Der purpurne Planet
zu erhöhen, musterte Michael das Arsenal der noch vorhandenen Teile. Freilich, auch die zerstörten Elemente waren noch mehrmals da, aber es gab doch dieses oder jenes Teil, das nur einmal zur Verfügung stand.
„Wir haben es!“ rief Erika und winkte Michael. Er trat zu den beiden. Ja, der Zeiger schlug aus, als die zerstörten Teile vor die Antenne des Geräts kamen.
„Wir werden am besten jedes Teil prüfen, bevor es eingebaut wird“, schlug Tom vor.
„Ja, richtig“, meinte Michael, „aber es gibt da zwei oder drei Engpässe, ich meine Dinge, die nur einmal vorhanden sind – kommt mal mit!“
Und richtig – eines dieser Teile erweis sich als leicht, radioaktiv.
„Es war aber schon eingebaut und hat gehalten!“ argumentierte Erika.
„Sagen wir mal, es ist nicht als erstes gerissen!“ brummte Michael. „Das war ja noch keine Dauerbelastung vorhin. Und dasselbe über unbekanntem Gelände zu riskieren – ich weiß nicht.“
„Was sollen wir denn aber tun?“
Michael zeigte nach Norden. „Mit der Station sprechen. In einer halben Stunde besteht Direktverbindung.“
Uwe saß im Raum des Stationsleiters, als ihn Sibyl anrief. „Michael will dich sprechen, es ist etwas schiefgegangen.“
Schnell lief er zum Funkraum. „Uwe Heywaldt spricht. Was gibt’s, Michael?“
Der Pilot berichtete ausführlich über das Dilemma. Uwe bestätigte seinen Entschluß, das unzuverlässige Teil nicht einzubauen.
„Wir haben hier ja noch genug davon“, sagte er. „Wenn ich bloß wüßte, wie wir das zu euch schaffen. Postraketen wie auf der Erde gibt’s ja hier nicht – Moment mal, natürlich gibt es eine, warte mal!“
Er wandte sich an Sibyl.
„Stell doch bitte fest, wo die neue Sonde jetzt steht und wann sie den Standort der TERRA überfliegt!“ Dann rief er wieder Michael.
„Paß auf – es gibt eine neue Sonde, die noch oben kreist. Der Sender der TERRA müßte stark genug sein, sie abzurufen. Wir übermitteln euch die genauen Koordinaten. Im TERRA-Archiv müssen noch Programme für die Landesteuerung sein. Ihr holt sie zu euch runter, ladet auf die TERRA um und nehmt alle fehlenden Teile aus ihrem Antrieb – das sind garantiert die jüngsten, die wir haben. So, warte mal – ja, Glück gehabt: Morgen kreuzt die Sonde gleich zweimal euern Standort. Ich gebe dir jetzt Sibyl, sie teilt dir die Koordinaten und die Parkbahnparameter mit. Gruß an alle!“
„Es kommt mir manchmal wie ein Wunder vor“, sagte Sibyl, als das Gespräch beendet war, „daß es doch immer einen Ausweg gibt.“
„Wenn ich nur einen Ausweg aus der negativen Uranbilanz gefunden hätte“, entgegnete Uwe.
Am Nachmittag saßen sie alle wieder bei Jochen. Der Leiter der Station sah diesmal schon lebendiger aus als kurz nach der Erweckung, er war wohl noch etwas schwach, aber lebhaft und vergnügt. Er schwenkte mit der linken Hand einen Zettel, auf dem große, krakelige Linien zu sehen waren.
„Wer’s nicht erkennen sollte – das ist ein A“, sagte er. „Der erste Buchstabe mit der neuen Hand!“
Dann berichtete Uwe, was inzwischen geschehen war. Er machte es kurz – zu kurz nach Meinung der anderen, die ihn ergänzten und dabei nicht damit sparten, seine, Uwes, Verdienste hervorzuheben.
Jochens Augen waren blank geworden – hätte das Lob ihm selbst gegolten, hätte er es sicherlich zurückgewiesen, aber so fragte er nur, indem er abwechselnd Uwe und Klaus Rudloff ansah: „Und wie seid ihr miteinander ausgekommen?“
„Ich mit ihm jedenfalls besser als mit dir“, brummte der Biologe. „Das kommt daher, weil ich mich dir gegenüber nicht zusammenzunehmen brauche!“
„Dann bist du sicher froh, daß die schreckliche Zeit nun vorbei ist?“ scherzte Jochen.
Aber Klaus Rudloff schüttelte ganz ernsthaft den Kopf. „Es ist gut, wenn mal neue Leute kommen. Menschen sind so etwas wie Spiegel – man kann sich in ihnen selbst beobachten. Aber in die alten gewohnten Spiegel guckt man nur noch selten. Ich möchte fast sagen, ich brauche diesen Menschen.“ Er zeigte auf Uwe.
„Du“, sagte Sibyl zu Uwe, „da kannst du dir etwas drauf einbilden, das hat er noch nie von einem gesagt!“
„Und nicht ohne Absicht!“ bekannte Klaus. „Er soll nämlich hierblieben.“
Da hatte nun Klaus Rudloff die Frage gestellt, die alle bewegt hatte. Eine Weile schwiegen sie, dann winkte Jochen ab.
„Laßt ihn – wenn er sich entschieden hat, wird er’s uns schon sagen!“
„Die Plauderstunde ist beendet!“
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