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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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künstlerische Begabung, aber ich möchte, daß das Haus einladend wirkt. Die Möbel passen hier nicht hin, das sehe ich sogar -« Sie brach ab. Aber nicht weil Abbey und Tarn gerade ein paar lustige Ideen in die Tat umsetzten.
Mein kleines Mädchen saß am Tisch und löffelte artig Apfelkuchen und Eis in sich hinein. Von ihrem Bruder war weit und breit keine Spur zu sehen, obwohl sein Teller blitzblank leer gegessen war.
»Hallo, Mummy.« Abbey strahlte mich an. »Tarn ist nach Hause gegangen.« Sie kniete sich auf den Stuhl und beschrieb mit dem Löffel einen Kreis in Richtung Terrassentür. Durch sie gelangte man auf einen Pfad, der am Haus vorbei zur Straße führte. »Es war böse von ihm, Miss Whitcombe nicht auf Wiedersehen zu sagen, nicht wahr? Ich hoffe, er fällt nicht ins Meer.« Bei den letzten Worten klang sie allerdings etwas besorgt. Ich war kurz vor einem hysterischen Anfall. Wie konnte er einfach nach Hause gegangen sein? Er war erst drei Jahre alt. »Oh mein Gott, ich hätte die beiden mitnehmen müssen, als ich an die Tür kam.« Miss Whitcombe rang sichtlich um Fassung. »Wie furchtbar, daß ich Sie mit meinem Geschwätz aufgehalten habe. Aber da hilft jetzt kein Jammern. Schnell — laufen Sie Ihrem kleinen Jungen nach, Mrs. Haskell, ich behalte Abbey bei mir, bis Sie ihn gefunden haben.« Sie nahm mein Töchterchen in die Arme, während ich ins Freie stürzte und vor der Tür hin und herschwankte wie ein Rohr im Wind. Welche Richtung sollte ich einschlagen? Hatte Tarn die Abkürzung hinter dem Haus durch das dunkle Wäldchen genommen? Oder war er den längeren, aber geraden Weg entlang der Cliff Road gewandert? Ich kam zu dem Schluß, daß letzteres eher der Fall war, und schaffte es, die Füße vom Boden zu heben, obwohl sie sich anfühlten, als seien sie dort vor Jahren festgewachsen.
»Tarn, Liebling!« schrie ich im Laufen. »Kannst du mich hören? Gib Mummy eine Antwort!« Ich schlingerte um die Ecke der Hawthorn Lane und kämpfte mit jenen widerstreitenden Gefühlen, die jede Mutter irgendwann einmal durchlebt. Zum einen schwor ich Gott, daß, wenn er mir meinen Jungen wiedergab, ich diesen mit Küssen überschütten und bis zu seinem vierzigsten Lebensjahr nicht mehr aus den Augen lassen würde. Zum anderen hatte ich das Bedürfnis, mein eigenes Kind zu ermorden. Dann dachte ich, daß ich Clarice Whitcombe hätte bitten sollen, Ben zu benachrichtigen, aber danach war ich auch wieder froh, ihm die Panik erspart zu haben, die sich meiner bemächtigt hatte.
Es begann zu nieseln, und ich zitterte unter meiner dünnen Strickjacke. Es hätte nur noch gefehlt, daß ein Gewitter einsetzte und meine Rufe im Lärm des Donners untergingen. Wieder und wieder brüllte ich Tams Namen. Einmal antwortete eine Seemöwe mit einem so wilden Schrei, daß ich dachte, mir würde das Herz aussetzen. Ich stolperte weiter vorwärts und sagte mir ein übers andere Mal, daß Tarn auf wundersame Weise sicher und geborgen zu Hause sitzen und auf mich warten würde. Bitte, lieber Gott, betete ich im Stillen, laß die schlimmen Auswüchse meiner Phantasie das sein, was nicht wahr ist! Doch was, wenn Tarn zu dicht an die Klippen geraten war? Sein Sturz hätte an einem der vorspringenden Felsbrocken enden können. Ich sah den kleinen zerschmetterten Körper vor mir, halb eingeklemmt in einer Felsspalte. Genauso furchtbar war jedoch der Gedanke, daß er geradewegs nach unten auf den schmalen Kiesstrand gestürzt war, der die Klippen vom Meer trennte. Wie gelähmt kroch ich jetzt im Schneckentempo über die Straße. Wenn Tarn sich irgendwo vor mir befände, müßte ich ihn doch längst sehen! Er konnte das Crabapple-Tree-Häuschen nicht mehr als ein paar Minuten vor mir verlassen haben, und unter normalen Bedingungen konnte man ihn nicht unbedingt als passionierten Wanderer bezeichnen. Genaugenommen bestand er noch häufiger als Abbey darauf, getragen zu werden.
Ich war inzwischen vielleicht dreihundert Meter hinter der Kirche und schon heiser vom vielen Schreien, als ich hörte, daß jemand hinter mir herkam – allerdings handelte es sich dabei nicht um meinen Jungen, sondern um Madrid Miller, die erst kürzlich mit ihrer Schwester in Tall Chimneys eingezogen war. »Mrs. Haskell!« rief sie mir zu. »Ich war auf dem Weg zu Ihnen, um Sie zu fragen, ob Ihr Gärtner sich irgendwann einmal unsere Bäume ansehen kann. Sie müssen dringend gestutzt werden, und ich säbele besser nicht einfach daran herum.« Sie hastete jetzt

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