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Der Putzteufel geht um

Der Putzteufel geht um

Titel: Der Putzteufel geht um Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Cannell
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neben mir her. Offensichtlich registrierte sie nicht, daß ich mit den Gedanken woanders war, denn sie kam gleich anschließend darauf zu sprechen, daß sie und ihre Schwester ja das nächste Treffen der Salongesellschaft ausrichteten und ich Jonas dabei vielleicht im Auto mitbringen könnte, sie habe gehört, er sei schon in den Jahren. Ich blieb noch nicht einmal lange genug stehen, um sie anzusehen. Als ich Madrid Miller etwa sechs Wochen zuvor zum ersten Mal erblickt hatte, hatte ich gehässig gedacht, daß sie aussähe wie eine alternde Waldnymphe. Ihre braunen Haare hingen vom Mittelscheitel bis zur Taille, und sie hatte wässrige grüne Augen, die durch eine altmodische runde Brille in die Welt blinzelten. Das Ungebundene und Naturhafte in ihrem Wesen wurde zudem durch ein langes, erdfarbenes Wallegewand bekundet, geschmückt mit Reihen getrockneter Rosenblätter, die sie um den Hals gewunden hatte. Außerdem trug sie Gesundheitssandalen. Ich vermittelte ihr in gestammelten Wortfetzen und mit einer Stimme, die um einige Oktaven höher lag als normal, weshalb ich nicht stehenbleiben und mit ihr plaudern könne, doch das einzig Zusammenhängende, das ich zustande brachte, waren nur die Worte »Tarn« und »verlaufen«. »Na, da müssen Sie ja außer sich sein vor Angst und Schrecken!« Madrid Miller hielt trotz des Flip-Flops der Sandalen mit mir Schritt. »Sie Ärmste! Ich weiß noch, wie ich fast gestorben bin an dem Tag, als der Briefträger die Haustür aufgelassen hat, und meine Jessica auf die Straße gelaufen ist. Sie war damals noch winzig, und allein schon der Gedanke, daß man sie entführen oder überfahren oder – «
»Aber Sie haben sie doch wiedergefunden, oder nicht?« Ich blieb stehen und zwang mich, über den Rand der Klippen zu spähen.
»Einer der Nachbarn hat sie entdeckt und zurückgebracht.« »Dem Himmel sei Dank!« Die Nachricht von Jessicas Rückkehr wirkte wie Balsam auf meine Seele. Ich wollte mich einfach verzweifelt an der Vorstellung festklammern, daß solche Vorfälle meistens ein glückliches Ende nehmen. Jahre später richtet die Mutter dann die Augen gen Himmel, stößt einen übertriebenen Seufzer aus und sagt: »Wenn ich noch daran denke, welche Angst ich damals ausgestanden habe!« »Ja, das eine Mal hatten wir noch Glück.« Madrid Miller flipflopte abermals hinter mir her, als ich mich von den Klippen abwandte und weiterrannte.
»Das eine Mal?« Plötzlich kam ich nicht mehr von der Stelle – es war, als hätte mich das Jüngste Gericht in Menschengestalt ereilt.
»Wir haben unseren Liebling im zarten Alter von drei Jahren verloren.« »Verloren?« »Sie ist tot.«
»Oh nein, wie furchtbar!« Wie betäubt sah ich zu, wie der Regen oder die Tränen über ihr Gesicht liefen.
»Es ist jetzt dreizehn Jahre her.« Sie rückte sich die runde Brille zurecht. »Trotzdem kommt es mir vor, als sei es erst gestern gewesen. Es ging alles so schnell, und sie war noch so jung. Mein kleiner Schatz – Jessica! Meine Schwester war damals mein ganzer Trost. Vienna war immer die stärkere von uns beiden. Sie hat versucht, mir vor Augen zu führen, daß es Gottes Wille war. Aber was für ein Gott muß das sein« – Madrids Gesicht hatte sich verzerrt, und sie hatte die Schnüre mit den Rosenblättern zu einem Strick zusammengedreht – »bei dem mein Engel im Kindbett stirbt?« »Im Kindbett?« Ich war so entgeistert, daß ich einen Augenblick lang sogar Tarn vergaß.
»Im Prinzip ja. Es waren die Nachwirkungen.« Ihre Hände fielen kraftlos zur Seite. »Jessica hat Eklampsie bekommen – man bezeichnet das auch als Milchfieber.«
»Aber Sie haben doch gesagt, sie war erst drei Jahre alt!« »Na und?«
Ich starrte sie mit offenem Mund an.
»Sie ist genau an ihrem Geburtstag gestorben. Ein wundervolles Hündchen.« »Jessica war ein Hund?«
»Der liebste, süßeste, zutraulichste kleine Norfolkterrier, den es je auf dieser Welt gegeben hat. Was für eine Rasse ist Ihr Kleiner, Mrs. Haskell?«
»Es ist ein Junge… ein Menschenjunge«, schrie ich und stürzte weiter. »Ich suche meinen Sohn, Miss Miller!« »Bitte nennen Sie mich Madrid!« Sie warf die Haare zurück, die im Regen noch länger wirkten, und keuchte ein wenig bei meinem Tempo. »Ich muß Sie falsch verstanden haben. Ich dachte, Sie hätten Tarn gerufen, aber wahrscheinlich war es Tom.« »Er heißt Tarn. Es ist die Kurzform von Grantham, ein Name unserer Familie.«
»Tatsächlich? Ich hätte gewettet, es wäre die Kurzform von

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