Der Putzteufel geht um
Blick auf die Uhr. »Apropos Zwillinge – ich hole sie lieber mal aus dem Bett und ziehe sie an, damit sie um acht gefrühstückt haben. Dann kann ich sie zur Spielgruppe bringen und bin wieder zurück, ehe Trina um neun auftaucht.«
»Ich mach’ das für dich«, bot Freddy an. »Ich muß ohnehin gleich los. So großzügig, wie Ben auch ist – er sieht es nun mal gern, wenn ich irgendwann, ehe er den Laden wieder dichtmacht, angeschlichen komme. Was ist mit dem Wagen? Macht es dir was aus, wenn ich ihn für den Rest des Vormittags entführe?« »Nicht wenn du die Kinder auch wieder abholst.« »Kein Problem«, erwiderte Freddy, der Großartige. »Obwohl, wenn du nicht so kleinlich wärst und sie hinten auf mein Motorrad dürften, hättest du den Wagen zur Verfügung.« »Ich will den Wagen nicht«, sagte ich fest. »Ich will zu Hause bleiben und Trina McKinnleys Vertrauen erwerben. Sobald du mit den Zwillingen durch die Tür bist, stürze ich mich in alle Ecken und sehe zu, daß das Haus wenigstens halbwegs manierlich aussieht. Sonst bekommt sie einen Schreck und haut gleich wieder ab.«
Zum Glück war dies ein Morgen, an dem meine Kinder beschlossen hatten zu kooperieren. Abbey zog sich lediglich ihr Kittelchen falsch herum an, aber das war schnell geregelt, und Tarn meinte zwischendurch, er müsse unbedingt sein Lieblingsspielzeug mitnehmen, so daß wir eine Weile durch die Zimmer irrten, um seinen Paddington-Bär aufzutreiben, aber das war auch schon alles. Nachdem Jonas und ich die beiden noch einmal gedrückt hatten, zogen sie schließlich zehn Minuten vor der offiziellen Zeit mit Freddy ab. Läßt sich gut an, dachte ich, bis ich mich umdrehte und die Küche erneut in Augenschein nahm.
Jonas, der offensichtlich befürchtete, daß ich auch ihn scheuern und polieren würde, ließ seinen Tee im Stich und flüchtete nach oben, um sich anzuziehen. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, gab es nur noch die Küche und mich. Ich nahm sie streng ins Visier, wollte sehen, wie sie sich vor Verlegenheit krümmte und erklärte, warum sie ein solches Unheil angerichtet hatte. Ich wollte ihr sogar verzeihen, wenn sie mir anbot – nein, mich anflehte, sich selbst wieder auf Vordermann zu bringen. Aber Undank ist der Welt Lohn! Und das nach allem, was ich für sie getan hatte! Die gräßlichen grünen Wandkacheln abgeschlagen, die schöne Tapete mit den Weizenähren aufgeklebt, die Herdstelle umgebaut, das Grünfenster über dem neuen Spülbecken eingerichtet und als krönenden Abschluß noch einen wundervollen handgefertigten Küchenherd gestiftet. Seufzend krempelte ich die Ärmel hoch, stapelte das Geschirr in die Spüle, räumte die Reste vom Tisch und schrubbte ihn anschließend gnadenlos sauber. Aber dann konnte ich der Küche nicht länger böse sein. Ich liebte dieses Haus zu sehr. Es besaß die unwiderstehliche Gabe, die Arme um mich zu legen, und mich in seine Geschichte aufzunehmen. Das Frühstücksgeschirr, das ich abwusch, hatte Abigail Graham gehört. Schon ihre Hände hatten diese Tassen abgetrocknet und diese Teller weggestellt. Eines Tages würde vielleicht Abbey oder Tams Ehefrau hier stehen und aus dem Fenster nach draußen schauen, um zu beobachten wie die ersten Sonnenstrahlen auftauchten, und dabei so andächtig dem Vogelgezwitscher lauschen, als hörte und sähe sie alles zum ersten Mal.
Als ich die letzte Tasse wegstellte, entdeckte ich Mrs. Malloys Porzellanpudel, der mich aus dem Schrankregal vorwurfsvoll anstarrte. Es war höchste Zeit, ihn irgendwo sichtbar zur Schau zu stellen, obwohl ich mich dazu wirklich überwinden mußte. Die Versuchung, den Pudel auf den Wasserkasten im Kellerklo zu stellen, war ziemlich verlockend. Aber ich ging tapfer dagegen an und trug Fifi aufrechten Schrittes in den Salon, wo ich ihn zu den beiden chinesischen Vasen neben der Buehl-Uhr gesellte. Der arme Fifi paßte nicht zum künstlerischen Gesamteindruck, das war nicht zu leugnen. Seine Umgebung zeugte von erlesenem Geschmack – womit ich natürlich meinen eigenen meinte. Ich setzte mich entmutigt aufs Sofa. Doch nachdem meine Blicke eine Weile in die Runde geschweift waren, sah ich ein, daß das mit dem eigenen Geschmack im Grunde nicht stimmte. Ich fand die Möbel zwar wunderschön, aber selbst ausgesucht hatte ich sie nicht. Ich hatte sie nur irgendwann einmal aus ihrem Speicherdasein befreit. Na gut, ich hatte die chinesischen Vasen gekauft und auch die Tischlampen. Aber seit meiner Ehe hatten noch
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