Der Putzteufel geht um
aufzusetzen. »Wenn Sie lieber an einem anderen Tag mit Mrs. Malloy zurückkommen möchten, wäre das kein Problem.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage.« Ben fing an, die Tüten mit den Produkten aus unserer Küchenfabrik auszupacken. »Sie wollen das Haus doch tipptopp vorfinden, wenn Sie von der Londonreise zurückkommen, oder nicht?« »Das stimmt.« Vienna klang erleichtert, obwohl sie offensichtlich immer noch Schwierigkeiten hatte, uns als Bekannte und gleichzeitig als Angestellte zu akzeptieren. »Ich bin immer so mit den Hunden beschäftigt, und Madrid ist für die Hausarbeit einfach nicht geschaffen, so daß wir hier entsetzlich ins Hintertreffen geraten sind. Staub, wohin Sie sehen. Als Trina – was für eine furchtbare Tragödie übrigens – aus dem Urlaub zurückkam, konnte sie uns nicht mehr so viel Zeit widmen wie zuvor. Nur noch einen halben Tag pro Woche, weil sie die Kundinnen von Mrs. Large übernommen hatte. Trina meinte, das sei sie ihr schuldig. Madrid und ich haben das selbstverständlich akzeptieren müssen. Eine sehr anständige junge Frau – auf ihre Art.«
»Absolut«, stimmte ich zu.
»Ellie und ich werden unser Bestes tun, um Ihnen aus der Patsche zu helfen.« Ben legte richtigen Eifer an den Tag, und es wirkte noch nicht einmal unecht.
Vienna sagte daraufhin, daß wir nun sicher anfangen wollten, und machte mit uns einen Rundgang durch das Haus, wobei Madrid entweder stumm hinter uns herschlich oder auch mitten im Satz verschwand. Es kam mir vor wie Stunden, obwohl es sich wahrscheinlich nur um zehn Minuten gehandelt hatte, bis Ben und ich endlich allein waren. Mir war ein Stein vom Herzen gefallen, als ich erfuhr, daß Vienna den größten Teil des Morgens damit verbringen wollte, die Hunde zu kämmen, und Madrid verkündete, daß sie nach dem Frühstück einen langen Spaziergang unternehmen würde, um sich wie an den meisten Tagen an der Natur zu erfreuen.
»Hört sich nicht so an, als ob sie uns der Spionage verdächtigten.« Ben grinste mir aufmunternd zu. Dann ließ er die Blicke durch das Wohnzimmer schweifen, wo uns nur Jessica von ihrem Platz über dem Kaminsims aus beobachtete. »Wenn sie ein reines Gewissen haben, gibt es für sie auch keinen Grund zum Argwohn«, flüsterte ich.
»Dem Hund hat man ja einen Ring auf die Pfote gemalt!« Seine Augen klebten an dem Bild. »Es ist ein Rubin, ihr Geburtsstein.«
»Übergeschnappt! Aber im Grunde hat das ganze Haus irgendwie etwas Seltsames an sich.« Ben zog eine Grimasse und schraubte eine Flasche Möbelpolitur auf. »Es ist heute noch schlimmer als sonst.« Ich schob mich noch ein bißchen dichter an ihn heran. »Aber vielleicht liegt das auch an der Sache mit Mrs. Malloy. Ich wäre froh, wenn wenigstens einer von uns mit ihr gesprochen hätte.« Es fiel mir total schwer, meine Beine in Bewegung zu setzen, aber irgendwie stellte ich auf Automatik und schaffte es doch. In der folgenden Stunde, in der Ben munter polierte, abstaubte und die Teppiche saugte, durchforstete ich die Schreibtisch- und Kommodenschubladen und kramte in den Fächern der Schränke. Dabei gelangte ich immer mehr zu der Überzeugung, daß wir uns völlig umsonst verausgabten. Ich wünschte mir gerade, ich könnte nach Hause gehen, dort ein bißchen ausruhen und dann versuchen herauszufinden, wo Mrs. Malloy steckte, als ich in einem Schreibtischaufsatz in Viennas Schlafzimmer einen kleinen Stapel Liebesbriefe aufstöberte. Sie stammten von einem Mann, der behauptete, ihr leidenschaftlich zugetan zu sein. Sein Ton wurde von Brief zu Brief ungehaltener, da sie offenbar warten wollte, bis sie ihre Schwester allein lassen konnte. Nun, diese Zeit war wohl nie gekommen. Das Ganze klang wie eine platonische Geschichte aus Großmutters Zeiten. Ich legte die Briefe dahin zurück, wo ich sie gefunden hatte, und war auf alle drei Beteiligten sauer. Es existierte jedenfalls nicht ein Hinweis auf irgendwelche dunklen Machenschaften. Zehn Minuten später fand ich einen Brief im Schreibtisch von Madrids Schlafzimmer. Er war schon alt und stammte von einer Frau, die zu einer Selbsthilfegruppe für Menschen gehörte, die mit dem Tod eines geliebten Haustieres fertig werden mußten. Seltsamerweise empfand ich dabei plötzlich so etwas wie Mitleid für Madrid. War es ihre Schuld, daß sie nicht über genug innere Kraft verfügte, um einen Verlust zu verarbeiten, den andere Menschen nur empfanden, wenn eins ihrer Kinder starb? Nachvollziehen konnte ich ihren endlosen Kummer
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