Der purpurne Planet
besten Händen wußten, weil sie einander vertrauten.
Da, jetzt mußte Irina auf dem Bildschirm etwas bemerkt haben, denn ihr Gesicht entspannte sich.
„Ja“, sagte Erich nachdenklich in die Stille hinein, „die größte Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß es sich um die erste Vulkangruppe handelt. Wenn wir den ersten und zweiten Vulkan dieser Gruppe, die sich ja mit der Vorlage decken, außer acht lassen und von dem dann folgenden Kranz von Vulkanen das Zentrum nehmen, sind wir an dem Punkt, wo der Atlas den dritten Vulkan zeigt. Das wäre denkbar. Wenn man das Schema auf die anderen Vulkangruppen legt, müßten eine Reihe zusätzlicher Bedingungen angenommen werden. Wir können also davon ausgehen, daß unsere erste Annahme richtig war, müßten das allerdings noch durch zusätzliche Beobachtungen bestätigen. Damit wissen wir jetzt mit einiger Sicherheit, wo wir uns befinden.“
„Guten Morgen!“ sagte Erika und richtete sich auf. „Ich fühle mich wunderbar frisch!“
Erich sah sie erstaunt an, dann lachte er. „Ich hatte dich fast vergessen, hoffentlich bist du mir deswegen nicht böse!“
„Wart’s nur ab!“ rief Erika. „Auf dem Boden! Hoffentlich wachsen dort ordentliche Knüppel.“
Uwe lachte laut. „Wer weiß, was da jetzt wächst. Aber wenn die Herrschaften vielleicht ihren wissenschaftlichen Meinungsstreit etwas verschieben könnten, dann würde ich empfehlen, daß Erika sich erst mal mit den Aschewolken beschäftig. Wir kommen in zehn Minuten auf die Nachtseite, und da wird das etwas schwierig.“
„Zu Befehl, mein Herr!“ sagte Erika und wandte sich ihren Geräten zu. Ein Druck auf den Knopf, und auf ihrem Bildschirm erschien das teleoptische Bild des Teils der Atmosphäre, den sie gerade überflogen. Das Grün strahlte tief und satt, und die Aschewolke, die sich nun in das Blickfeld schob, leuchtete so intensiv purpurn, daß Erika einen erstaunten Ausruf nicht unterdrücken konnte.
Ein Druck ihrer Hand löste eine Folge von Laserblitzen aus, deren Wellenlängen sich über das ganze Spektrum verteilten. Dann schaltete sie die Ausgabe auf Druckdiagramm. Ein Papierstreifen wuchs vor ihr aus dem Pult. Er war leer.
„Zu schwach, wir sind noch zu hoch“, erklärte sie.
Die purpurne Wolke verschwand vom Bildschirm, und auch das Grün wurde immer dunkler. Schließlich war der Schirm schwarz. Sie waren in die Nachtseite des Planeten eingeflogen.
Auch die anderen, grauen Bildschirme, die auf Infrarotempfang eingestellt waren, wurden nun dunkler. Um so deutlicher zeichneten sich die Lichtpunkte ab, die jetzt sichtbar wurden: die zweite Vulkangruppe. Auch hier hatte sich einiges verändert, aber der Abstand von der ersten stimmte genau, und damit hatte man die geographische Lage exakt bestimmt.
„Jetzt geht’s los“, sagte Uwe, „ihr drei teilt euch die Arbeit brüderlich, alle Messungen und Beobachtungen sind jetzt eure Sache; wir beide, Michael und ich, müssen die weitere Flugbahn berechnen.“
Als sie nach einer guten halben Stunde wieder in die Tagseite einflogen, stand diese Flugbahn fest. Sie befanden sich jetzt in einer Höhe von etwa achthundert Kilometern, würden den Planeten noch einmal umrunden und dann, beim erneuten Einflug in die Tagseite, zum Übergang in die Ionosphäre ansetzen.
„Falls keine Änderungen mehr nötig werden“, schloß Uwe seinen Bericht.
In der folgenden arbeitsreichen Stunde sammelten sie neue Informationen. Es gelang, die zwei oberen Schichten der Ionosphäre ziemlich lückenlos zu vermessen. Die Laserblitze lieferten erste Ergebnisse über die genaue Struktur der Vulkanaschewolken. Gemeinsam mit den Magnetfeldmessungen, dem Verhalten der oberen ionosphärischen Schichten und einer Reihe anderer Meßergebnisse ermöglichten sie Erich doch schon ziemlich bestimmte Aussagen über die unteren atmosphärischen Schichten. Man würde etwa die gleichen Bedingungen antreffen, die früher die automatischen Sonden gemessen hatten, allerdings quantitativ gesteigert. Die klimatischen Erscheinungen in der Troposphäre würden sehr heftig sein und die dünnen, elektrisch aufgeladenen Schichten der Ionosphäre einen sehr starken und schnellen Elektronenstrom aufweisen, so daß Wirbelströme auf der Außenhaut des Raumschiffs und ihre magnetischen Folgeerscheinungen die elektronische Bildübermittlung stören konnten und die Besatzung sich vielleicht optisch orientieren mußte.
„Alles?“ fragte Uwe, als Erich geendet hatte.
„Im Moment ja“,
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