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Der purpurne Planet

Der purpurne Planet

Titel: Der purpurne Planet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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antwortete der Planetologe. Uwe blickte ihm ins Gesicht, er las eine verborgene Sorge darin.
    „Im Moment alles, was mit der Landung zu tun hat“, wiederholte Erich.
    „Gut“, schloß Uwe ab. „Wir haben die Sonde so manövriert, daß sie jetzt etwa hundertfünfzig Kilometer hinter uns liegt. Wir zünden jetzt ihre Bremsung, und der Befehl ist so formuliert, daß der Bremsantrieb in dem Moment eingestellt wird, in dem die Sonde die Funkverbindung mit uns verliert. Danach bremsen wir selbst, gehen aber tiefer.“
    Er nickte Michael zu, der drückte eine Taste. Auf seinem Bildschirm sah man den Radarreflex der Sonde langsam nach unten wandern. Ein leises Tuten ertönte.
    „Jetzt!“ sagte Erika, die auf die Uhr geblickt hatte. Aber das Tuten erlosch nicht, es vibrierte nur. Offenbar unterbrach die oberste Ionosphärenschicht die Funkverbindung nicht, sondern störte sie nur.
    „Sie ist durch“, meinte Uwe.
    „Klar“, bestätigte Michael und schaltete den Sender ab. Das Tuten verstummte. Der Radarreflex hörte auf zu wandern.
    „Und jetzt wir!“ sagte der Kommandant. „Lehnen zurück!“
    Die unsichtbaren, gewaltigen Kräfte des Andrucks preßten die Glieder auf die Unterlagen. Das Raumschiff war von einem seltsamen, bedrohlichen Knistern erfüllt. Aber Uwe lächelte, etwas mühsam freilich, denn selbst das war anstrengend. „Keine Sorge – das sind nur – die Entladungen auf der Außenhaut.“
    Das Knistern, der schwache Widerhall der außen um das Raumschiff züngelnden Blitze, hörte schnell auf – die oberste Schicht war durchstoßen.
    Minuten später schwand auch der Andruck wieder.
    Irina stellte eine kurze Untersuchung an – ohne Befund. Dann nahmen alle die Arbeit wieder auf.
    Sie sanken in einer nun schon viel steileren Spiralbahn schnell nach unten, der Stratosphäre zu. „Funkspruch an RELAIS 1?“ fragte Erika.
    Uwe nickte.
    Erika hämmerte auf die Taste. Plötzlich schrie sie auf. „Funksignale! Wir empfangen!“
    Uwe schüttelte den Kopf. „Funkecho!“ sagte er lakonisch. „Spiegelung zwischen zwei Schichten“, ergänzte Michael, „kommt nicht gerade oft vor, aber ab und zu doch.“
    Erika schwieg enttäuscht. Dann versuchte sie zu lachen und sagte: „Schon gut – ich trag’s mit Fassung!“
    Aber in Wirklichkeit empfand sie eine seltsame Art von Betäubung. Sie hatte innerhalb weniger Sekunden einen schwindelnd hohen Gipfel der Freude erklommen und war wieder davon heruntergestürzt in die tiefste Enttäuschung. Und während sie sich wunderte, daß das so und nicht schlimmer war, konnte sie gleichzeitig ganz nüchtern denken, daß das für sie die erste wirklich große Erregung bei dieser Expedition war und daß sie sie gut bestanden habe. Bestanden, ja, auch an diesem Wort zeigte sich, daß Prüfungen und Examina bisher den Hauptinhalt ihres Lebens ausgemacht hatten, aber nun würde das anders werden, dies hier war der Anfang. Seltsam, welche Bedeutung für sie ein winziger Zwischenfall gewann, den die anderen wahrscheinlich schon wieder vergessen hatten. Doch nun wich die Betäubung und machte einem Gefühl der Leichtigkeit und Sicherheit Platz, einmal schon hatte sie so etwas Ähnliches gefühlt, damals, als sie sich klar darüber wurde, daß sie Erichs sicher sein konnte, nach ihrem ersten gemeinsamen Erlebnis – und jetzt? Handelte es sich vielleicht jetzt darum, daß sie ihrer selbst sicher sein konnte?
    Keiner hatte bemerkt, was in Erika vorgegangen war, ausgenommen vielleicht Irina, die sie genau beobachtet hatte und jetzt lächelnd den Blick ihren Instrumenten zuwandte.–

    Der Übergang in die Stratosphäre gestaltete sich einfacher, als Uwe befürchtet hatte. Er wendete das Raumschiff – für den folgenden aerodynamischen Flug mußte ja der Schub nach hinten statt wie bisher beim Bremsen nach vorn gerichtet sein –, ließ die Tragflächen ausfahren und alle in das Cockpit umsteigen. Denn wenn sie weiter in der Zentrale geblieben wären, hätte nun, da das Oben und Unten von der Schwerkraft des Planeten bestimmt wurde, keiner mehr in seinem Arbeitssessel sitzen können. Was in der Zentrale oben war, war jetzt vorn, und unten war hinten, weil sich das Raumschiff ja in ein Flugzeug verwandelt hatte.
    Bei der Wendung hatte sich die TERRA zwar ein paarmal unwillig geschüttelt, aber das war eigentlich nur das Zeichen dafür gewesen, daß der Luftdruck hier schon hoch genug war, einen wenn auch noch schwachen aerodynamischen Auftrieb zu liefern.
    Das Cockpit war breit

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