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Der Puls von Jandur

Der Puls von Jandur

Titel: Der Puls von Jandur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Lang
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sich auf der Rinde eines abgestorbenen Baumes breitgemacht hatte. Ihn auffraß.
    Die Starre fiel von ihm ab, seine Hand schoss hin. Was war das? Ein Fleck, ein Mal, ein …?
    Es war nicht auf seiner Haut, es war Teil seiner Haut. Und es fühlte sich wie wulstiges Narbengewebe an. Was um alles in der Welt hatten sie mit ihm gemacht?
    Diese Vase auf seinem Bauch, als er zu sich gekommen war! Ihr Boden hatte eine ähnliche Form gehabt wie dieser Fleck. Konnte es sich um eine Verbrennung handeln? Aber grün?
    Je länger er den Fleck betastete, desto empfindlicher kam er ihm vor. Wenn er fest dagegen drückte, pochte es dumpf in seinem Bauch, kratzen ging gar nicht, dann tat er sogar weh.
    Ein Geschwür … es musste ein Geschwür sein. Hatte er Krebs?
    Matteo wich zurück, nackt wie er war und beide Hände gegen den Bauch gepresst, bis er gegen die Bettkante stieß. Rücklings sank er in die Deckenberge. Sie bauschten sich um ihn wie weiche, weiße Wolken und schotteten ihn vom Rest der Welt ab. Eingeschlossen in diesen Kokon lag er da und gab seinen Gedanken freien Lauf. Wie Blitze fuhren sie durch seinen Kopf, schmerzhaft, grell und flüchtig.
    Erst nach einer ganzen Weile ebbte diese Gedankenflut ab, und er war wieder fähig Schlüsse zu ziehen.
    Das mit dem Krebs war Quatsch, der war wohl kaum grün und wie sollte er innerhalb so kurzer Zeit auf diese enorme Größe anwachsen? Andererseits war es gut möglich, dass er tagelang bewusstlos gewesen war. Er befand sich in einem Land, das es nicht geben konnte, war durch eine Spirale gerutscht, die es noch weniger geben konnte. Er war unsichtbar gewesen, was es erst recht nicht geben konnte. Das alles war so abwegig, so undenkbar, so …
    Und doch war er hier.
    Er?
    War er noch er selbst? Dieser Körper – war es seiner?
    Matteo schloss die Augen, spannte der Reihe nach sämtliche Muskeln an, im Bemühen, sich zu entsinnen, ob das, was er fühlte, vertraut war. In einem fort. Bis die Dunkelheit in sein Denken kroch und alles in ihren erlösenden Mantel hüllte.
    Er musste eingeschlafen sein. Feuer und Lampen waren erloschen, im Zimmer war es finster und er lag unter der Decke. Zur Gänze.
    Orientierungslos schaute Matteo umher und suchte nach der entglittenen Erinnerung. Hatte er sich im Halbschlaf auf das Bett gewälzt? Zuvor noch die Öllichter gelöscht? Oder war jemand hier gewesen? Die Wachen?
    Was hatte ihn geweckt?
    Da! Ein schabendes Geräusch drang vom Fenster herüber. Kühle Nachtluft strich ihm um die Nase und mit ihr der Duft von Wäldern und Wiesen. Das war neu.
    Er hatte das Fenster nicht geöffnet, ganz bestimmt nicht.
    Matteo rührte sich nicht. Sein Herz machte genug Terror, in seinen Ohren hämmerte sein aufgewühlter Puls.
    Der Vorhang teilte sich und entließ fahles Mondlicht ins Zimmer. Eine schwarze Gestalt schlich näher. An sein Bett. Beugte sich über ihn.
    Er handelte, ohne nachzudenken. Blitzschnell packte er den Eindringling im Nacken und drückte seinen Kopf nach unten in die Federdecke. Der erschrockene Aufschrei wurde bestens gedämpft.
    Aber vielleicht sollte er selbst um Hilfe schreien? Auf dem Gang waren Wachen postiert, sie würden mit Freuden herbeieilen, schließlich war es ihre Aufgabe, ihn zu beschützen.
    Er holte Luft – und entschied sich anders. An seiner Hand kitzelten weiche Haarzipfel, unter seinen Fingern spürte er ein Lederband.
    »Lith!«
    »Mmm«, kam es aus den Tiefen der Decke hervor.
    »Du falsche Schlange!« Matteo zog sie mit einem Ruck hoch. Sie wimmerte auf. Er warf sie auf dem Bett herum, so dass sie auf dem Rücken zum Liegen kam und kniete sich über sie.
    Lith wehrte sich heftig, boxte um sich und strampelte mit den Beinen. Matteo hatte seine liebe Not sie festzuhalten, wenngleich keinen Plan, was er damit eigentlich bezwecken wollte. Er war einfach außer sich.
    »Was habt ihr mit mir gemacht?«, knurrte er. »Was?«
    Als Antwort donnerte ihre Faust gegen seine Schläfe. Das schmerzte, vor allem, weil ihn ihr Sammelsurium an Silberringen getroffen hatte.
    »Au! Du Biest!« Er gab den Hieb zurück, landete irgendwo an ihrem Ohr, bekam ihre Handgelenke zu fassen und zwang sie endgültig nieder.
    Plötzlich lag sie still unter ihm, gab keinen Mucks mehr von sich. War sie bewusstlos?
    Nein, da waren ihre keuchenden Atemzüge, abgelöst von einem kurzen Stöhnen. Er keuchte ebenfalls, wusste nicht mehr, was er ihr alles an den Kopf werfen wollte. Eine Ladung Schimpfwörter in jedem Fall. Sie hatte ihn belogen,

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