. Sie fühlten sich auch breiter an. Kräftiger. Wo er doch eher der zähe, drahtige Typ war. Solche Muskeln hatte er ganz sicher nicht.
    Mit fahrigen Fingern riss Matteo am Gürtel des Mantels, schob gleichzeitig ein Bein vor und musste feststellen, dass auch hier Muskeln saßen, wo sie vorher nicht einmal ansatzweise vorhanden gewesen waren.
    Endlich löste sich der Gürtel, der Mantel fiel – und ihm blieb fast das Herz stehen.
    Ein grüner Fleck durchbrach seine sonst unversehrte Haut. Auf dem Oberbauch, zwischen den beiden untersten Rippenbögen. Handtellergroß und unregelmäßig, mit abgerundeten Zacken. Direkt darüber verlief eine tiefrote Narbe wie von einer Stichwunde.
    Der Schock brandete wie eine Welle aus Eiswasser über ihn hinweg. Zog jede Faser zusammen, lähmte ihn.
    Der Fleck sah aus wie ein Tintenklecks aus einem – wie hieß das noch gleich? – Rohrschach-Test. Oder wie ein Geflecht. Eine Pflanze, die

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