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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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die Schüssel einfach in Vergessenheit geraten.
Es fiel mir schwer, mich wieder der Schnüffelei zuzuwenden, denn mittlerweile schienen außer meinen Zähnen auch alle anderen Körperteile heftig aufeinanderzuklappern. Als Ben ins Wohnzimmer trat, war ich kurz davor, ihm vorzuwerfen, er würde sich anschleichen. Er merkte natürlich, daß irgend etwas vorgefallen war, aber ich gab ihm zu verstehen, daß ich jetzt nicht darüber reden könne. Also machte er sich wortlos an die Putzarbeit, während ich anfing, Schubladen zu öffnen und deren Inhalt ans Tageslicht zu befördern. Es kam nichts Interessantes zum Vorschein. Jedenfalls nicht, bis ich den Sitz des Klavierschemels abhob und sah, was sich darunter verbarg. Zu behaupten, ich wäre schockiert gewesen, wäre leicht untertrieben. Clarice Whitcombe war nämlich gar nicht das, was sie zu sein vorgab. Ich bestand nur aus Finger und Daumen, als ich das Beweisstück wieder an seinem Platz verstaute. Und nicht einen Augenblick zu früh! Sie kam nämlich lautlos ins Wohnzimmer, während mein Gesicht noch glühte wie eine Laterne. Ich fächelte mir Luft zu und hoffte, daß es so aussähe, als hätte ich mich beim Polieren übernommen. Ob sie an der Art, wie ich den Blick auf das Klavier mied, sah, daß ich ihr auf die Schliche gekommen war? Ich konnte kaum erwarten, Ben von meinem Fund zu erzählen. Aber ich nahm mich zusammen und beschloß, den Mund zu halten, bis wir aus dem Crabapple-Tree-Häuschen verschwinden konnten. Doch als wir am späten Nachmittag in den Wagen stiegen, um nach Hause zu fahren, war ich nicht mehr in der Lage, darüber zu reden. Ich brauchte dazu erst einmal eine Tasse Tee.
Beim Betreten des Hauses sprangen Abbey und Tarn wie die Wilden um uns herum. Als sie sich wieder beruhigt hatten, kümmerte Ben sich um den Nachmittagstee. Wir beschlossen, mit der Berichterstattung zu warten, bis Freddy und Mrs. Nettle eingetroffen waren. Sie tauchten kurze Zeit später auf und waren offensichtlich bestens miteinander klargekommen. Jonas nahm die Kinder mit ins Arbeitszimmer, um sich mit ihnen eine ihrer Lieblingssendungen im Fernsehen anzuschauen, während wir vier Schnüffler uns in der Küche zusammensetzten, um unsere Erlebnisse auszutauschen. »Clarice Whitcombe hat gelogen.« Endlich konnte ich damit herausplatzen. »Sie kann überhaupt nicht Klavier spielen. Ich habe die Noten für ›Alle meine Entchen‹ und andere Anfängerstücke gefunden. Und einen Notizblock. Auf dem standen die allereinfachsten Tricks. Dinge wie ›male einen Punkt auf das eingestrichene C, um dir zu merken, wo es ist‹.« Freddy begann laut und nervtötend zu lachen. »Ist das alles, was ihr entdeckt habt? Dafür habt ihr vier Stunden lang das Crabapple-Tree-Häuschen auf den Kopf gestellt?« Er zwinkerte Mrs. Nettle zu wie ein Verschwörer. »Clarice Whitcombe ist keine Virtuosin, sondern übt Kinderlieder auf dem Klavier? Arme Ellie! Meinst du nicht, wir übertreiben alle ein bißchen, wenn es um unsere Fähigkeiten geht?« Ich konnte Bens und Mrs. Nettles Mienen ablesen, daß sie Freddys Meinung waren, aber so einfach wollte ich mich nicht geschlagen geben.
»Aber Clarice würde vor Scham sterben, wenn sich das herumspräche! Bestimmt hat sie mit der Flunkerei angefangen, als der liebe Walter den riesigen Flügel gesehen hat, der immerhin drei Viertel ihres Wohnzimmers ausmacht, und davon ausgegangen ist, daß sie spielen kann.« Ich beugte mich vor und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Als er sie hören wollte, hat sie sich eine Ausrede einfallen lassen. Das war die Geschichte mit dem Handgelenk. Unterdessen konnte sie mit den Klavierstunden beginnen und beten, daß Gott ihr beisteht und ›Alle meine Entchen‹ wie Mozart klingen läßt. Ich könnte wetten, daß sie auf dem Weg zur Klavierstunde war, als ich sie neulich traf, an dem Nachmittag, an dem Trina McKinnley umgebracht wurde.« »Aber deshalb führt sie doch noch lange kein übles Doppelleben.« Ben schob mir den Plätzchenteller hin. Ich ließ mich aber nicht ablenken, obwohl ich den Trost gut hätte gebrauchen können. Mir schmerzte das Herz mehr als alle anderen Muskeln zusammen. Wie sehr hatte ich gewünscht, daß Clarice und der Brigadegeneral ein Paar würden! »Ich weiß, wie ihr zumute war«, fuhr ich unbeirrt fort. »Sie hat einfach den Kopf verloren. Mrs. Large hat die Wahrheit entdeckt, drohte alles zu verraten, und Clarice hat keinen Ausweg mehr gewußt. Sie wollte nicht als Lügnerin dastehen.

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